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Code Vein – auf Dark-Souls-Pfaden in die Anime-Endzeit

Wie sich das neue Soulslike vom großen Vorbild unterscheidet.

Nach Feedback auf diversen Messen, das Namco Bandai wohl nicht ganz zufrieden stellte, verschob das Unternehmen letzten Sommer seine Soulslike-Eigenaufzucht Code Vein um ein Jahr nach hinten. Frisch poliert präsentierte sich das Spiel letzte Woche auf einem Frankfurter Event, auf dem ich die Gelegenheit nutzte, es gut drei Stunden lang anzuspielen. So viel vorweg: So ähnlich sich dieser Entwurf bisweilen auch spielt, ein Klon sieht anders aus.

Tatsächlich hatte Bandai Namco ein paar interessante Ideen, um sich von der selbst ganz gern als Vorbild zitierten From-Software-Marke abzugrenzen. Das beginnt natürlich mit dem Szenario, das unumwunden in die Zukunft blickt - ob's die unsere ist, kann ich nicht sagen. Jedenfalls liegt diese einstmals modern anmutende Welt in Trümmern, Hochhäuser durchbohrt von gewaltigen Dornen, die aus der Erde sprießen - und alles umschließt ein undurchdringlicher Nebel.

Den guten Oliver Collins hat der Hunger in einen Verlorenen verwandelt.

Was außerhalb passiert, das weiß - so siehts jedenfalls bislang aus - mit Ausnahme der Entwickler niemand. Im anschließenden Plausch verriet mir Produzent Keita Iizuka, dass dies Teil des Rätsels der Handlung sei. Worüber wir aber sprechen können, ist das, was im Inneren passiert, denn hier geht auf die ungute Art die Post ab. Die Bewohner dieses Gebiets verwandelten sich nämlich nach und nach in Vampire. Das ist in der Mythologie von Code Vein allerdings noch kein allzu schwerer Beinbruch. Abzüglich ihrer gesteigerten Fähigkeiten und vom Durst nach Blutperlen, die an fremdartigen Pflanzen wachsen, anstatt dass man sich den Lebenssaft durch Löcher im Hals eines Opfers holt, sind diese Vampire noch erstaunlich menschlich.

Zum Problem wird diese Existenz nur, wenn der Durst überhandnimmt, weil er nicht gestillt wird. Dann verwandeln sich die Vampire in die Verlorenen, monströse Mutationen, irre vor Hunger, die jedem nach dem Leben trachten. Praktisch für die Handlung eines finster angelegten Actionspiels: Die Blutperlen werden gerade rar und die darbende Vampirpopulation verliert zunehmend den Verstand. Ich habe in meinen drei Stunden keinen echten Menschen in angetroffen, zumindest nicht, dass ich wüsste, aber wie Iizuka mir erzählt, gibt es sehr wohl noch einen Restbestand von der Vampirplage unberührter Bewohner. Diese haben mit den Vampiren einen zerbrechlichen Bund geschlossen, denn so sehr sie sie auch fürchten - sie sind wegen ihrer Fähigkeiten gleichzeitig auch die einzige Verteidigung gegen die Verlorenen.

Die Verlorenen machen die Endzeit unsicher - also ... noch unsicherer als dieses Vampirreich ohnehin schon ist.

Dass ich jetzt schon so konkret werden kann, liegt daran, dass Code Vein sich weit weniger mutwillig in sich selbst verschachtelt und ab und an auch mal frei heraus eine Erklärung für das Geschehene liefert. Es gibt eine Menge Dialoge zwischen euch - einem in einem umfassenden Editor erstellten stillen Protagonisten - und einer Bande an Begleitern, die entweder in eurer Heimatbasis in einer zerstörten Kathedrale zu eurer Verfügung stehen, oder euch im Rahmen des Buddy-Systems zu Felde begleiten. Letzteres hat ein bisschen was von Dragon's Dogma, sich einen Mitstreiter anhand seiner Fähigkeiten auszusuchen und dann gemeinsam loszuziehen.

Wenn man sich aus der Basis in die Welt hinauswagt, ist es ebenfalls ein vergleichbarer Rhythmus wie drüben bei From: Man erkundet offen begehbare, überschaubar verzweigte Gebiete nach Gegnern, Items und Misteln - Code Veins Gegenstück zu Lagerfeuern -, erledigt Verlorenen-Fußvolk und -Bosse mit Kombinationen aus leichter und schwerer Attacke, ohne dass einem die Ausdauer ausgeht, und klopft so nach und nach die Areale auf ihre Geheimnisse ab. Ich bin mir allerdings noch nicht im Klaren, wie sehr die Welt untereinander verbunden ist, oder ob es große, separate Dungeons sind, zu denen man durch ein Menü reist.

Der Charaktereditor ist ziemlich umfassend.

Allerdings brachte es mich schon ein wenig durcheinander - besonders nach gut 200 Stunden Sekiro - die Angriffe mit Quadrat und Dreieck auszulösen, anstatt mit den Schultertasten. Ansonsten kommt einem vieles bekannt vor, sogar die verschiedenen Waffenarten skalieren entsprechend eurer Talentwerte. Ein klarer Unterschied zu From-Titeln sind allerdings die unterschiedlichen Kampfstile, die man nach und nach freischaltet. Dabei handelt es sich um eigene kleine Skill-Trees, auf denen man nach und nach voranschreitet, wenn man das Seelen-Äquivalent in einzelne Talente investiert.

Die erinnern dann schon mal an Rollenspiele, weil passive Effekte ebenso dabei sind wie aktive Fähigkeiten, etwa besonders imposante Angriffe. Letztere unterliegen nicht nur einem Cooldown, sondern kosten auch noch Ichor, was in Sekiro wohl Geistembleme wären. Wie sie hier heißen, habe ich vergessen, was aber wichtig ist: Skill-Spamming wird also gleich in doppelter Hinsicht unterbunden und die Neubeschaffung dieser Währung zu Felde wird zum zentralen Spielelement.

So, wie man in Doom auf Glory Kills abzielt, um von Munition bis Lebensenergie alles wieder aufzufüllen, hält man in Code Vein seine Skill-Ökonomie am Laufen, indem man den Gegnern mit so genannten Drain-Attacken um ihr Ichor erleichtert. Die sind nicht immer einfach zu platzieren, weil sie mitunter eine lange Animation durchlaufen, können durch bestimmte Freischaltungen auf den Laufbahnbäumen aber auch verbessert beziehungsweise beschleunigt werden.

Ihr wählt eure Skills nach eigenem Gutdünken aus verschiedenen Laufbahnen, sofern ihr sie entsprechend meistert.

Für einen kleinen Geniestreich halte ich, dass man nicht an eine spezifische Laufbahn gebunden ist. Habt ihr einen Skill einmal freigeschaltet, könnt ihr ihn noch einmal gegen Code Veins Seelen-Äquivalent aufwerten, um "Meisterschaft" in ihm zu erlangen. Von da an könnt ihr ihn auch Laufbahn-unabhängig ausrüsten und euch so einen Fighter nach eigenem Gusto erstellen. Hier sieht man endgültig, dass die Verantwortlichen mit ihrer Liebe zu Souls zwar nicht hinterm Berg halten, aber sehr wohl ihr eigenes Spiel im Kopf hatten, als sie sich daran machten, Code Vein zu entwickeln.

Weniger gut gefallen hat mir das allgemeine Spielgefühl, wobei auch das gut daran liegen kann, wie viel Sekiro ich in den letzten Wochen gespielt habe. Im Direktvergleich fühlt sich mein Code-Vein-Protagonist einfach zu leicht und körperlos an, die Lauf- und Geh-Animationen erinnern an Rollenspiele der letzten Generation, weil für das geradeauslaufen und auf der Stelle drehen, der selbe Bewegungsablauf herhalten muss und überhaupt schienen mir die Kämpfe häufig ein wenig chaotischer zu werden.

Aber ich will nicht ausschließen, dass man mit der Zeit bedeutend besser durchblickt. Ich bilde mir nicht ein, ein Spiel, das mit der Mission gestartet ist, Dark-Souls-Fans zu gefallen, schon nach so kurzer Zeit zu erfassen. Mich haben diese drei Stunden jedenfalls genug gefesselt, um jetzt mehr über diese Welt und ihre Bewohner erfahren zu wollen und auf die Mütze gab es sowieso genug, um zu wissen, dass Bandai es hiermit ernst meint. Die Welt ist erfrischend anders und auch wenn einige weibliche Charakterdesigns ein wenig zu offensichtliche Fleischbeschau betreiben, habe ich das Gefühl, Code Vein hat eine Geschichte zu erzählen, die ich gerne hören würde. Ruhig mal im Auge behalten. Was kann schon passieren?


Entwickler/Publisher: Bandai Namco Erscheint für: PS4, Xbox One, PC - Geplante Veröffentlichung: 2019 - Angespielt auf Plattform: PS4

In diesem artikel

Code Vein

PS4, Xbox One, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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