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Erwartet keine Wunder von der Mass Effect: Legendary Edition - aber ein schönes Upgrade!

Modernisiert für das Jahr 2021.

Ihr wisst ja wie das läuft, wenn ihr euch Gedanken über alte Spiele macht. Ihr habt zum Beispiel noch die Erinnerung daran im Kopf, wie das erste Tomb Raider der heiße Scheiß war, als ihr es damals spieltet. Und wenn ihr es mit den heutigen, von moderner Technik verwöhnten Augen seht... nun ja, dann folgt ein wenig Ernüchterung. Zugegeben, bei Mass Effect 1 ist das nicht ganz so krass, es ist ja nicht so alt wie Lara Crofts erstes Abenteuer.

Trotz allem führte mir die Online-Präsentation zur Legendary Edition der Mass-Effect-Trilogie von letzter Woche erneut diesen Effekt vor Augen. Dachte ich mir beim allerersten Bild aus der Legendary Edition noch ganz nüchtern, "sieht halt wie Mass Effect 1 aus", zeigte mir das anschließend eingeblendete Bild aus dem Original, dass sich da weit mehr tat, als ich auf den ersten Blick annahm. Und das betrifft nicht allein die schärferen Texturen in der Legendary Edition.

Um es gleich vorweg zu sagen. Ausgehend von dem, was BioWare zeigte, vollbringt die Legendary Edition keine Wunder, wenn sie im Mai erscheint. Erwartet hier keinen Wandel wie bei Demon's Souls von der PS3 zur PS5. Am Ende ist es eben doch ein Remaster und kein vollwertiges Remake. Was nicht heißen soll, dass sich wenig tut. Ganz im Gegenteil, durch zahlreiche Veränderungen und Optimierungen ergeben sich je nach Level komplett andere Stimmungsbilder.

Eden Prime erstrahlt im neuen Glanz.

Als Beispiel dafür hielt unter anderem Eden Prime her, wo in Mass Effect 1 damals alles begann. Heute wirkt das karg und, ja, alt. Nicht so in der Legendary Edition. Die Sonne steht höher und sorgt für einen anderen Lichteinfall, wir haben mehr Rauch und Nebel in der Luft, Feuer am Boden, Asche fliegt durch die Luft, es liegen mehr Trümmer herum. Der Level wirkt so deutlich anders, moderner, ohne sich in seinen Grundzügen zu ändern. Und das nicht allein durch die Stimmung, schärfere Texturen und mehr Details verpassen allem ein moderneres Feeling.

Was absolut so beabsichtigt ist. Wie gesagt, es ist ein Remaster und kein Remake: "Als Mass-Effect-Fan und in erster Linie als Environment Artist war ich sehr aufgeregt, als ich hörte, dass wir endlich ein Remaster der Trilogie machen und kein Remake", erzählt Kevin Meek, Environment and Character Director. "Vor allem bei Mass Effect 1 denke ich, dass das zum Teil daran liegt, dass die Level dort in den 13 Jahren, seit ich es zum ersten Mal gespielt habe, wirklich auf eine Art und Weise bei mir hängen geblieben sind, wie es bei vielen anderen Levels und vielen Spielen nicht der Fall war."

"Für mich haben diese Level eine Seele, auf jeden Fall eine besondere Atmosphäre und ein bestimmtes Feeling", fährt er fort. "Ich wusste also, wenn wir den Weg eines Remakes gehen würden, selbst wenn wir uns an die ursprünglichen Baupläne halten und es neu aufbauen, geht meiner Meinung nach was verloren. Es ist dann nicht mehr das exakt gleiche Level oder der exakt gleiche Charakter."

Alt und neu, Teil eins.

Ähnliche Verbesserungen gibt es auf anderen Welten, zum Beispiel zeigen sich auf Ilos mehr Wasserpfützen, mehr Ranken und die Szenen versprühen durch die Beleuchtung und andere Effekte mehr Tiefe. Auf Feros habt ihr mehr Gebäude im Hintergrund, die Sonne steht auch hier anders, es gibt mehr Öl, Rauch, Feuer und Trümmer, die einfach die Szenerie füllen und lebendiger wirken lassen. "Wir können uns heutzutage wirklich viel mehr leisten, mit Rauch, Bodennebel und Feuer, Asche am Himmel und Trümmern auf dem Boden", erläutert er. "Es fühlt sich so an, als würden wir diesen Level so machen, wie wir ihn nach heutigen Maßstäben machen würden."

Das sind zum Teil deutliche Upgrades, die sich mit allen anderen neuen Effekten, schärferen Texturen und dergleichen ergeben und vor allem Mass Effect 1 in die Moderne hieven. Darauf lag zugleich der Fokus dieser Präsentation. Teil eins hat die meiste Arbeit nötig, mit Ausnahme einiger Charaktere gab es zu etwaigen Änderungen bei den Levels in den Teilen zwei und drei bisher nichts zu sehen. Da dort die Hintergründe spürbar besser aussahen als im ersten Teil, solltet ihr dort wohl eher weniger neue Hintergrunddetails erwarten.

Dabei baut die Trilogie weiter auf der ursprünglichen, modifizierten Unreal Engine 3 auf, wie Project Director Mac Walters erklärt: "Wir hatten mit der Trilogie nie die Finger nach der Last-Gen [PS4, Xbox One] ausgestreckt und uns immer auf eine Engine konzentriert. Also nahmen wir das, was wir hatten, und fingen an, uns darin zu vergraben. Es wurde schnell zu dieser Art von archäologischen Ausgrabung, bei der wir sozusagen Dinge ausgruben. Wir scherzten häufig und verglichen es mit der Restaurierung eines schönen, geliebten Autos - wenn dieses Auto in Zement begraben wäre. Und jedes Mal, wenn du versuchst, etwas von dem Zement abzutragen, hast du Angst, den Lack abzuschaben, einen Spiegel abzureißen oder so was."

Der Typ kommt mir suspekt vor.

"Es war, wie gesagt, ein ziemliches Abenteuer", fährt Walters fort. "Um einen Kontext zu schaffen, haben wir früh mit den Leuten von Epic gesprochen und sie gefragt, wie es aussehen würde, wenn wir es in die Unreal Engine 4 bringen würden. Uns wurde dann sehr schnell klar, dass dieser Sprung die Trilogie wirklich grundlegend verändern würde, wie sie sich anfühlt und wie sie sich spielt. Ein super Beispiel ist das visuelle Scripting-System Kismet aus der Unreal Engine 3. Es gibt keine Copy-Paste-Methode, um es in die Unreal Engine 4 zu übertragen, was bedeutet, dass jeder Moment, jede Szene, alles im Wesentlichen von Grund auf neu gemacht werden müsste. Und wir wussten, dass wir an diesem Punkt anfangen würden, die Essenz dessen, was die Trilogie war, zu verändern."

An der Unreal Engine 3 festzuhalten, bedeutet zugleich, dass es zum Beispiel kein Raytracing gibt. Woanders gibt es deutliche Unterschiede. Die maximale Größe der Texturen hat BioWare erhöht, das ursprüngliche Texturmaterial mithilfe eines KI-Programms hochskaliert, insgesamt zehntausende Texturen. Das Studio spricht von Texturverbesserungen bei allen wichtigen Charakteren, was sich nicht allein in den Gesichtern zeigt, natürlich ebenso bei den Uniform- und Rüstungsdetails - die Umgebung bleibt natürlich nicht außen vor. Unterschiede, die vor allem ins Auge fielen und über geschönte Erinnerungen hinwegtäuschten, als ich im Stream die Vorher-Nachher-Bilder sah.

Um ein paar Sachen in den Raum zu werfen... Die Beleuchtung hat BioWare verbessert, die Haare, Shader, Echtzeit-Reflexionen, es gibt Anti-Aliasing, 4K-Assets, Tone Mapping, volumetrischen Nebel, Tiefenschärfe (auch Boketh-Tiefenschärfe), Subsurface Scattering und Ambient Occlusion. All das lässt in Kombination miteinander die Szenen anders, moderner wirken, ohne dass sie dabei ihr ursprüngliches Feeling einbüßen. HDR gibt's ebenso, auf Xbox One X, PS4 Pro und den Next-Gen-Konsolen ist mit 60fps zu rechnen, auf PC geht die Framerate noch höher, Ultrawide-Auflösungen finden Unterstützung und Controller ebenfalls. Zu etwaigen weiteren Optimierungen für Xbox Series X/S und PS5 sagte BioWare nichts.

Alt und neu, Teil zwei.

Und wie gesagt, viele Änderungen beziehen sich vor allem auf Teil eins. Die Rede ist von verbesserter Gegner-KI und Squad-Steuerung, Klassen-basierte Waffen-Einschränkungen hat BioWare entfernt, die Bosskämpfe verbessert und das Interface angepasst, damit es optisch mehr in die Richtung der beiden Nachfolger geht.

"Ich tue mich schwer damit, Mass Effect 1 [das Original] zu spielen, da sind eine Menge Reibungspunkte drin", gibt Walters zu. "Daher wollten wir uns hier mit dem Gameplay und der Grafik befassen. Aber gleichzeitig wollten wir sicherstellen, dass wir, wie ich schon gesagt habe, wirklich allem treu bleiben, woran die Leute sich erinnern würden. Das Nostalgiegefühl des Spiels muss konsistent sein. Es gab also Dinge, die infrage kamen, und Dinge, die nicht infrage kamen."

Ein Alleinstellungsmerkmal der Trilogie war, dass ihr im ersten Teil euren Charakter erstellt habt und diesen bis in den dritten Teil mitnehmen konntet. Das bleibt natürlich so, diesmal gibt's aber einen universellen Charakter-Editor für alle drei Spiele, der zugleich neue Hautfarben und mehr Frisuren spendiert bekommt. Und das mit Mass Effect 3 eingeführte Standardmodell für wie weibliche Shepard lässt sich jetzt ab Teil eins verwenden. Zugleich startet ihr zwar alle Spiele aus einem einzelnen Launcher heraus, verknüpft hat BioWare sie aber nicht miteinander. Heißt: Ihr beendet ein Spiel, dann geht's in den Launcher zurück und ihr startet das nächste.

Wer hat nochmal an den Reapern gezweifelt?

Weiterhin sind die langen Fahrstuhlfahrten Geschichte. Ein Vergleichsvideo vom PC zeigte, wie ihr 14 Sekunden lang im Fahrstuhl unterwegs seid, im Gegensatz zu 52 Sekunden im Original. Und es lässt sich noch mehr beschleunigen, denn es gibt eine optionale Möglichkeit zum Überspringen der restlichen Fahrt, wenn der Ladevorgang abgeschlossen ist. Das Fahrverhalten des MAKO erfährt ebenfalls Optimierungen, wenngleich BioWare hier nicht näher darauf einging. Wir werden sehen, wie es sich dann spielt beziehungsweise fährt.

Als Legendary Edition bringt die Sammlung alle veröffentlichten Zusatzinhalte mit, von Story-DLCs über Waffen bis hin zu Rüstungen - ihr habt wirklich das komplette Paket in euren Händen. Dazu zählt natürlich ebenso der Extended Cut für Teil drei, der somit von Haus aus das Standardende des umstrittenen Trilogie-Finales darstellt.

"Wir wollten so viel von den Inhalten wie möglich als DLC einbinden, damit es sich so anfühlt, als hättest du diese Inhalte heruntergeladen", sagt Walters. "Für die Leute, die den Extended Cut hatten, war das dann ihr Erlebnis, und so wird es dann auch für alle sein, die die Legendary Edition spielen. Wie ich zuvor erwähnt habe, beendest du ein Spiel und es gibt Dinge, die du gerne getan hättest, oder Dinge, die du noch hinzufügen möchtest. Für mich war der Extended Cut wirklich die Gelegenheit für uns, das Ende um ein wenig mehr Kontext zu ergänzen, also ist das für mich Teil des Kanons."

Beim Thema Remastering ist ja immer ein wenig Vorsicht geboten. Es gibt tolle Beispiele für schöne Aufbereitungen von Spielen und bei anderen Neuauflagen legen wir lieber den Mantel des Schweigens darüber. Die Legendary Edition von Mass Effect scheint nach dem ersten Eindruck ein gutes Beispiel für ein Remaster zu werden. Die gezeigten Optimierungen und Verbesserungen an Teil eins lassen das Spiel auf jeden Fall moderner wirken, ohne dass es sein ursprüngliches Feeling einbüßt. Neue Effekte, schärfere Texturen und Gameplay-Optimierungen tun ihr übriges. Gerne hätte ich mehr ober überhaupt Eindrücke der beiden Nachfolger bekommen, um zu sehen, was beziehungsweise wie viel sich dort tut. Am Ende ist es wahrscheinlich weniger als bei Teil eins, aber allein für diesen dürfte es sich lohnen, es noch einmal mit den Reapern aufzunehmen.

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