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E3 2019 - Control lässt Alan Wakes Liebe zum Seltsamen wieder aufleben

Nicht von dieser Welt?

Es ist immer noch seltsam ruhig um Control, oder? Ich bin nicht sicher, woran es liegt, aber die Zeiten, in denen man für eine Alan-Wake-Xbox-360-Faceplate richtig gutes Geld hinlegen musste, weil der Hype um das nächste Remedy-Spiel so groß war, sind eindeutig vorbei. Verpufft in der Quantenimplosion ihres letzten Spiels womöglich? Oder einfach nur gezügelt, weil das Team, das so sicher wie wenige andere kinoreife Shooter-Schauwerte abruft, nicht mehr als Entwickler exklusiver Hochglanztitel als Main Event auf Messen präsentiert wird?

Die Antwort werden wir so schnell nicht bekommen. Vielleicht sogar nie. Ich hoffe trotzdem, dass dieses Spiel recht zügig ein wenig mehr Aufmerksamkeit erthält. Nach allem, was man so sieht, hat Remedy viel von der kreativen Kraft zurückerlangt, die einem damals schon von Weitem signalisierte, dass Alan Wake was Besonderes werden würde.

'Hausmeister' Ahti. Ein Name wie ein Anagramm für ein Wort, dass es nicht gibt. Mich würde nicht wundern, wenn er zum Inventar des Ältesten Hauses gehörte.

Quantum Break war nicht übel, aber gleichzeitig auch sehr irgendwo sehr mondän. Seine Einfälle waren in Konzept und Handlung mit einigen Ausnahmen eher zahm und an die Leine genommen. Es entzauberte Remedy ein wenig, weil sie ihre Talente zu berechenbar ausspielten. Natürlich schlägt eine Handlung mit Zeitschabernack so ihre Haken. Das Ergebnis wirkte trotzdem bemerkenswert "geradeaus". Sicher, das hatte auch mit der Geschichte an sich zu tun, ein auf Hochglanz polierter Zeitreise-Thriller fühlt sich nun mal anders an als übernatürlicher, ungreifbarer Grusel in einem verschlafenen Holzfällernest. Aber er fehlte schon, der so angenehm-unangenehm an David Lynchs Werk gemahnende Vibe, der Alan Wake so aus der Masse herausstechen ließ.

Dabei war auch Bright Falls "nur" der Schauplatz für einen Shooter unter Zeitlupeneinsatz. Aber es steckte auch ein "Big Bad" dahinter, das sich nicht über den Haufen schießen ließ. Und das allgegenwärtige Gefühl, auch dann nicht Herr der Lage - oder bisweilen seiner Sinne - zu sein, wenn man spielerisch alles richtig gemacht hatte. Die Parallelen zu David Lynch waren schon thematisch nicht zu übersehen und intrinsischer Reiz dieses Spiels. Und dann kommt Quantum Break im Laborkittel und macht einen auf Wissenschaftler, wie Michael Bay sie sich vorstellt.

Natürlich gibt es wieder Telekinese. Bis ich endlich ein neues Psi-Ops bekomme, nehme ich alles mit, was ich kriegen kann.

Aber gut - jetzt ist da Control, und wenn man den jüngsten Gameplay-Videos von der E3 glauben darf, hat Remedy zumindest teilweise sein Näschen fürs Seltsame wiederentdeckt. Vielleicht ist Twin Peaks Season 3 daran schuld, vielleicht analysierte man auch einfach nur scharf das Fan-Zuneigungsgefälle von Alan Wake nach Quantum Break. Wichtig ist, ihr neues Spiel umweht wieder der Hauch des Mysteriösen.

Alleine das Thema klingt ja schon wie ein Versprechen einer anständigen Gehirnverbiegung, wenn man in einem sich von Geisterhand ständig wandelnden Haus, in dem sich allerlei übernatürliche Phänomene in Sicherheitsverwahrung befinden, gegen eine körperlose Entität antritt. Bei den Charakteren werden die alten Parallelen zum Lost-Highway-Regisseur noch offensichtlicher: Recht früh im Spiel trifft Hauptcharakter Jessie Faden zum Beispiel auf einen seltsam verschrobenen Hausmeister, der mit - natürlich - unerklärlichem finnischem Akzent betont langsam spricht, und mitten im Lockdown einer Anlage voller potenziell weltenbeendender Gefahren mit wirren Worten "einen Assistenten" sucht. Er wirkt wie so vieles in Control neben der Spur und - wer weiß das schon? - vielleicht genauso wenig von dieser Welt, wie Jessies atmende, sich ständig transformierende Waffe.

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Trotzdem hilft man ihm, löst Nebenquests für ihn, denn in dem nächsten schönen Schritt, der beweist, dass man da weitermacht, wo Alan Wake aufgehört hat, verlieh Remedy der nur blinddarmhaft vorhandenen Freiheit des ersten Teils eine deutlich spieletauglichere Struktur, die mehr vor und zurück durch Das Älteste Haus erlaubt.

Dessen Architektur überzeugt dann vollends, dass man sich nicht sicher sein kann, wo man sich hier wirklich befindet, mühelos changieren die Räumlichkeiten zwischen verlässlich vertrauten High-Tech-Anlagen und schwer zu fassender, lebendiger M.C.-Escher-Unbegreiflichkeit. Etwas, das Videospiele eigentlich bestens können, aber viel zu selten machen. Control grämt es nicht. Wenn es andere nicht machen, knien sie sich halt umso mehr rein. Das Resultat sind einige verblüffende und eine spezielle Stimmung erzeugende Aussichten.

"The Hiss" ist außerdem wohl der coolste Name für eine Bedrohung in einem Videospiel seit langem, auch wenn ich natürlich gelten lasse, dass dieses Bedürfnis, der antagonistischen Kraft einen Namen zu geben, dem Hauch des Seltsamen ein wenig entgegenwirkt. Was ich eigentlich sagen will: Auch Control kann man problemlos als "nur ein Shooter" unter Einsatz visuell eindrucksvoller Kräfte beschreiben, wie es so viele gibt. Und doch blitzt hier wieder eine Abseitigkeit durch, die ich von Remedy lange vermisst habe. Wir werden sehen, wie weit das am Ende geht. Für den Moment haben sie aber meine volle Aufmerksamkeit. Wie steht es mit euch?

Entwickler/Publisher: Remedy/505 Games Erscheint für: PS4, Xbox One, PC - Geplante Veröffentlichung: 27. August - Angespielt auf Plattform: -

In diesem artikel

Control

PS4, Xbox One, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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