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Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu - Test: Ein wenig Neues und viel Vertrautes

Eine Reise in die Vergangenheit.

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Eine tolle, wunderschön anzusehende und nicht ganz makellose Neuauflage der ersten Pokémon-Generation mit manchmal merkwürdiger Steuerung.

Trainer, die Zeit ist gekommen: Also schnürt eure Turnschuhe, zieht den Rucksack über und rückt die Kappe zurecht, heute ist euer großer Tag! Ihr bekommt euer erstes Pokémon und reist mit ihm durch die Region, um der allerbeste Pokémon-Trainer zu werden! Das Abenteuer geht los! Mit Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu, erweiterte Remakes der damaligen Gelben Edition, fühlt sich Pokémon spielen so echt an wie nie zuvor. Was vor allem daran liegt, dass ihr das Spiel optional mit nur einem Joy-Con oder dem Pokéball Plus in eurer Hand steuert und beim Fangen selbst tätig werden müsst. Richtig. Ihr müsst jetzt den Pokéball auf das Objekt eurer Begierde werfen und je nachdem, wie gut das klappt, sahnt ihr mehr Erfahrung ab und levelt eure Pokémon schneller hoch.

Aber da habt ihr auch schon gleich den ersten Haken an der Sache: Mal locker-flockig aus dem Handgelenk den Ball geschleudert ist nicht. Anders als in den Vorgängertiteln müsst ihr die Pokémon nicht zuerst schwächen, damit sie im Ball bleiben. In Anlehnung an Pokémon Go fangt ihr die kleinen Racker entweder mit einem normalen Ball, einem Super- oder Hyperball, der euch bei hartnäckigen Fällen das Fangen erleichtert. Und reicht bei Bedarf noch eine Beere dazu, um das Pokémon vor euch milde zu stimmen und einzusacken. Durch die Bewegungssteuerung kommt aber eine zusätzliche Hürde dazu, denn die Pokémon weichen nach rechts, links, oben oder nach unten aus und machen euch das Fangen schwer. Lasst ihr in einem ungünstigen Moment den Ball los, landet ihr keinen guten, großartigen oder einfach fabelhaften Wurf. Ergo bekommt ihr weniger EP und habt eine höhere Chance, dass das Pokémon ausbricht.

Und das kann oft vorkommen, wenn ihr nicht auf den passenden Moment achtet. Da werft ihr gerne mal zehn Bälle einfach weg, weil das Pokémon so hartnäckig ist, ihr es nicht trefft oder beides. Mir ist mit der Zeit aufgefallen, dass es hilft, den Ball praktisch nach vorne zu werfen. Damit ist nicht gemeint, dass ihr weit ausholen müsst, um mit viel Schwung zu werfen - macht das nicht, schlimmstenfalls fliegt der Ball nämlich einfach drüber. Ihr macht mit dem Arm einfach eine Vorwärtsbewegung und dann trefft ihr. Hüpft das Pokémon zur Seite, schwächelt die Bewegungssteuerung ebenfalls, denn nur, weil ihr nach rechts werft, heißt das nicht, dass der Joy-Con oder der Pokéball Plus eure Bewegung als solche wahrnehmen. Und je länger ihr fürs Fangen braucht und Bälle ins Nirvana fliegen, desto größer wird eurer Frust und ihr überlegt euch, ob ihr das jedes Mal riskieren wollt und ob euch die Erfahrung wirklich wichtig ist.

Cover image for YouTube videoWerde ein Meistertrainer in Pokémon: Let’s Go, Pikachu! und Pokémon: Let’s Go, Evoli!
Besiegt sie alle und werdet zum Champion. (Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu - Test)

Was sie natürlich ist. Ein Pokémon, das nicht im Level aufsteigt und stärker wird, ist kein Pokémon. Dazu stellt ihr euch euren Rivalen auf den verschiedenen Routen und kämpft gegen mal starke, mal weniger starke Pokémon, um Geld und Erfahrung einzuheimsen. Beim Fangen sammelt ihr auch EP, die ihr allesamt braucht, um euch in Arenen die Orden zu erkämpfen. Dass das Hochleven wichtig ist, wissen die Entwickler, weshalb ihr bisweilen nicht immer den freien Trainern ausweichen könnt und sie euch zum Duell herausfordern - auch das gehört dazu und ist weiterhin integraler Bestandteil des Spiels. Es sei denn, ihr habt Glück und sie drehen euch den Rücken zu, daaaaaaann müüüüüüsst iiiiiihhr nuuuuur laaaangssaaaam uuuunnd leeeeeiseeee vorbeeiiiii geeeeehen und schon seid ihr unbemerkt vorbeigeschlichen. Auf eurer Reise durchquert ihr Streckenabschnitte, in denen ihr unfassbar viele Kämpfe bestreitet und euch unheimlich viele Pokémon in die Quere kommen, sodass ihr euch einfach nur freut, heil und in ganzen Stücken eine Stadt zu erreichen und gegebenenfalls ein Pokémon Center aufzusuchen. Ein nettes Details am Rande: Die Icons der Pokémon im Level-Bildschirm sind verpixelt und erinnern an das Retro-Spiel.

Weil wir gerade beim Thema Orden und Arenen waren: Die sind ähnlich geblieben, außer dass euch jetzt weniger Trainer darin nochmal auf die Probe stellen wollen und euch ein paar vereinzelte Zuschauer beobachten. Auch die Kämpfe funktionieren wie in den anderen Spielen und laufen nach Schema F ab. Wie wichtig es ist, hier auf den jeweiligen Typ zu achten und die entsprechende Schwäche zu nutzen, brauche ich nicht nochmal eingehender zu schildern, denn falls ihr euch dabei nicht vorbereitet, sieht euer Evoli vom Typ Normal ganz schön alt gegen ein Machomei aus. Wie gewohnt greift das Pokémon mit der höheren Initiative zuerst an und macht hin und wieder Schaden. Eine Abwechslung gelingt Game Freak hier nicht, aber wer hätte das erwartet? Habt ihr den Arenaleiter besiegt, heimst ihr euch den Orden ein und weiter geht die Reise.

Die bestreitet ihr wahlweise übrigens auf euren tierischen Gefährten. Während Evoli auf eurem Kopf sitzt oder Pikachu auf der Schulter, könnt ihr zusätzlich auf euren Pokémon reiten und euch zum Beispiel mittels der steinigen Schlange Onix fortbewegen. Das funktioniert nicht bei jedem Pokémon, also kommt gar nicht erst auf die Idee, auf einem Taubsi fliegen zu wollen. Bei Glurak sieht das schon ansprechender aus. Erstmals könnt ihr auch inner- oder außerhalb der Städte auf euren Gefährten reisen und diese selbst steuern.

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Mit Meltan und seiner Entwicklung kommen brandneue Pokémon hinzu. (Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu - Test)

Einen riesigen Pluspunkt bekommt das Spiel dafür, dass man die Pokémon jetzt frei in den Gräsern laufen sieht und ihr direkt wisst: Will ich das fangen oder laufe ich drum herum? Ich sag's wie es ist: Das ist eine unheimliche Motivation und hilft ungemein dabei, den Pokédex mit den Pokémon aus der Kanto-Region zu vervollständigen, weil ihr nicht erst ins raschelnde Gras schleicht und dann doch wieder nur das tausendste Rattfratz findet. Ihr habt keinen Bock auf 'ne Ratte? Dann lasst sie links liegen und schaut zu, während sich das Gras unter dem Gewicht der Pokémon leicht neigt. Ebenfalls ein nettes Detail: Lauft ihr durch hohes Gras, nutzt eure Figur ihre Hände, um sich einen Weg dadurch zu bahnen. Auf diesem Weg findet ihr so einige Weggefährten. Auch die Starter könnt ihr so fangen, wobei euch das Spiel ungemein unter die Arme greift und ihr in Städten auf drei Trainer trefft, die euch liebend gerne Glumanda, Schiggy und Bisasam einfach so in die Hand drücken. Äh, okay, danke?!

Damit orientiert sich Let's Go am Original, denn in der Gelben Edition begleitet euch Pikachu oder hier wahlweise Evoli schon zu Beginn auf Schritt und Tritt, ohne dass ihr auch nur eine Wahl habt, die drei anderen Starter-Pokémon zu wählen - diese bekommt ihr von verschiedenen Charakteren überreicht. Man muss sich also nicht mehr wie in der Roten und Blauen Edition am Anfang zwischen diesen drei Pokémon entscheiden, sondern erhält alle drei.

Vergleicht das Original mit dem Remake und der technische Fortschritt ist offensichtlich. Nie sah Pokémon hübscher und realistischer aus als in diesem Spiel. Die Welt ist sprüht nur so vor Farbe, das Wasser schimmert wie Ferien und tanzt in beruhigenden Wellen, die Grashalme neigen sich euch aus dem Weg und wie im Wald laufen Pflanzen-Pokémon zwischen den Bäumen und Gebüschen hindurch. Alles sieht so friedlich aus, außer auf dem Pokémon-Friedhof, der doch recht gruselig gemacht ist und eurem Partner Angst einjagt. Ein bisschen seltsam ist das Remake zum Teil aber schon. Es orientiert sich am Anime, macht sogar Anspielungen in die Richtung, aber Mauzi kann nicht sprechen. Das macht mich traurig. Benennt ihr euren Rivalen so wie Professor Eichs Enkel, heißt dieser fortan nicht mehr Gary, sondern einfach Blau. Wobei das auch seine Berechtigung hat, wie mir gesagt wurde.

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Mega-Entwicklungen sind auch mit dabei. (Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu - Test)

Wie ihr es beispielsweise aus Omega Rubin kennt, könnt ihr euren Favoriten wieder ausgiebig über den Kopf kraulen und es mit Beeren - ja, leider keine kleinen Kuchen - füttern. Die Beeren kennt ihr aus Pokémon Go ja schon. Durch das besondere Band zwischen euch und Evoli beziehungsweise Pikachu können sich die Pokémon selbstständig bei Giftattacken heilen oder unterstützen euch, indem Verteidigung, Angriff und Spezialangriffe eures Pokémon zeitweise verstärkt werden. Krault ihm also lieber noch einmal über den Kopf, es lohnt sich.

Kraulen tut ihr wie im gesamten Spiel mit der Bewegungssteuerung. Zumindest in meiner Hand wog der Pokéball Plus irgendwann so schwer, dass mir die Finger weh taten, weswegen ich wieder zum Joy-Con wechselte. Zumal sich der Pokéball wegen seiner runden Form in meiner Hand drehte und ich vermeintlich nach oben lief, obwohl ich nach rechts drückte. Da musste ich hin und wieder den Ball in meiner Hand neu justieren. Wenn ich mit dem Joy-Con spiele, bediene ich mit der linken Hand den Analog-Stick und mit rechts bestätige ich meine Eingaben. Das müsst ihr aber so nicht machen, denn das Spiel ist so ausgelegt, mit nur einer Hand gespielt zu werden, mir fehlt da dabei aber etwas. Wenn ihr mit dem Pokéball ins Menü kommen wollt, müsst ihr übrigens oben drauf drücken. Vor allem beim Fangen überzeugte mich die Bewegungssteuerung nicht so wie erhofft. Besser läuft es dagegen, wenn ihr das Spiel im Handheld-Modus spielt. Dabei habt ihr eigentlich keine Bewegungssteuerung, denn ihr neigt lediglich die Switch in die Richtung, in die ihr werfen möchtet, und bestätigt mit A. Dadurch läuft das Fangen weniger frustrierend ab, ihr werft dann nämlich seltener vorbei. So macht das Spiel auch unterwegs oder vorm Schlafen viel Spaß.

Wo wir gerade bei den Joy-Con sind: Von denen gibt es ja bekanntlich zwei. Erstmals könnt ihr hier mit einem Partner ins Abenteuer einsteigen. Was in den Trailern unglaublich cool aussah, entpuppt sich in der Realität als Ernüchterung. Euer Kumpel kann mit euch Pokémon fangen, allerdings greift er auf den gleichen Bestand wie ihr zurück. Habt ihr zum Beispiel 70 Bälle und ärgert euch gerade wieder zu Tode, dass das dumme Vieh nicht in eurem Ball bleibt, verschleudert ihr in zehn Anläufen nicht nur zehn Bälle, sondern zu zweit 20 - falls euer Freund denn nicht trifft und den Ball in die andere Richtung katapultiert. Sprecht euch da kurz mit einem Blick ab, wann ihr werfen wollt, denn trefft ihr gleichzeitig das Pokémon habt ihr eine größere Chance, dass es drin bleibt. Eine wirkliche Hilfe ist euer Freund auch in den Kämpfen nicht zwingend, denn er verwendet einfach das zweite Pokémon aus eurem Team und damit kriegen zwei Pokémon zeitgleich Schaden und statt nur eins. Aber dafür könnt ihr zweimal angreifen, der Kampf ist schneller - vielleicht sogar ohne Schaden - vorbei und ihr heimst doppelte Erfahrung ein. Wirklich überzeugen konnte mich der lokale Multiplayer in seiner Gesamtheit nicht.

Cover image for YouTube videoGestalte dein individuelles Abenteuer in Pokémon: Let’s Go, Pikachu! und Pokémon: Let’s Go, Evoli!
Was eure Partner können. (Pokémon Let's Go Evoli und Pikachu - Test)

Übrigens fehlte in Pokémon Go bis jetzt das Update, um den Pokéball Plus zu verbinden, Pokémon zu transferieren und Meltan zu erhalten, sodass ich das bislang nicht testen konnte. Ebenfalls gut zu wissen: Je nach Edition gibt es exklusive Pokémon. In Let's Go Pikachu trefft ihr auf Myrapla, Sandan und Fukano. Mit Let's Go Evoli habt ihr die Möglichkeit, euch Knofensa, Vulpix und Mauzi zu schnappen. Wer alle haben möchte, ist zum Tauschen gezwungen.

Pokémon Let's Go nimmt seine Spieler mit auf eine Zeitreise in die erste Generation. Nie sah die Kanto-Region stimmungsvoller und lebendiger aus, der Pixelbrei ist passé - so malten wir uns das Spiel im Jahr 1999 in unseren Träumen aus. Game Freak und Nintendo bleiben dem Erfolgsrezept größtenteils treu und greifen zwei Jahre nach der Veröffentlichung des erfolgreichen Pokémon Go einige Elemente daraus auf, um mit dem Remake neue Spieler an die Reihe heranzuführen. Dafür gingen die Macher einen Kompromiss ein: Pokémon müssen nicht mehr zum Fangen geschwächt werden. Schwächeln tut dagegen die Bewegungssteuerung, die unerwartet unpräzise ausfällt und das Erlebnis trübt, den Ball erstmals selbst zu werfen und sich so ein Stück weit mehr wie ein Trainer zu fühlen. Im Handheld-Modus überzeugt die Steuerung allerdings. Befürchtungen, dass es kein "echtes" Pokémon ist, sind unbegründet. Zu keinem Zeitpunkt ist die optionale Verbindung mit Go erforderlich. Abseits des geänderten Fangens - ob ihr das mögt oder nicht, ist Geschmackssache - spielt und fühlt sich Let's Go wie ein richtiges Pokémon an, wie ihr es von früher kennt. Es hat seine Makel, doch dahinter verbirgt sich ein wundervolles Pokémon-Spiel, das ich Kennern der Reihe und Neueinsteigern gleichermaßen ans Herz lege.


Entwickler/Publisher: Game Freak/Nintendo - Erscheint für: Switch - Preis: ca. 55 Euro - Erscheint am: 16. November - Getestete Version: Switch - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein


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