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Downward Spiral: Horus Station - Test: Schwerelos durch die Nacht

Trägheitsgesetz - das Spiel.

VR-Abenteuer in verlassener Raumstation, das sein erzählerisches Potenzial nicht ausschöpft. Realistische, aber teils nervtötende Steuerung.

Verlassene Raumstationen sind ein sehr dankbares Szenario für Science-Fiction-Geschichten. Die Raumstation, das große, menschenleere Unbekannte, voller mysteriöser Maschinen. Und vielleicht gibt's ja Überlebende? Wer weiß das schon. Niemand, jedenfalls nicht bei Downward Spiral: Horus Station. Dort werdet ihr zu Beginn äußerst unvermittelt auf eine solche Raumstation losgelassen. In wessen Auftrag, wisst ihr nicht und was ihr hier genau machen sollt, ist auch nebulös.

Nur eins steht fest, die Raumstation muss irgendwie reaktiviert werden, was auch immer das bedeutet. Macht ja nichts, auf ein solches Mysterium kann man sich ja mal einlassen. Tatsächlich müsst ihr das auch, denn die Entwickler setzen stark auf das, was der Videospiel-Connaisseur "Environmental Storytelling" nennt. Ihr bekommt also keine Zwischensequenzen zu sehen, keine Texteinblendungen oder kleine Erklärbär-Videos. Ihr müsst euch aus der Umgebung selbst zusammenreimen, was hier passiert ist. Und warum.

Die Horus-Raumstation hat einen gewissen industriellen Charme. (Downward Spiral: Horus Station - Test)

Downward Spiral: Horus Station funktioniert auf dem flachen Fernseher genauso wie mit dem VR-Headset, wobei es offenkundig für letzteres gebaut wurde. Auf der PSVR könnt ihr wahlweise mit einem Move-Controller oder mit dem Dualshock 4 spielen - was ihr bevorzugt, ist letztlich Geschmackssache, ich fühlte mich mit dem Dualshock-Controller ein bisschen besser. Ihr dreht euch schrittweise und bewegt euch stufenlos nach vorne und hinten. In der regulären Monitor-Variante läuft beides stufenlos. Aber das Problem der Steuerung ist ohnehin nicht so sehr, dass sie auch in VR funktionieren muss - eher, dass die Entwickler darauf Wert gelegt haben, dem Trägheitsgesetz vollständig gerecht zu werden.

Wenn also ein Körper im schwerelosen, luftleeren Raum einmal auf eine gewisse Geschwindigkeit beschleunigt wird, bleibt diese Geschwindigkeit so lange erhalten, bis irgendeine andere Kraft auf den Körper einwirkt. Im Fall von Horus Station heißt das: Ihr könnt euch zunächst nur bewegen, indem ihr euch von Wänden abstoßt. Und das, naja ... es mag realistisch sein, aber es macht keinen Spaß. Wenn ihr an einen bestimmten Punkt im Raum wollt, etwa weil sich da ein Schalter befindet, müsst ihr erst einmal überlegen, von wo aus ihr euch am geschicktesten abstoßt, um dort hinzukommen. Nach etwa 15 bis 20 Minuten erhaltet ihr zwar einen Greifhaken, mit dem ihr euch direkt an bestimmte Stellen heranziehen könnt, das Grundproblem bleibt aber das gleiche, ihr braucht immer irgendeine passende Wand. Nachdem ich an mehreren Stellen versucht habe, einen Schalter zu erreichen, aber immer erst mehrmals daran vorbeigesegelt bin, wollte ich den Controller in meiner vom Stressschweiß nassen Hand zermalmen. Hat nicht funktioniert, Gott sei Dank.

Über die Lichteffekte kann man echt nicht meckern. Fast erinnert dieser Korridor ein wenig an die frühen Szenen des ersten Alien-Films. (Downward Spiral: Horus Station - Test)

Mir ist klar, dass diese Art der Fortbewegung nur realistisch ist, aber ehrlich gesagt ist mir im Verlauf des etwa fünf bis sechs Stunden langen Abenteuers kein Grund eingefallen, warum euer Protagonist keine besseren Hilfsmittel zur Verfügung gestellt bekommt. Etwa Düsen am Raumanzug, mit denen er sich so frei durch die 3D-Welt bewegen kann wie das Descent-Raumschiff. Wenigstens optional! Optional ist ja ansonsten auch vieles an diesem Spiel. So könnt ihr beispielsweise wählen, ob ihr überhaupt Gegner haben wollt. Auf die könnt ihr euch übrigens durchaus einlassen. Gerade am Anfang nerven sie ab und zu schon, später bekommt ihr aber relativ mächtige Waffen, denen diese Weltraumroboter (?) einfach nicht gewachsen sind. Was allerdings die Frage aufwirft, warum hier überhaupt Gegner integriert wurden. Sie sind unnötig, aber auch nicht gefährlich, daher könnt ihr sie gleich ausblenden. Ist ein bisschen, als hättet ihr einen Schrank voller Gewürze, die aber nichts am Geschmack des Essens ändern, weshalb ihr überlegt, sie gleich wegzulassen. (Ich weiß, schon wieder ein Essensvergleich. Sorry, Martin.)

Diese schwebenden Dinger da, das sind Gegner. (Downward Spiral: Horus Station - Test)

Nun könnte diese nervige Steuerung durch eine packende Geschichte gut ausgeglichen werden. Allerdings funktioniert das eingangs erwähnte Environmental Storytelling leider nicht, wie es müsste. Gerade weil es so verflucht umständlich ist, an den Punkt des Raumes zu kommen, zu dem ihr gerade wollt, seid ihr nämlich nicht unbedingt motiviert, alles abzusuchen. Während ihr also durch die Korridore und Kontrollräume schwebt, überseht ihr jede Menge Kram. Erschwerend hinzu kommt, dass es neben dem ganzen bedeutenden Kram auch viel völlig sinnloses Zeug gibt, einfach um die Raumstation so ein bisschen mit Leben zu füllen. Ich freue mich schon irgendwie, wenn ich neben einem Kontrollpult eine kleine Winkekatze finde. Die erzählt mir aber nichts. Der achtlos in der Ecke schwebende Zettel am anderen Ende des Raumes aber vielleicht schon.

Untypisch für ein Spiel dieser Art ist die Tatsache, dass ihr es auch kooperativ und gegeneinander im Online-Multiplayer spielen könnt. Letzteres sogar im Deathmatch. Ich vermute, dass ihr hier gemeinsam durch einen Raum schwebt und euch mit vorgefertigten Waffen gegenseitig abknallen solltet. In meinem Fall hat das allerdings nie funktioniert. Meine PS4 gab vor, nach Spielern zu suchen und warf mich dann in die Map. Nur ohne andere Spieler. Und auch ohne Bots. Selbst wenn schlichtweg die Spieler fehlen, um Partien zu starten - so sollte das wohl nicht sein.

Mit ein bisschen Versuch und Irrtum findet ihr euch auf der Raumstation ganz gut zurecht. Karten wie diese helfen dabei allerdings nicht besonders. (Downward Spiral: Horus Station - Test)

Traurig stimmt mich, dass die Entwickler offenkundig jede Menge Ambitionen hatten, als sie an Horus Station arbeiteten. Im Menü könnt ihr unter anderem auf Entwicklerkommentare zugreifen und stellt fest: Das sind sympathische Leute, die stolz auf das sind, was sie da geschaffen haben. Horus Station ist kein riesiger Mist, den jemand misslaunig hingerotzt hat. Es ist ein Spiel, das seiner Ur-Idee zum Opfer fällt. Die freie Bewegung im schwerelosen Raum gerät zur Gameplay-Qual, die Erzählweise der Geschichte ist prädestiniert dafür, ihre wichtigsten Teile unwissentlich zu verpassen. In VR verbessert sich das Spielgefühl natürlich ein wenig, aber an den Grundproblemen ändert das nur wenig. Zumal es trotz angenehmer Steuerung vorkommen kann, dass es euch leicht den Magen umdreht, wenn ihr auf einmal bemerkt, dass oben da ist, wo eben noch unten war.

Hallo, Winkekatze! (Downward Spiral: Horus Station - Test)

Ich kann Downward Spiral: Horus Station einfach nicht empfehlen, obwohl ich gerne würde. Denn ich habe mich an dem Verlassene-Raumstation-Szenario noch lange nicht satt gespielt. Ich mag diese Einsamkeit im Weltraum. Aber ich will mich eben auch frei bewegen können und nicht von Werkzeugen abhängig sein, die sich anfühlen wie kaputte Prothesen. Und ich will die Grundzüge der Geschichte zumindest auch dann erklärt bekommen, wenn ich nicht jeden Mülleimer durchwühle. Vor allem zu Beginn hat mir ganz stark irgendein roter Faden gefehlt. Mit VR-Headset ist das Erlebnis zwar intensiver, aber trotzdem nicht intensiv genug. Der Weltraum halt. Unendliche Weiten. Da hinten schwebt eine Winkekatze.


Entwickler/Publisher: 3rd Eye Studios/ 3rd Eye Studios - Erscheint für: PC, Oculus Rift, HTC Vive, PS4, PSVR - Preis: 14,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4, PSVR - Sprache: deutsch, englisch - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Über den Autor
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Markus Grundmann

Freier Autor

Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.

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