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Gran Turismo 5

Kann so viel Perfektion gesund sein?

Es fühlt sich irgendwie unwirklich an. Ich gebe zu, auf der letzten Messe im vergangenen Jahr hätte ich mir Gran Turismo 5 fast nicht einmal angeschaut. Headtracking hin oder her, was soll ich mich daran erfreuen, wenn ich doch weiß, dass es eh nie erscheinen wird. Dachte ich mir so und jetzt gibt es einen Releasetermin. November in den USA, kurz danach sicher auch bei uns. Mit ein bisschen Glück vor Weihnachten. Gut, es ist nicht das erste Spiel, das ein paar Jahre länger brauchte, aber zumindest wird es wohl eines der wenigen, bei denen sich das Warten gelohnt hat. Und bei dem man auch sieht, warum mehr als ein Snickers nötig war, um die Wartezeit zu überbrücken.

Man sieht es sprichwörtlich. In jedem Detail. In jedem einzelnen Pixel. In jeder einzelnen Naht, die das Sitzleder zusammenhält. Es ist milde verstörend, diesen Grad von Details in simulierten Fahrzeugen zu sehen. Man fragt sich schon, was das jetzt alles soll, ob das wirklich nötig war. Man spielt das Spiel, man rast mit halsbrecherischem Tempo über die Kurse, man setzt sich nicht hin und bewundert diese aberwitzigen, unrealen, perfektionistischen Feinheiten in einem Cockpit, das man nach dem Start des Rennens kaum noch wahrnimmt.

Wer so denkt, wird sich in einem Gespräch mit Yamauchi langweilen. Dieser Mann lebt und liebt Autos. Er liebt Autos sehr, wahrscheinlich mehr als es für einen erwachsenen Menschen gesund sein kann. Seine Liebe geht so weit, dass man annehmen muss, sein Herz würde zerreißen, wenn nicht jedes einzelne von Werk gelieferte Staubkorn des Wagens auch in seinem Spiel, seinem größten Werk, seinem Schatz (sprecht es wie Gollum) verewigt worden wäre. Und wahrscheinlich hätte er noch mal fünf Jahre weitermachen können. Es sind nämlich nur 200 der über 1.000 Wagen wirklich zu seiner Zufriedenheit umgesetzt.

Gran Turismo - E3-Trailer

Diese 200 haben es aber wirklich in sich. Im Spiel heißen sie die Premium-Fahrzeuge und ich nehme an, dass man sich einfach die Baupläne der Hersteller holte, alle Teile 1:1 in Polygonmodelle umsetzte und sie danach in einem virtuellen Autowerk zusammensetzen ließ. Wenn ich das nächste Mal das Meilenwerk in Berlin besuche und an den Sportwagen vorbeigehe, werde ich mich fragen, wie es sein kann, dass die Fahrzeuge in Gran Turismo viel realer aussehen. Ok, das ist leicht übertrieben, aber trotzdem: Dieser Grad der Feinheit bei 3D-Modellen ist bisher unerreicht, unheimlich und schlicht wunderschön.

Das heißt jetzt nicht, dass die 800 restlichen – so ziemlich alles, was jemals in Gran Turismo unterwegs war, sei es PS1, PS2 oder PSP – hässlich wären. Sie haben nur keine individuellen Cockpits und liegen, was die Außenmodelle angeht, auf sehr hohem, aber immer noch normal vorstellbarem Niveau. Es sind halt 800, in Worten: Achthundert(!), Autos und diese ebenso zu modellieren wie die anderen Premium-Varianten hätte wahrscheinlich wirklich bis zur PS4 gedauert.

Eine besondere Gattung innerhalb der Premiums sind die neun offiziellen, nach allen Kleinigkeiten umgesetzten NASCAR-Wagen, die ihr sogar nach den richtigen NASCAR-Regeln durch die Kurse peitschen könnt. Es scheint im Rahmen des sonst eher relaxten Feels von Gran Turismo ein Kuriosum zu sein, aber es zeigt halt, dass Yamauchi alle Autos ohne Rücksicht auf Herkunft oder Bestimmung liebt. Und diesmal endlich bereit ist, sie zumindest ein klein wenig zu ramponieren. Wir wissen ja inzwischen, dass kein Hersteller einen komplett zerflederten Innenraum mit brennenden Fahrern drin sehen möchte, also gibt es wieder Ecken, Dellen und Verformungen, wie man sie auch aus anderen Racern kennt.

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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