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Fable 2

You never walk alone

Und die Dramaturgie setzt diesmal wieder ohne Umschweife ein. Veteranen wird der Ort Bowerstone sofort ein Begriff sein, erneut finden sie sich zum Start des Spiels in einer malerischen Fantasywelt wieder, die nicht einmal die verklärtesten Romantiker so skizziert hätten. Die Idylle währt nicht lang, Ihr macht einen verhängnisvollen Kauf bei einem geheimnisvollen Krämerladen, die Ereignisse überschlagen sich und schon nach der ersten Viertelstunde habt Ihr gute und handfeste Gründe, Eure Queste zu starten.

Welchen Weg Ihr dafür bestreiten müsst, lässt Euch das Spiel zwar weitestgehend offen, es hat aber auch eine recht genaue Vorstellung, welcher der beste für den Moment wäre. Und, sofern Ihr das Feature nicht einschränkt oder ganz ausschaltet, zeigt es Euch den Weg mittels einer Spur aus sprichwörtlichen Brotkrumen entlang der Straßen, der Ihr dann nur noch folgen müsst. Bringt dies eine freie Spielwelt in enge Bahnen und tötet es den Sinn der Spieler für Erkundungen? Eine solche Überlegung war es sicher, die den Hund Gestalt annehmen ließ. Er ist ein Gegengewicht zu den Brotkrumenpfaden der direkten Zielstrebigkeit.

Euer treuer Begleiter wird Euch immer mal wieder vom geraden Pfad herunter holen, wenn Ihr es möchtet und zulasst, und Ihr werdet weit mehr erleben, als „nur“ den Hauptplot, dessen Weg Euch so klar vorgezeichnet wird. Dass zwei so widersprüchliche Features im Spiel auftauchen, scheint zunächst erstaunlich, zeigt aber gut den Anspruch, den sich Molyneux und Lionhead mit Fable 2 setzen: Einfach, wenn Ihr es möchtet. Mit viel Tiefe, wenn Ihr es wagt.

Kaum etwas reflektiert das besser als der Kampf. „One-Button-Fighting“. Das klingt erst mal billig, öde und in keiner Weise nach einem Feature, das irgendein Designer anstreben sollte. Bis man es spielt. Sollten Euch Kombos, komplexe Manöver und die Verbindung von Nah und Fernkampf nicht liegen: Fein, dort ist der eine Button für das Schwert, da der für Schusswaffen, ein weiterer für die Magie.

Gut... Böse... Ich bin der Kerl mit dem Schwert!

Bearbeitet einen Eurer Wahl, wie Ihr lustig seid. Es wird Euch durch das Spiel bringen, ohne dass Lionhead Eure fehlende Lust auf tiefgängigen Kampfkonzepte bestrafen würde. Es gibt ja auch schließlich noch so viel mehr in Fable 2 zu entdecken, als nur einen guten Schwerthieb.

Habt Ihr aber dagegen Interesse an allen Möglichkeiten, einen Ghoul zurück in die Erde zu befördern, dann werdet Ihr feststellen, dass Euch eine Vielzahl an Kombinationen geboten wird. Die Wirkung der Waffe lässt sich durch die Art, wie lange Ihr den Knopf drückt oder ob Ihr dazu noch den Stick bewegt, beeinflussen. Zahlreiche Schlagvarianten eröffnen sich Euch plötzlich, die zwar nicht zwangsweise „besser“ sind, Euch aber eine größere Bandbreite taktischer Möglichkeiten offerieren. Und die Variante, die eigenen Schläge im Rhythmus der Musik zu timen, um ein wenig Extraschaden herauszukitzeln, schreit ja geradezu das Schlagwort „cineastische Erfahrung“ heraus, ohne Euch das Heft des Spiel aus der Hand zu nehmen.

Genau wie die eigentlich komplexen CoOp-Varianten, die so unglaublich simpel eingebunden wurden, zeichnet es auch den Kampf aus, dass er Euch alle Möglichkeiten ohne großes Nachdenken anbietet. Der Wechsel von Nah zu Fern, zu Magie geriet so einfach, dass Ihr innerhalb von Minuten bereits einer großen Gruppe von Gegnern mit einem Lächeln gegenübertretet. So zumindest ging es uns in den Sümpfen, in die uns Molyneux schickte so: Schnell mit ein paar Hieben die ersten Ghoule ausgerottet, sofort und ohne Menü-Umwege mit den Schusswaffe nachgesetzt und das Ganze mit einem Zauberspruch beendet. Der Kampf von Fable 2 fühlt sich einfach richtig an.

Nein, das ist nicht Final Fantasy. Es geht nicht um Kinder. Nur um die, die Ihr selber in die Welt setzt.

Achtet nur darauf, dass Ihr auch immer die bekämpft, die es der Natur Eures Charakters nach auch verdient haben. Das schon im ersten Teil sehr präsente Moralsystem erfuhr hier einen deutlichen Schub. Jede Kleinigkeit, nicht nur die großen Entscheidungen, beeinflussen auf Dauer Eure Reputation, Eure Reise und natürlich auch Euer Äußeres. Und zwar noch sehr viel dauerhafter und nachhaltiger.

Ein Satz, der sich auf das ganze Spiel beziehen lässt. Während Fable noch daran krankte, dass es mit einer Menge unverwirklichtem Potential aufwartete, löst der Nachfolger scheinbar endlich dessen Versprechen ein. Der erste nebulöse Eindruck eines etwas unstrukturiertem Haufens genialer, aber nicht verknüpfter Designideen lichtet sich und was zum Vorschein kommt, könnte das Spiel werden, was uns mit Fable versprochen wurde.

Nur noch viel größer, besser und schöner, einfacher, tiefgehender, komplexer, zugänglicher, schlank und doch episch... Molyneux hat den Anspruch, alle diese Widersprüchlichkeiten zu einem großen, stimmigen Werk zu verbinden, das Eure wertvolle Zeit wert ist und sie mit einer großen Erfahrung entlohnt. Von dem, was wir sehen konnten, ist er und Lionhead auf dem besten Weg, diese hohen Ziele zu verwirklichen.

Fable 2 soll im Oktober diesen Jahres im Handel stehen. Ein Versprechen in dieser Richtung machte Molyneux während der E3 Microsoft-Pressekonferenz.

In diesem artikel

Fable II

Xbox 360

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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