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Crossroads Inn - Der mittelalterliche Kneipen-Simulator, den die Welt noch brauchte

Das Bier ist alle, der Drachenkopf hängt schief und eine Schlägerei bahnt sich an

Während Disco Elysium noch herunterlädt, muss man ja auch was spielen, warum also nicht mal was zur Entspannung. So ein Mix aus Sims-Häuserbau, Kneipenleben und RPG-Fantasy, die so klassisch daherkommt, dass es auch "Das Gasthaus zur letzten Bleibe" heißen könnte. Oder eben das "Crossroads Inn".

Das Konzept ist denkbar einfach: Ihr startet entlang einer belebten Straße im mittelalterlichen Fantasy-Königreich X und baut einen kleinen Gastraum. Ein noch kleineres Lager dahinter, ein Tresen, ein paar Tische und Bänke, viel mehr braucht es nicht. Vom örtlichen Markt noch schnell ein paar Krüge, dazu Fässer mit Wein und Bier bestellt, eine Schankmaid eingestellt und das Licht angemacht. Sprich, die möglichst billige Feuerschale in Gang bringen. Läuft. Es ist billig, es ist ein bisschen dreckig und die Gäste erleichtern sich hinter dem Haus wie die Bären im Wald. Aber läuft.

Es ist vielleicht nicht schön, es ist nicht ganz sauber, aber es ist meins, es läuft und das ist das Wichtigste.

Dann geht es weiter, wie man es von Spielen der Art kennt. Eine Küche wird angebaut, schließlich will man zum Bier oft mindestens auch einen Snack. Einen Koch und andere Gehilfen geheuert. Manche Gäste wollen die Nacht bleiben, also kommt ein erstes Gästezimmer dazu. Das Haus wächst und wächst, die Inneneinrichtung wird schöner, immer teurere Deko, von einfachen Blumen-Girlanden hin zu Drachenschädeln für die Wand stehen zur Auswahl. Ab diesem Punkt beginnt das Leben, komplizierter zu werden. Am Anfang hattet ihr die klassische kleine Absturzkneipe an der Ecke laufen, aber nach und nach wird es besser und so muss es auch spezifischer werden. Bauern mögen andere Dinge als reichere Stadtbürger, Räuber mögen andere Dinge als Reisende Abenteurer. Wem wollt ihr es recht machen? Das steuert ihr über die Speise- und Getränkekarte und eben auch über die Einrichtung.

Vor allem jedoch stellte sich das Ganze als nicht sonderlich entspannend heraus. Natürlich kann man jederzeit Pause machen, aber irgendwie hat man trotzdem weit mehr Mitgefühl mit dem Betreiber des Restaurants um die Ecke als zuvor. Brot ist schon wieder alle, die Lieferung von Gewürzen, Tellern und Zwiebeln wurde von Räubern abgefangen - das moderne Äquivalent wäre wohl eher ein umgekippter Transporter -, die Belegschaft macht ein wenig zu gerne Pause, zwei Gäste sind sehr unterschiedlicher Meinung und starten eine Prügelei, der einen Hälfte gefällt die Deko nicht, der anderen nicht die Speisekarte und der Bankkredit will aus all dem Chaos heraus auch nicht beglichen werden. Ich brauch' mal eine Pause. Die "Helden", die den Drachen erlegen, sind pure Anfänger, der Betreiber des Inn ist der wahre Held hier.

Gespräche mit dem Adel, Schmugglern, Catering-Auftraggebern - ihr seid auch für Feiern zu buchen - sind wichtig und bringen etwas mehr RPG-Flair mit.

Nach und nach lernt ihr immer mehr Tiefe und Feinheiten schätzen, wie das "Gerüchte"-System. Eure Angestellten sammeln nebenbei und je nach Talent Gerüchte, die eine Art Währung sind, mit der ihr Feilschen oder Gefälligkeiten einfordern könnt. Ihr könnt Quests in weiter Ferne unterstützen, um verlorene Kinder zu retten und ähnliche Dinge, die Leute mögen, und so den Ruhm eures Ladens mehren. Es steckt viel mehr Tiefe in Crossroads Inn, die über die Einrichtung und die Speisekarte hinausgeht und man kann sich hier für viele Stunden verlieren, wie es dann gestern auch geschah. Und ja, das ist ein Spiel, bei dem man sich die gar nicht mal kleine Kampagne ruhig zu Beginn gönnen sollte, um alle Mechaniken erklärt zu bekommen, denn Pleite ist man schnell und wer nicht mehr Bier ordern kann, hat keine Gäste mehr.

Ein paar Worte zur Kampagne sind auch nötig, denn man gibt sich schon Mühe, etwas Story und auch Abwechslung reinzubringen. Im ersten Kapitel müsst ihr euch als Schmuggler bewähren, da der lokale Fürst es mit seinem Alkohol-Monopol übertreibt, und so lernt ihr die Gesprächsfertigkeiten eures Charakters kennen. Wie in einem RPG habt ihr bei Fraktionen einen Ruf, aber hier hängt das in erster Linie vom Glück in Gesprächen ab. Das scheint noch nicht ganz ausgereift, aber ein Spielstand ist schnell geladen und so lässt sich das Problem umgehen. Wie so manches, denn so ganz fertig ist das Spiel eigentlich noch nicht.

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Crossroads Inn ist ein Kickstarter-Projekt, dem wahrscheinlich langsam das Geld ausgeht, aber dafür ist eigentlich Early Access da. An diesem Punkt befindet sich das Ganze eigentlich auch, wenn auch in der letzten Phase. Ich hatte zum Glück keine der Bugs, über die andere berichten, wie Text-Boxen ohne Text, aber man merkt die Version 0.83 schon noch recht deutlich. Manches fühlt sich einfach noch nicht poliert an, oft gibt es Wegfindungsprobleme der Angelstellten, die zum Umbauen zwingen, die gesamte Steuerung wirkt noch etwas rauer als sie sein müsste. Das sind alles Dinge, bei denen ich zuversichtlich bin, dass sie bis zur 1.00 sehr viel besser laufen werden und das wäre dann der Punkt gewesen, den eigentlichen Release zu starten und hätte einem auch die Bauchschmerzen mäßiger User-Wertungen erspart.

Ihr kommt zwar nicht viel rum, aber einkaufen könnt ihr im ganzen Land und euren Ruf in fernen Gegenden müsst ihr auch mehren. Schließlich soll es zum Ziel jedes Abenteurers werden, einmal in eurer Kneipe abzuhängen.

Aber dann kostet Crossroads Inn auch nur 20 Euro (hier findet ihr Crossroads Inn auf Steam)und dafür wäre ich auch im jetzigen Zustand nicht unglücklich - schließlich verschonten mich die Bugs. Ganz im Gegenteil. Crossroads Inn ist ein wunderbarer kleiner Zeitverschwender mit genug Tiefe und Strategie. Das Aufbau-Genre mit einer oft für selbstverständlich hingenommenen Ecke eines jeden Fantasy-Abenteuers zu kombinieren, brachte so viel Stimmung, dass ich nach Einbruch der realen Dunkelheit ausnahmsweise mal wieder bei Kerzenlicht spielte, etwas, das ich schon lange nicht mehr machte. Und es war ein wundervoller Abend. Sicher, wer seine Games möglichst poliert bevorzugt, sollte noch ein wenig warten, aber meine Empfehlung wäre ein Kauf und wenn die Boxen keine Texte zeigen, dann gebt es halt innerhalb der ersten zwei Stunden zurück und versucht es ein paar Wochen später noch mal. Ich werde aber jetzt erst noch mal Bier von den Räubern um die Ecke ordern, denn aus irgendeinem Grund haben die den besten Preis. Fast so, als hätten sie einen sehr günstigen Einkaufspreis. Hoffentlich fällt mir das später nicht auf die Füße ...


Entwickler/Publisher: Kraken Unleashed / Klabater- Erscheint für: PC - Preis: ca. 20 Euro - Erscheint am: erhältlich - Gespielte Version: PC


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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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