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Maneater - Test: Auswärts fressen gehen

Urzeitmonster vs. Urlaubsindustrie.

Schlichter Aufbau, noch schlichterer Kampf, aber es steckt viel urtümliche Freude in der Jagd auf alles, was sich im Wasser bewegt.

Nein, es ist nicht das erste Spiel, das sich um Haie dreht. Es ist nicht mal das erste Spiel, das sich Maneater nennt. Das wäre nämlich das 1975er Maneater. In dem spielte man allerdings die Taucher und nicht den Hai. Das erste Spiel, in dem ihr den Hai spielt? Auch 1975, Shark. Was auch das erste Spiel wäre, in dem man sich hemmungslos der Mordlust unter Wasser hingeben kann. Immer wenn man denkt, dass es so ein Spiel, so bescheuert es sein mag, ja irgendwie mal ganz ungewöhnlich und neu sei, stellt man fest, dass es praktisch die erste Idee nach der Erfindung der Bildröhre war. Egal, es ist zumindest das erste echte Free-Roaming-Open-World-Spiel dieser Art ... Wie, es gab schon 1987 ein NES-Game zu Der Weiße Hai, in dem man frei durch eine große Bucht fuhr und sich nach und nach auflevelte?

Okay, nichts in Maneater ist wirklich ein Erstling für die Spielewelt, aber die Faszination Hai - die sich mir persönlich in Shows über die Fressmaschinen der Ozeane nicht wirklich erschloss - ist ja auch so alt wie der Erstkontakt zwischen Urzeitfisch und Mensch. Deshalb dürfte es genug Leute geben, die allein der Gedanke, einen Hai durch etwa 10 Stunden Fress-Grinding schwimmen zu lassen, einen Ozean voller Blut inklusive, in Aufregung versetzen dürfte. Gut so, denn ganz ehrlich und auch wenn sogar ich hier meinen Spaß hatte, viel mehr wird hier nicht geboten.

Irgendwann ist alles nur noch Futter.

Es ist nicht so, dass Tripwire sich keine Mühe gegeben hätte das Maximum aus dem Konzept herauszuholen, zumindest was eine "Handlung" angeht. Im Intro lernt ihr auf unsanfteste Weise als erwachsener Hai einen berühmten Hai-Jäger kennen. Der schneidet euch dann frisch einen kleinen Hai aus dem Bauch, dem die Flucht gelingt. Ab da spielt ihr nun Baby-Hai auf dem Weg zum Great White - hier eine ungefragte Erinnerung, wie YouTube früher mal war und was man da für 22 Millionen Views tun musste. In vier Alterungsstufen auf dem Weg zur Legende der Meere habt ihr immer wieder mal einen Zusammenstoß mit diesem Hai-Jäger und jedes Mal ist er zu blöd euch zu erledigen und ihr dürft das auch nicht, weil Zwischensequenz. Es steigert sich im Laufe des Spiels ein wenig rein, aber ja, erwartet bloß keine großen narrativen Meisterleitungen hier. Obwohl, eigentlich ist das für die Prämisse gar nicht mal schlecht.

Die eigentliche Arbeit, die auf euch wartet, ist aber die einer Ubisoft-Karte. Ihr habt ein kleines Gebiet, in dem ihr zunächst die Höhle findet. Es gibt immer eine Höhle, so wie es einen Turm gibt. Hier habt ihr den Schnellreisepunkt in das Gebiet und vor allem dürft ihr hier euren Hai mutieren lassen. Es ist was im Wasser der hübschen, an Miami-angelehnten Metropole und den Bayous davor, sodass ihr euch nach und nach in etwas verwandelt, das schon die Saurier erschreckt haben dürfte. Knochen-Flossen mit Elektrozähnen sägen durch alles durch.

Leider darf man nicht so weit in den Ozean hinaus. Der kleine Ausblick lädt richtig dazu ein.

Bis dahin ist es aber ein langer, wenn auch in jedem Gebiet gleichartiger Weg. Fresst zehn Fische in einem Areal, fresst zehn Menschen an einem Strand, sammelt nicht zu gut versteckte Goodies ein. Schließlich taucht ein etwas größeres Exemplar der örtlichen Jägergattung auf, wie ein größeres Krokodil oder ein größerer Hammerhai oder was auch sonst herumschwimmt, das euch zumindest vage gefährlich werden kann. Das ist dann der Apex-Jäger, den ihr auch fresst, so wie alles andere. Wenn ihr dann zu viele Menschen fresst, kommen die ewig wild spawnenden Hai-Jäger mit ihren Booten, die ihr reihenweise zerlegt und verfuttert, damit schließlich euer "Fahndungslevel" eins hochgeht und ein besonderer Jäger auftaucht. Was ihr mit dem macht, dürft ihr drei Mal raten, aber angesichts des Protagonisten sollte ein Versuch reichen.

Und das ist es auch. Fressen und möglichst nicht gefressen - oder erschossen - werden. Aber keine Sorge, falls das doch mal passiert. Das Spiel ist so nett, dass es nicht mal den Zähler einer angefangenen Aufgabe zurücksetzt oder ihr sonst irgendetwas einbüßen würdet. Ihr findet euch zurück in der Höhle und könnt direkt weitermachen. Praktisch, aber nimmt ein wenig den Thrill aus der Sache. Oft genug habe ich mich einfach irgendwann von den Jägern töten lassen, weil es zwar einfach ist, vor endlosen Gegner-Spawns zu flüchten, aber viel länger dauert als der Freitod. Und zum Ende hin müsst ihr eh nichts mehr fürchten. Wer Allmachtsphantasien hat, in denen er als blitzeschleudernder Monster-Hai ungebremst die Bevölkerung einer Kleinstadt vernascht ... sollte darüber nachdenken, warum das so ist, aber bis dahin kann er sich hier ideal austoben.

Wer sucht, der findet sehr seltsame Dinge in den Sümpfen ... Vielleicht ist es gut, dass man nicht so weit in den Ozean hinaus kann. Vor manchen Sachen fürchten sich sogar Super-Haie.

Ein weiteres Problem ist das wahrlich nicht sonderlich abwechslungsreiche Kampfsystem. Zuerst hat es den Anschein, als gäbe es mit Seitwärtsrolle, Flossenschlag und Beuteschütteln fast so eine Art Dogfight-System unter Wasser, aber wie sich dann immer mehr herausstellt, reicht es nicht nur vollkommen aus, einfach an das Ziel heranzuschwimmen und zuzubeißen, alles weitere macht deutlich weniger Schaden und bringt eher euch als den Gegner in Verlegenheit. Ihr habt schon genug mit der eigenwilligen Kamera zu kämpfen, da braucht man nicht noch mehr Ablenkungen. Über Wasser hüpft ihr dann einfach in Richtung der Hai-Jäger an Bord, drückt in der Luft die Schnapp-Taste und der Rest wird in dem konfusen Chaos dank der Zielhilfe schon laufen. Irgendwas werdet ihr schon treffen und das reicht, das Boot wollt ihr am Ende schließlich auch versenken. Und falls ihr aus irgendeinem Grund dachtet, dass die Steuerung an Land präziser und komplexer wird - ihr spielt einen Hai, es ist schon seltsam genug, dass er da freiwillig so lange ungelenk herumhopst, wo im Wasser doch so viel Futter ist. Aber auch Haie müssen sich an die Missionsbeschreibung halten und wenn zehn Leute auf einem Golfplatz dran glauben sollen, dann ist das halt so.

Weder der Aufbau noch die Ausführung der Mechaniken bekleckert sich bis hierhin mit Ruhm, aber es gibt auch ein paar Dinge, die man Maneater wirklich lassen muss und mich immerhin ohne Schmerzen durch die zehn Stunden brachten. Die Umgebungen sind einfach stimmig. Egal ob die Sümpfe des Bayou, ein Ferienressort auf vielen kleinen Inseln oder die Anfänge des weiten Ozeans, die Stimmung wird jedes Mal gut eingefangen und als Finne an der Oberfläche herumzuschwimmen, macht einfach Freude. Hier steuert sich das Spiel auch exzellent und ja, ich kann dank der fließenden Tag-Nacht-Wechsel und der Lichter der großen Stadt am Ufer lange einfach nur herumpaddeln. Dann habt ihr einen launigen Sprecher, der im Stil einer platten Hai-Doku alles Mögliche kommentiert und auch wenn nicht jeder seiner Witze sitzt, es passt oft genug.

Mal eben in den Pool gehüpft.

Zusätzlich ist natürlich zu beachten, dass ich oben das Geschehen zwar aus der Sicht eines Gaming-Kritikers beäugte und zu nicht zu schmeichelhaften Schlüssen kam, aber wenn ich es aus der Sicht von jemanden betrachte, der einfach nur eine Machtfantasie in der Rolle eines Meeres-Monsters ausleben möchte, der wird hier fast perfekt bedient. Wenn ihr schließlich groß genug seid, um weiße Haie in den Todesgriff zu nehmen, denn dürfte das Spiel selbst gesetzte Ziele erfüllt haben. Wer nicht die Gameplay-Herausforderung oder -Qualität sucht, der wird hier umso besser bedient.

Jagdrevier im Neonlicht. Wenn sie wüssten, was da angeschwommen kommt.

Maneater ist, was es ist. Jemand wollte ein Spiel machen, in dem ein großer Hai alles frisst und das wurde es dann auch. Das Korsett der Ubi-World passt als Rahmen vernünftig und gibt allem eine Richtung, selbst wenn einem die Wiederholung fast noch schneller als im Original bewusst wird. Der Kampf ist dabei auch weniger durchdacht als der Akt des Fressens und das letzte Drittel des Spiels kann euch eh nichts mehr gefährlich werden. Aber dann wieder seid ihr eben ein elektrischer Super-Hai, der sich ungebremst durch eine Urlaubsbucht mampft und das befriedigt ein paar niedere Instinkte schon ganz gut. Ja, ich hatte Spaß, wo ich eigentlich nicht so viel hätte haben sollen und in jedem Falle ist Maneater weit kompetenter als damals das verunglückte Jaws: Unleashed. Maneater ist primitive Unterhaltung, sicher. Aber irgendwie auch ehrlich.


Entwickler/Publisher: Tripwire / Deep Silver - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: zirka 40 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4 Pro - Sprache: Deutsch (Text), Englisch und andere


In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Maneater

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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