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Das Buch von Boba Fett nach 4 Folgen: schlampig, unglaubwürdig, einschläfernd

So langsam wird so etwas wie eine Geschichte draus. Was gut das Problem von Boba Fett aufzeigt: Die Serie zäumt das Bantha von hinten auf.

Da ist er wieder, der Boba. Herrscht weiter über sein "Imperium", dem nur noch ein Schweinchen fehlt, damit der böse Wolf vorbeikommt, um hustend und prustend sein Haus umzupusten. Folge drei muss der absolute Tiefpunkt gewesen sein - wie sehr ich doch hoffe, dass das stimmt, denn ganz ehrlich, so langsam kann ich nicht mehr.

Was ist also passiert? Nicht so viel, eigentlich. Wie die ersten beiden Folgen schon. Wir wissen jetzt, dass der Bürgermeister Dreck am Stecken hat. Was heißt das, "wussten wir in der ersten Folge schon!"? Egal, jetzt ist er noch verdächtiger. Ansonsten, ja... Boba rekrutiert noch eine Gruppe spätgeborener Star-Trek-Cosplayer, deren aktuelles Kostüm-Projekt "ehemalige Borg-Opfer" jäh durch das Straßenschläger-Casting des stoischen Kopfjägers unterbrochen wird. Billige Plastik-"Implantate" und "Body-Mods" inklusive. Und selbstverständlich fahren sie die poliertesten Vespas diesseits von Prenzlauberberg.

Aber weil das hier Sci-Fi ist, schweben sie natürlich - immerhin sind wir in einer weit, weit entfernten Galaxie. Das schmeckt nicht nur am Anfang wie eine verunglückte Back-to-the-Future-Hommage, sondern auch später, als eine Verfolgungsjagd in zügiger Schrittgeschwindigkeit durch Mos Espa in einem voll beladenen Fruchttransporter endet. Das kann nicht ihr Ernst sein? (Spoiler: Kann es wohl!)

Immerhin müssen wir ab der nächsten Folge das schlechte Narben-Make-up Bobas nicht mehr ertragen.

Was darf beim Boba-Bingo außerdem nicht fehlen...? Ach ja, eine Szene, in der er nicht nur überrascht, sondern auch noch übel zugerichtet wird. In seinem eigenen Anwesen noch dazu. Wieder und wieder sind es andere Leute, die dann solche und andere Probleme für ihn lösen. Neben seinen vielen nachdenklich gemeinten, aber einfach nur wie geistiger Leerlauf wirkenden Blicken in die Ferne ist das wohl einer der Gründe dafür, dass Morrison als Boba nie überzeugt. Allerdings habe ich da Buch und Regie-Anweisungen schwer in Verdacht, ihn im Stich zu lassen.

Als zum Beispiel Black Krrsantan nach einem der vielen Boba-Nickerchen endlich mal den Wookie-Trick mit dem Arm vormachen will, kommt die Mofa-Gang zuhilfe. Und wenn Boba in der (besseren) vierten Folge gleich zweimal keine Lösung findet, holt Fennec Shand die Kohlen für ihn aus dem Feuer, in einem Fall mit einer Idee, die sein eigenes Raumschiff betrifft. Aber es wird noch besser: Am Ende der Episode macht er einer versammelten Gruppe von Gangsterbossen ein Angebot, das sie problemlos ablehnen können (und die endlich mal die berechtigte Frage stellen, warum man Boba nicht einfach beseitigen sollte). Er greift dann auf Plan B zurück, den sich mit "Okay, aber schwört hoch und heilig, dass ihr mich in Ruhe lasst, ihr beruflichen Ausbeuter, Betrüger und Verbrecher" zusammenfassen lässt. Ich schätze, die Unterwelt bibbert vor Boba.

Ich werde diesen Boba niemals respektieren - weil die Autoren ihm ebenso wenig Respekt erweisen. Sie haben keine Ahnung, was sie mit ihm anfangen sollen und warum er ein interessanter Charakter ist. Wie auch. Er ist eine Action-Figur, die jemand zu lange in der Sonne liegen gelassen hat.

Black Krrsantan ist mit Leichtigkeit das Beste an der Serie. Endlich sieht mal einer, das echte Wookies verdammt furchteinflößend wären - die Art, wie seine Szenen gefilmt sind, streicht das gut heraus.

Puh... nee. Das hier ist ein Buch, so trocken und spröde wie der Planet, auf dem der geläuterte Boba aufräumen will. Und der Rest strapaziert ohne Not die Glaubwürdigkeit weiter als ohnehin schon. Wusstet ihr zum Beispiel, dass man in Tattooines Hinterhof-Kaschemmen zu unpassendster Prodigy-Musik eine lebensrettende Operation bestellen kann, als wäre es ein Kölsch (und danach mit seinem Tag weitermachen, als wäre nichts gewesen - auch wie bei einem Kölsch). Ganz egal, dass da ein Rastafari mal eben die komplette Mitte eines Menschen durch beliebige Eisenwaren von Obi austauscht, ohne, dass ein Tropfen Blut fließt oder auch nur die Kleidung ausgezogen werden müsste. Kostenpunkt: eine Handvoll Taler - und damit meine ich nicht nur den Eingriff, sondern auch die Visual Effects, mit denen er umgesetzt wurde. Wiederum: Das kann nicht ihr Ernst sein!

Ich weiß auch nicht, wer den Figuren solche Dialoge in den Mund legt. Ich meine, wer redet so? Muss man es laut sagen, dass man in den Eingeweiden eines vielzahnigen Riesenwattwurms - Überraschung - nichts sehen kann? "Warum ist die Lampe nicht längst an, Du Trottel?", denkt man - und ist erleichtert, dass Boba prompt Folge leistet. Das ist Show AND Tell, sozusagen, ein Film-Drehbuch wie von einem Hörspielautor. Man kommt sich verschaukelt und nicht für voll genommen vor, wenn Captain Obvious und sein Lieutenant Crystal Clear uns die Welt erzählen, als wüssten sie, dass wir längst aufs Handy schauen, um etwas Interessanteres zu machen. Mails zu löschen vielleicht. So etwas macht die Serie öfter. Wer erinnert sich nicht gern an den sichtbar leeren Rancor-Käfig, der eindeutig leer war, weil kein Rancor darin wohnte, denn den gab es nicht mehr, weshalb der Käfig leer war? (Er ist leer!)

Ein bisschen wie der Weg zu einer GTA-Mission. Wir schauen Boba viel bei seinen Wegen zu - trotzdem kommt kein Gefühl für Abenteuer auf.

Vor allem wird mal wieder klar, dass die sich stark auf Rückblenden stützende Struktur ein gewichtiges Problem ist. Das gesamte Handlungskonstrukt steht einfach auf klapprigen Beinen, weil wir weiter in der Vergangenheit von Leuten herumlaufen, von denen wir längst wissen, wo sie ankommen. Dabei besuchen wir wieder und wieder Orte, an denen eigentlich schon alle Interaktions-Hotspots angeklickt waren. Für dieses Wassertreten opfert die Serie gut die Hälfte, oft mehr, von ihrer Vorwärtsbewegung. Manchmal ist das verwirrend, weil man nicht immer sicher ist, wo und wie Boba gerade emotional dasteht. Meistens ist es einfach nur langweilig. Immerhin verstehen wir am Schluss von Episode vier wenigstens, was sein Plan ist. Hat ja nur zwei Drittel der Staffel gedauert.

Keine Ahnung, wie sie das noch rumreißen sollen. Im Grunde ist es indiskutabel, was hier passiert, auch wenn es technisch gesehen oft genug eine gut gemachte Serie ist. Was zündet, sind ein paar der Action-Szenen, der Panoramen und natürlich die Sachen, die von meiner Nostalgie zehren (was ich der Serie mittlerweile übelnehme). Ansonsten? Kalte Schulter, bedeutungsarmes Effektfernsehen, dem nicht einmal das Herz am rechten Fleck sitzt. Schade, dass es nicht schon vorbei ist.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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