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A Year of Rain möchte Steams Warcraft werden - und bringt sogar einen netten Twist mit

Ganz klassisch - mit moderner, kooperativer Würze.

Man rollt ja schon mit den Augen, wenn ein Hersteller sein neues Spiel von vorneherein als "eSports ready" erklärt. Im Genre, in dem sich A Year of Rain bewegt, der Echtzeitstrategie, ist man mit Blick auf gewisse Features aber durchaus ein wenig in der Bringschuld. Insofern: Lieber darauf vorbereitet sein, als wegen fehlender Standards von vorneherein totgesagt zu werden und sich dann überlegen zu müssen, ob es sich noch lohnt, bestimmte Dinge nachzureichen.

Die Rechnung, die die Hamburger mit diesem für sie ungewohnten Spiel aufmachen, ist allerdings gar nicht so verkehrt. Wie schon die Adventure-Ambitionen des Studios erwuchs auch der Gedanke, ein RTS zu machen, schlicht aus den Vorlieben der Teammitglieder, wie uns Carsten Fichtelmann, Mitgründer und CEO des Entwicklerstudios verriet. Einige Leute im Team äußerten den Wunsch, ein Spiel in dieser Richtung zu machen und "da haben wir gesagt, 'okay, es geht los!'"

Mit einem vergleichbar unbeirrbaren Willen hat diese Spieleschmiede jahrelang beinahe im Alleingang ein so überaltertes Genre wie das Point-and-Click-Adventure am Leben erhalten. Warum sollte in Sachen Echtzeitstrategie nicht zumindest ein Achtungserfolg drin sein? Und so unumwunden und einfach die Worte sind, mit denen Fichtelmann die Entscheidung für diesen Schritt rekapituliert, wird es auch nicht gelaufen sein. Hier stecken definitiv ein paar mehr Überlegungen drin als "worauf haben wir als nächstes Lust?"

Andere Hintergedanken betrafen etwa die Konkurrenzsituation. So sind zum Beispiel Blizzards Klassiker Warcraft und Starcraft nicht auf Steam zu haben und durch einige Kniffe an der bekannten Formel will Daedalic noch ein paar mehr Leute ins Boot holen als nur diejenigen, die auf die dritte Auflage des Zwists zwischen Menschen, Orcs und Untoten warten. Spieler, die gerade "dem Moba entwachsen", wie Fichtelmann es sagt, könnten an dem sehr auf Helden und ihren Spezialfähigkeiten fokussierten Ablauf Gefallen finden und vielleicht auch mal Lust auf eine Kampagne mit gut geschriebener Geschichte und Basenbau haben.

Und dann ist da der Fokus auf Koop, der dem Ganzen eine gewisse Frische verleiht. Denn nicht nur die drei Kampagnen - von denen die Menschen-Kampagne um das Adelshaus Rupah zum Start des Early Access enthalten ist - können komplett mit einem Freund durchgespielt werden, auch der Multiplayer stützt sich voll und ganz auf Kooperation. Es führt kaum ein Weg daran vorbei, sich gegenseitig zu verteidigen, wenn die Zerstörung der Basis eures Verbündeten auch euren Game Over bedeutet. Synergien kommen dann dadurch auf, dass man zusätzlich für seinen Helden einen Archetypen wählt - Tank, Damage Dealer oder Support - und im Laufe einer Runde im Level aufsteigt und ihre Fähigkeiten in Team-förderlicher Weise einsetzt, während man sich zusammen über die Karte bewegt.

In den ersten Stunden, die ich die Kampagne und einige Skirmish-Matches mit der KI absolvierte, machte das Spiel für seine frühe Phase - Fertigstellung im Herbst nächsten Jahres - eine Menge klassischen Spaß. Der Basenbau überrascht in seiner Struktur wenig, was in diesem Fall klar positiv ist, die zwei Rohstoffe plus Einheiten-Cap behält man mit Leichtigkeit im Blick und die Überschaubarkeit der Kämpfe zwischen nicht allzu großen Truppen entschlackt das Jonglieren zwischen Helden und Fußvolk angenehm. Die Kampagne kann zwar nicht mit Filmsequenzen von Blizzard-Qualität aufwarten, ist aber bislang recht gut geschrieben und vertont und in Sachen World-Building gar nicht so uninteressant, was man angesichts der sehr an Warcraft gemahnenden Optik nicht zwangsläufig erwartet hätte. Besonders die Fraktion der Verstoßenen gefällt in ihrer Grundidee, denn ihre Gebäude ruhen auf gigantischen ruhenden Bestien.

A Year of Rain kostet aktuell 19,90 im Sale. Sonst werden 25 Euro fällig

Aktuell fällt noch auf, dass die an sich sehr klare und in Bezug auf viele Einheiten recht hübsche Optik hier und da noch ein wenig unrund wirkt und die Wegfindung macht aktuell noch regelmäßig, was sie will. Ab und an blieben deshalb einige meiner Einheiten irgendwo hängen oder fanden keinen Zugang zu einer Gruppe Gegner, mit denen ich gerade kämpfte, und drängelten sich ein wenig zappelig um ihre Kollegen herum, ohne je zum Schlag auszuholen. Klare Kinderkrankheiten, die Daedalic in den Griff kriegen dürfte. Ansonsten noch die Notiz, dass der Fokus noch sehr auf dem Micromanagement liegt, weil man sich viel mit Kleinigkeiten befasst, anstatt mit der übergeordneten Strategie. Möglich, dass das meinem niedrigen Erfahrungsstand mit dem Spiel geschuldet ist, der frühen Version oder - und auch das ist nicht unwahrscheinlich - an der sehr klassischen Ausrichtung von A Year of Rain liegt und damit ein nicht unerwünschter Teil der Spielerfahrung ist.

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In jedem Fall versucht sich A Year of Rain an einem recht breiten Spagat aus alt und neu, der allein deshalb schon den Versuch wert ist, weil das RTS im Gegensatz zur Rundenstrategie, die sich schon länger wieder bester Gesundheit erfreut, noch immer auf seine Renaissance wartet. Wenn die Hamburger im Laufe ihres Early Access das Feedback der Spieler mit dem feinen Kamm durcharbeiten, weiter so konsequent an der durchaus robusten Basis basteln (die erfreulicherweise komplett ohne Mikrotransaktionen auskommt) und die übrigen Kampagnen sich ebenso unterhaltsam spielen wie die erste bislang, wird A Year of Rain seine Community finden. Wenn es so weit ist, können wir uns immer noch Gedanken darüber machen, ob die Sache mit dem eSport klappt.


Entwickler/Publisher: Daedalic Erscheint für: PC - Geplante Veröffentlichung: Early Access erhältlich - Angespielt auf Plattform: PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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