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Halo Infinite - Die Kampagne gespielt: Eine offene Welt, die einem sehr bekannt vorkommt

Halo Infinite betritt offene Welten und erinnert beim Aufbau dabei sehr an Far Cry. Das macht aber nichts, denn das Wichtigste ist der Ballerspaß und den beherrscht Halo immer noch.

Nachdem Halo Infinites Multiplayer mehr oder weniger vom Himmel fiel, "Ups, hier bin ich!" sprach und den beiden großen Shootern in die Suppe spukte, lässt die Kampagne noch ein wenig auf sich warten. Schließlich will sie sichergehen. Der Erstauftritt war jetzt keine Sternstunde. Da steht mit der Xbox Series X dieser Monolith einer Konsole mit ungeahnter Kraft und DAS soll das neue Halo sein? Okay, zurück an die Werkbank, es muss geschraubt werden. Und so schraubten sie.

Die Werkzeuge wurden erfolgreich angesetzt. Nicht, dass in dieser frühen Version, die ich jetzt hier habe, alles komplett anders wäre. Im Gegenteil. Es ist eigentlich nur dieses Bisschen der letzten Entwicklungsphase auf der Technik-Seite passiert, das für den unbedarften Beobachter einen gewaltigen Unterschied macht. Ganz viele Effekte, Feinarbeiten und Details passieren erst in dieser Phase, was normalerweise auch der Grund ist, dass Entwickler sich für eine frühe Demo eine Ecke des Spiels nehmen und diese - und nur diese - so hinbiegen, dass es dem finalen Produkt zumindest nahekommt. Dieses Glück hatte Halo Infinite bei seinem verstolperten Erstauftritt wohl nicht gehabt.

Folge dem Licht, ganz wie früher.

Zumindest könnt ihr beruhigt sein, dass es nun nicht mehr aussieht wie ein spätes 360-Spiel. Aber um die Erwartungen auch gleich wieder zu drücken, es ist auch nicht der Showcase, der alles zeigt, wozu die Series X imstande sein dürfte. Das sollte auch recht gut so noch auf einer One X laufen. Weitestgehend zumindest. Nur, um die Erwartungen zu korrigieren. Wie sieht Halo Infinite jetzt aus? Nun, ich denke richtig gut für ein Halo. Das ist nicht abwertend gemeint. Die Serie hat ihren eigenen, teilweise minimalistischen Stil entwickelt. Der Mix aus der gewollt künstlich wirkenden Landschaft des Rings, den funktionalen Bauten und Militärdesigns und gewaltigen Metall-Konstruktionen der Aliens ist sofort als Halo erkennbar und funktioniert in sich geschlossen nach wie vor ausgezeichnet. Das war vor 20 Jahren so, das hat sich mit den Dekaden verfeinert, aber eben nicht groß geändert. Mir gefällt es, denn nach wie vor atmet es den sehr eigenen Charme einer Mischung aus Clarkeschen-Sci-Fi-Visionen und US-Action-Kino Marke Michael Bay.

Spielerisch hat sich der Ring auch nicht so viel weitergedreht. Das wird schon im Intro klar, wo ihr einem Licht mit dem Kopf in alle vier Richtungen folgen sollt. Habe ich das nicht vor 20 Jahren auch gemacht? Ist es ein valider Test, ob der Spieler die Steuerung invertieren möchte? Hommage? Beides? Die ersten Waffen fühlen sich Halo an, während ich lustig herumtobende und fluchende Aliens durch die Korridore eines brennenden Raumschiffs scheuche. Nennen wir es mal so. Wie damals ist der Schlüsselmoment, wenn sich die Tür zur Landschaft des Rings öffnet. Ehrfurcht damals, Rückkehr nach Hause heute. Kennt man, war man schon, aber wie an einem geschätzten Urlaubsort hat man nichts dagegen, mal wieder nach dem Rechten zu sehen.

Wenn ihr dachtet, Halo Infinite würde ohne KI-Freundin leben müssen: Keine Sorge.

Auf dem Ring stellt ihr dann aber fest, dass sich doch etwas geändert hat. Halo ging Far Cry. In eurer ersten markierten Mission nehmt ihr eine kleine Landeplattform ein. Der Turm mag nun also platt sein, aber der Zweck ist der eines Ubi-Turms. Aktiviert eine solche Plattform und ihr seht nun auf der Karte gefangene USNC-Truppen, Ausrüstungsteile, besonders gefährliche Feinde und gegnerische Basen. Dazu natürlich die nächste Hauptmission. Also ja, Halo ist nun Open-World und die Formel lieh man sich aus Frankreich. So direkt, dass ich dem eigentlich nichts hinzuzufügen habe. Selbst die Schnellreise funktioniert wie Far Cry und Co.

Ist das jetzt etwas Schlechtes? Das ist die große Frage und ich muss zugeben, dass ich die erste Stunde nicht gerade angetan war. Halo machte immer sein eigenes Ding und ich hatte Hoffnungen für Infinite, dass es seine Open-World in Sachen Spielmechanik etwas individueller aufbaut. Tut es aber nicht, also machte ich mich auf den Weg. Da ich die letzten Halos mehr von Weitem sah, weiß ich nicht genau, ob es den Greifhaken schon vorher gab. Falls ja, gut, aber erst in der offenen Welt entfaltet er wohl sein ganzes Potenzial. Schnell wurde er mein liebstes Etwas in Halo Infinite.

Runtergefallen.

Mit dem Greifhaken lässt sich jede noch so steile Wand nehmen und sei es mit ein wenig Katapult-Training. Je höher euch der mit guter Reichweite ausgestattete Haken zieht, desto höher die Parabelkurve im Anschluss. Das nimmt der Bewegung durch das sehr hügelige Terrain den Schrecken, denn ihr spielt nicht an irgendeiner Stelle des Rings. 98 Prozent davon scheinen bestens intakt zu sein, aber ihr treibt euch da herum, wo er zerbrochen wurde, Trümmer den Weg markieren und Steigungen warten. Gut also, dass ihr euch nicht auf die Fahrzeuge verlassen müsst.

Wer hier Revolutionen erwartete: Fehlanzeige. Nicht nur, dass es immer noch das Warthog und nicht viel Neues gibt, diese Dinge steuern sich immer noch so, als würden wir damit üben, wie wohl so ein Controller ein Fahrzeug in einem Shooter steuern könnte. Als das erste Halo erschien, hatte ich als damaliger PC-Spieler Probleme mit dem Controller und dem Shooter-Teil. Dass ich den Warthog nicht auf Spur halten konnte, war da eher eine Randnotiz. Während Ersteres nun aber mittlerweile wunderbar klappt, kapituliere ich immer noch vor der Katastrophe der Zwei-Stick-Steuerung von allem, was in Halo Infinite Räder hat. Wer das kann, der fühlt sich sicher sofort heimisch, alle anderen leiden halt weiter vor sich hin, denn eine alternative Steuerung sucht man vergebens. Und das, obwohl ich sonst sogar die Menü-Buttons umbelegen kann. Nun, zumindest der Ghost-Gleiter steuert sich nach wie vor exzellent.

Auf in die Welt von Halo Infinite...

Das Gelände lädt aber sowieso kaum zu langen Fahrten ein, zu zerklüftet ist das alles. Also Greifhaken raus und los. In den ersten Nebenmissionen stellte ich schnell fest, dass die Gegner sich nicht grundlegend verändert haben. Die kleinen lustigen Aliens brabbeln immer noch wild vor sich hin, aber zumindest haben sie im Lauf der Jahre und Spiele ein paar Tricks gelernt. Ihr habt eure Selbstmord-Kommandos, eure gepanzerten Schläger und all die anderen. Die seltsamen Vogel-Wesen ziehen immer noch Scharfschützengewehre vor, während dumme Brutes in unterschiedlichen dicken Rüstungen schwere Waffen schwingen oder euch einfach mit Wucht umrennen wollen. Alles schon gesehen, alles wohlbekannt.

Aber Spaß macht es trotzdem fast sofort. Wenn es um Bewegung, Waffenhandling und die unterschiedlichen Vor- und Nachteile der einzelnen Waffen geht, hat Bungie damals eine unglaubliche Grundlage gelegt, die über die Zeit von 343 gekonnt verfeinert wurde. Das zeigt sich in den schnellen Kämpfen, in denen es sich immer lohnt, nach vorn zu gehen, in Bewegung zu bleiben und sich immer an den besten Freund, den Greifhaken, zu erinnern. Mit ihm schlagt ihr die nervigen Schilde der Vögel weg, lähmt selbst große Feinde, während ihr auf sie zufliegt, um dann die Bulldog-Shotgun auszupacken. Der Kampf hat einen Fluss, der sich sehen lassen kann und auch in der zigsten Wiederholung immer einen kleinen neuen Zufallstwist findet. Gut so, denn die Komplettlösung kann ich euch hier schon präsentieren: Geht zum Marker und killt alles, was sie bewegt. Dann geht zum nächsten Marker. Halo Infinite ist kein komplexes Spiel. Aber eines, das ich trotz dessen für Tage nicht zur Seite legen wollte, weil es einfach zu viel Freude macht, noch einen Pulk an Aliens zu zerlegen.

... die sich dann als wohl sortierte Far-Cry-Style-Open-World entpuppt.

Ein wichtiger Teil dessen ist, dass Sterben selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad fester Teil des Programms ist. Der Master Chief hält nicht viel aus und ein übersehener Scharfschütze oder eine zu mutige Aktion rächen sich sofort. Da Halo Infinite mit seinen Speicherpunkten ausgesprochen großzügig ist, nervt das in keiner Weise, sondern motiviert, dass ihr euch auch in schwierige Kämpfe mit Verve reinstürzt.

Insbesondere die Basen der Gegner sind ein Highlight. Sicher, jetzt nicht in Sachen Puzzles und Nachdenken. Drückt ihr kurz Steuerkreuz-Unten, dann wird euch vorgebetet, was zu erledigen ist. Aber die großen Areale, die Gegnerplatzierungen, all das ergibt solide Schlachten mit mitunter 20, 30 Gegnern, die eine ausgezeichnete Dynamik entfalten. Das, kombiniert mit der Halo-Eigenart, dass ihr nur zwei Waffen haben dürft und so ständig auf dem Schlachtfeld greift, was gerade verfügbar ist, sorgte für einige der besten Momente, die ich in Halo seit Langem hatte. Das ist jetzt alles nicht wirklich neu, vorige Halos funktionierten nicht groß anders, aber das mindert den Spaß höchstens dann, wenn ihr gerade eben erst Teil 5 beendet habt und nun denkt, dass ihr für eine Weile Halo nicht mehr sehen könnt.

Auf der anderen Seite kann es nicht schaden, schon mal Halo gespielt zu haben, wenn man verstehen möchte, worum es hier geht. Es wird praktisch nichts erklärt. Der Ring, Cortana, die Flut, die Vorläufer und andere Elemente der Handlung werden in den Raum geworfen, als wüsste jeder, worum es geht. Wer mit Halo Infinite einen Reboot der Handlung kommen sah, einen neuen Abschnitt, der wird ziemlich direkt eines Besseren belehrt. Das macht es nicht schlechter, denn die Ereignisse spitzen sich mal wieder zu und schnell verfällt man in einen "nur eine Mission noch"-Modus. Schließlich will man ja schon wissen, was genau die aktuellen Bösewichte der Saison so treiben und welche Geheimnisse der Ring noch so birgt. Passt schon, ist halt Halo und das ist in dem Zusammenhang meist eine gute Sache.

Nein, den ganzen Ring werden wir dieses Mal in Halo Infinite nicht erkunden. Eines Tages vielleicht. Mit etwa 10 Millionen Quadratkilometern wäre es dann eine große Welt. Aber nicht soooo groß. Ungefähr wie Kanada.

Überhaupt. "Ist eben Halo". Das könnte das Motto von Halo: Infinite und das Fazit dieses Artikels sein, wenn auch auf die beste Art. Sieht man einmal davon ab, dass sie ihr gesamtes Konstrukt nahmen und durchaus kompetent in einen vertrauten Open-World-Spielaufbau verfrachteten, findet ihr hier alles, was die Serie ausmacht. Ihr habt die Halo-Story-Linie, die sich fortsetzt. Ihr habt die ausgezeichnete Shooter-Spielbarkeit, für die die Reihe bekannt ist. Ihr bekommt abwechslungsreiche, dynamische Kämpfe bis hin zu ausgewachsenen Schlachten, in denen ihr flink mit allen Waffen hantieren müsst, die euch gerade vor die Füße fallen. Ihr steuert schlecht lenkbare Fahrzeuge durch eine wundervolle, immer noch auf seltsame Art einzigartige Welt. Ihr scheucht niedliche Aliens um die Büsche, die sich einen Keks freuen, wenn sie euch mal ge-pwned haben sollten. Ihr spielt Halo. Das "Infinite" dahinter ändert daran wenig. Aber ich müsste schon komplett lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass ich die letzten Tage nicht sehr viel Spaß mit genau dem gehabt hätte. Und ich freue mich schon sehr auf den Dezember, wenn der Zugang zum Ring nicht mehr zeitlich begrenzt ist.

Alex' erzählt euch unterdessen an anderer Stelle, warum er Halo Infinites 'antiquierten' Multiplayer-Modus liebt.

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