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Final Fantasy XIII

Der Kampf ist das Spiel

Eines muss man den Entwicklern von Final Fantasy XIII wirklich lassen. Sie wollten nicht, dass man es in eine bestimmte Klischee-Genre-Ecke presst, und ehrlich gesagt habe ich auch keine einzige gefunden, in die es passen würde. Es ist kein RPG. Es gibt verschiedene Definitionen dessen, was ein Computerrollenspiel jetzt so genau ist, aber zumindest ein Schwung Rätsel, von kinderleicht bis "ich brauche einen Doktortitel"-schwer, gehört doch zu den Grundmerkmalen. So etwas kennt FF XIII nicht, das Hirn bleibt ausgeschaltet. Es ist auch kein Adventure, denn diese verlangen, die Örtlichkeiten nach versteckten Objekten zu durchforsten. FF XIII zeigt, was Sache ist und verzichtet im Großen und Ganzen auf Heimlichkeiten. Dann hätten wir da noch Taktik oder Action, aber in beides will der Kampf nicht so richtig reinpassen. Dieses Spiel transzendiert die Regeln.

Jetzt müsste eigentlich der Punkt kommen, an dem ich dazu applaudiere, die Entwicklung des Designs weg von langweiligen Konventionen lobe und die Hoffnung ausspreche, dass mehr Spiele so viel Mut zu unbekannten Lücken zeigen.

Ich kann´s mir diesmal grad so verkneifen.

Dass Final Fantasy sich von Zeit zu Zeit neu erfindet, ist nicht lobenswert, es ist der einzige Grund, dass dieser Serie heutzutage überhaupt so viel Liebe und Zuneigung entgegengebracht wird. Es gibt einen grundsätzlichen Kern, den alle bisherigen Final Fantasys teilten, mal mehr, mal weniger. Sie gaben uns alle ein mit viel Detailobsession entworfen Welt und ließen sie uns erkunden. Es ist dabei völlig klar, dass der rote Faden der Handlung sich linear durch diese Welt zog, aber diese Games waren Meister darin, das zu verschleiern und die Illusion von Freiheit zu erzeugen, wo es eigentlich nicht viel davon gab.

Lightning und Snow. In der Welt von FF sind alle die Kinder von Hollywoodstars.

Die Oberwelten waren erst ganz zum Schluss wirklich frei zu erkunden, wenn man eh schon alles kannte. In normalen Momenten gab es da zwei, maximal drei Örtchen, die sich überhaupt besuchen ließen und nur in einem davon fand sich der Schlüssel zum Storyfortgang. Überall standen Leutchen rum, die einen, bestenfalls zwei Sätze kannten, und diese auch, wie gehorsame Papageien, beliebig oft aufsagten, ohne den Spielerfiguren irgendwann eine zu zimmern und entnervt nach Hause zu gehen.

An goldenen Tagen gab es mal hier und da sogar kleine Nebenplots zu finden. Man saugte halt die Atmosphäre der Landschaft auf, konnte sich mit so einfachen Mitteln hineinversetzen und war trotzdem selten allein im Wald, ohne zu wissen, wo es jetzt hingeht. Das sind keine innovativen Meisterleistungen des Spieldesigns, oder zumindest sind sie es nicht mehr, seit die 80er beendet wurden. Aber sie funktionieren. Und so lobenswert es auch ist, endlich mal ein wenig anders an das Konzept heranzugehen: Einfach alles wegzustreichen kann auch keine Lösung sein. Final Fantasy XIII geht nicht zurück zu den Wurzeln der Serie, es passierte diese lediglich kurz im Vorbeigraben und befindet sich irgendwo im Limbo kurz vor dem Erdmittelpunkt.

Was euch die ersten 25 Stunden - keine Übertreibung sondern ein Mittelwert - in Final Fantasy XIII erwartet, ist ein Schlauch. Kampf, Film, Korridor, Kampf, Kampf, Film - wiederholen. Wie in einem sehr gradlinigem Shooter dürft ihr euch links und rechts die Wände des goldenen Käfigs angucken, aber es geht nur vor und zurück. Der Weg gabelt sich nie wirklich, das Höchste der Gefühle ist ein kurzer Seitengang, nur wenige Meter lang, an dessen Ende eine optionale Schatzkugel schlummert, oder über den ihr ein paar Feinden bei Bedarf ausweichen könnt. Es ist eine ganze Welt als Autobahn ohne Abfahrten. Keine Oberwelt, keine Minispiele, keine NPCs, die reden.

Großartig designte Städte? Check. Shops, Inns und redefreudige Bewohner? Nope.

Nach etwa 18 (!) Stunden kommt ihr in einen kleinen Vergnügungspark mit Chocobos und müsst einen Mini-Chocobo fünf Mal finden. Es wird gezeigt, wo er hinfliegt, ihr lauft ein paar Meter dahin und dann wiederholt sich dieses sehr kurze und außerhalb der Niedlichkeit der Situation belanglose Spielchen. Dass ich es überhaupt erwähne, liegt nur daran, dass es nach 18 (!!) Stunden die erste Abweichung überhaupt in dem Konzept des gradlinigen Vorwärtskommens war, schon beinahe ein Rätsel im Vergleich zu allem, was sich davor ereignete.

Eine zweiminütige Minisequenz mit einem Mech, die einzige ihrer Art in dem Zeitraum, zählt nicht, da es auch nur vorwärtsging und sie so kurz war, dass sich sie fast vergessen hatte. Dann endlich, für die zweite Hälfte des Spiels, nach einer Ewigkeit in der Gefangenschaft, begrüßt man eine Lockerung in dem System und es fühlt sich wie das die personifizierte Freiheit an. Effektiv kommt ihr nach der starren Wanderschaft in ein ganz anderes Gebiet, immer noch nicht in eine richtig offene Welt im Sinne der schon relativ verschlossenen früheren Final Fantasys, aber zumindest dürft ihr euch selber die nächsten Missionen herauspicken und ein paar optionale erledigen. Selbst wenn das immer noch nichts anders ist, als eine spielerische Einbahnstraße mit Monstern drin - und das ist es -, dann ist es doch meine Einbahnstraße. Ich habe sie auf einer Karte gewählt, ich hätte auch eine andere nehmen können. Es ist eine Illusion der Freiheit, aber es ist besser als Gefangenschaft ohne Illusionen.

Vergleichen lässt sich das Ganze in der zweiten Hälfte mit einer endlosen Repetition der Kopfgeldquesten aus FF XII. Hinrennen, killen, fertig. Da gibt es keine Städte auf der Karte. Nichts zu finden, keine Schatzkisten, keine Inns, keine Leute, mit denen man sich austauschen kann. Nur Monster. Catch´em´All, Kill´em´All. Genauso wie Japaner das scheinbar mögen. Dazu gehört auch das Grinden, das plötzlich nicht mehr optional ist, um die Story zu beenden. Die erste Hälfte kommt ihr zügig durch, einige der Kämpfe sind tough, aber alle sind ohne endloses Grind-Killen zu bewältigen. Jetzt kreist ihr plötzlich wie die Geier um Respawn-Punkte, lauernd auf Beute.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Final Fantasy XIII

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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