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Dragon Quest: Die Hand der Himmelsbraut

Heldensonate

Jeder kennt das ständige Zücken von Vergleichen im Medienjournalismus, sei es zur Belustigung der Leser oder zur akkuraten Beschreibung eines Sachverhalts. Da ist ein Protagonist auch mal so süß wie ein geföhnter Goldhamster, ein Szenario so exotisch wie eine Haxe auf dem Oktoberfest und eine Geschichte so interessant wie eine Scheibe Mehrkornbrot ohne Butter. Und auch, wenn dieses Stilmittel oft etwas überstrapaziert wird, kommt man um seinen Gebrauch manchmal einfach nicht herum. Dann schwirrt eine Analogie gleich einer Stubenfliege um den dampfenden Redakteurskopf, lässt sich alle paar Sekunden nieder und ist beim besten Willen nicht abzuschütteln. So auch beim RPG-Remake Dragon Quest: Die Hand der Himmelsbraut für Nintendo DS.

Man kann sich noch so bemühen, irgendwie kommt man beim Spielen des fünften Teils des kultigen Rollenspielreihe immer wieder auf den gleichen Gedanken: “...wie bei einer Fernsehserie”. Nein, hier schallt kein gekünsteltes Gelächter aus dem Off und es treten auch keine sonnenbebrillten Profiler mit albernen Vornamen auf. Aber die sonstigen Parallelen sind, abgesehen von den immer gleichen Themen und Jingles, nicht zu verachten. Besonders hervorzuheben ist da der episodenartige Aufbau des kompletten Spielgeschehens.

Ständig müsst Ihr die gleichen Vorgehensweisen abspulen, um das Abenteuer Eures Helden voranzutreiben. In einer Stadt redet Ihr mit den dortigen Menschen, erhaltet dadurch Hinweise zum nächsten Auftrag, dreht dann etliche Runden in der Wildnis, um Euch ein paar Stufen und Gold für bessere Ausrüstung in soliden, rundenbasierten Gefechten zu ermetzeln und räumt anschließend skrupellos den örtlichen Dungeon aus. Danach geht es in den nächsten oder einen bereits zuvor besuchten Ort und die Prozedur startet wieder von vorne.

Einfach schnuckelig, diese 2D/3D-Hybridoptik.

Die Story entwickelt sich dabei ebenso häppchenweise. Egal, ob Ihr ein Dorf von einer plündernden Bestie erlöst oder einen verschollenen Prinzen rettet, jeder Auftrag wirkt wie eine mehr und öfters auch mal weniger mit einer Gesamthandlung verwobene Nebengeschichte. Das macht die standardisierte Auserwählter-gegen-Oberböser-Story nicht unbedingt interessanter. Ein durchaus netter Ansatz ist hingegen, dass man den Protagonisten mit seinem hübschen Turban in drei Abschnitten (sozusagen den Staffeln der Vergleichsserie) durch sein komplettes Leben begleitet.

Und hier kommt ein Punkt ins Spiel, der Dragon Quest V deutlich aus dem undankbaren Mittelfeld abheben lässt. Denn die gestufte Entwicklung ist wirklich hübsch und authentisch in Story und Gespräche integriert. Als kleiner Rabauke behandelt man Euch noch bevormundend, wenn Ihr Euch auf ein kleines Abenteuer begeben habt. Als junger Mann staunt man hingegen nicht schlecht über Eure prächtige Entwicklung. Tatsächlich steht im letzten Spielabschnitt sogar die Hochzeit des wackeren Helden an. Dieses Konzept eines fortschreitenden Lebens verpasst dem Abenteuer somit mehr Flair, als man angesichts der recht lahmen Rahmenhandlung eigentlich vermuten würde.

Dem ist auch das etwas unkonventionelle Konzept der Abenteurergruppe dienlich. Statt Euch ständig mit strahlenden Rittern, schnippischen Magierinnen oder sonstigen Recken zu umgeben, lasst Ihr nämlich häufig lieber gezähmte Monster an Eurer Seite kämpfen. Die verschiedensten Kreaturen wollen im Laufe des Spiels schließlich für Eure Sache kämpfen und können dann ganz im klassischen RPG-Stil gelevelt und ausgerüstet werden.

Das witzige Monsterdesign versüßt so manchen ungewollten Kampf.

Dadurch wird die Party nicht nur einzigartig, es kommt auch ein Hauch von Pokémon-Sammelfieber auf. Im Vergleich zum direkten Remake-Vorgänger wurde sogar minimal am eher mageren Komfort gearbeitet. Die Neuerung: Das Spiel lässt sich nun auf der Weltkarte temporär abspeichern. Eine dauerhafte Sicherung des Spielstandes ist aber weiterhin nur in den städtischen Kirchen möglich. Ansonsten sind die Menüs genauso umständlich und die Speicherprozedur genauso langwierig wie bisher.

Doch keine der vorhandenen Macken, sei es das repetitive Vorgehen, die prinzipiell simple Storyline oder der etwas dürftige Komfort, hält Euch nach einem Päuschen davon ab, wieder in die Welt von Dragon Quest zurückzukehren und viele, viele Stunden dort zu verbringen. Es ist eben wie bei einer Fernsehserie. Selbst, wenn Euch mal eine Folge nicht gefallen sollte, schaltet Ihr beim nächsten Mal trotzdem ohne zu zögern wieder ein. Das liegt vornehmlich an den kleinen Feinheiten, die den Titel aus dem Pulk der zahlreichen gewöhnlichen DS-RPGs hervorstehen lassen. Man spürt einfach, dass man es hier mit einem Klassiker zu tun hat. Aber Retro, Kult und hübsche Überarbeitung hin oder her, nach heutigem Verständnis ist Dragon Quest: Die Hand der Himmelsbraut lediglich ein gutes Rollenspiel.

Das Leben eines Helden dürft Ihr ab dem 20. Februar nachempfinden.

7 / 10

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Über den Autor

Steffen Salomon

Contributor

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