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Chris Avellone: 'Grafik ist nicht so wichtig'

Interview zu Neverwinter Nights 2

Knights of the Old Republic 2,Planescape: Torment, Baldur's Gate: Dark Alliance, Icewind Dale 1 & 2, Champions of Norrath, Fallout 2 - die Liste der Spiele, in der Chris Avellone als Lead-Designer, regulärer Designer oder unterstützend im Bereich Story und Dialog tätig war, lässt sich noch um etliche Titel aufstocken. Selbst das ein oder andere Comic (u.a. in Star Wars Tales, Clone Wars Adventures) stammt aus seiner Feder. Kürzlich besuchte uns der sympathische Amerikaner in der Redaktion und präsentierte seine neuestes Rollenspiel Neverwinter Nights 2 und das damit verbundene Toolset. Im anschließenden Interview sprach er über den Stellenwert der Grafik, den geplanten Support und die Wünsche der eingefleischten D&D-Spieler.

Eurogamer: Neverwinter Nights 2 erinnert sehr stark an Baldur's Gate 2 und Knights of the Old Republic - besonders hinsichtlich der Interaktion der Gruppenmitglieder und NPC's. Habt Ihr Euch von diesen Titeln inspirieren lassen?

Chris Avellone: Absolut. Etliche der cinematischen Unterhaltungen im Spiel, sowie die Interaktion der Gefolgsleute und das Beeinflussungssystem wurden von den beiden genannten Titeln inspiriert. Darüber hinaus hatten viele von uns hier bei Obsidian gerade die Arbeit an Star Wars: Knights of the Old Republic II beendet, so dass der Titel und die Gameplay-Mechaniken noch sehr frisch in den Köpfen waren.

Eurogamer: Im Vorgänger lag der Fokus sehr stark auf dem Charakter des Spielers und seiner bzw. ihrer Geschichte. Mit Neverwinter Nights 2 spielt die gesamte Gruppe eine wichtige Rolle und es scheint so, als treten die Mitstreiter fast ebenso deutlich in den Vordergrund wie der Hauptcharakter. Warum die Änderung?

Chris Avellone: Ich denke, am besten lässt es sich so beschreiben: Der Spieler und sein Charakter bleiben weiterhin der Mittelpunkt und die Mitstreiter bringen meistens „das Feuer erst richtig zum lodern“. Indem die Gefolgsleute wesentlich präsenter in der Geschichte von Neverwinter Nights 2 auftreten (und sich sicherlich auch mehr durch ihre Reaktionen und Meinungen einmischen), nutzen wir diese Tatsache, um der Figur des Spielers und seiner/ihrer Zerrissenheit mehr Stärke zu verleihen. Je stärker die Persönlichkeiten und Reaktionen der Party-Mitglieder ausgearbeitet werden, desto stärker ist auch der Einfluss, den der Spieles auf seine Welt ausüben kann.

Eurogamer: Neverwinter Nights 2 spielt sich um einiges herausfordernder als der Vorgänger. Empfanden die Hardcore-Spieler den ersten Teil als zu einfach oder gab es andere Gründe?

Chris Avellone: Es hängt zum größten Teil mit einigen Entscheidungen zusammen, die wir im Design trafen - das Spiel erlaubt die direkte Kontrolle der Mitstreiter für mehr taktische Kämpfe, und die überarbeitete Todes-Mechanik beeinflusst zudem die Balance. Man kann schon sagen, dass es herausfordernder ist als der erste Teil. Aber wir haben den Spielern alle nötigen Hilfsmittel gegeben, um das Spiel zu bezwingen.

Eurogamer: Ihr habt der Charakter-Modifikation mehr Bedeutung verliehen – speziell in der Charakter-Erstellung. Denkst Du, dass sich der Spieler durch zu viele Freiheiten überfordernd fühlen könnte?

Chris Avellone: Die Gefahr bestand und war uns natürlich bewusst. Deshalb integrierten wir Shortcut-Optionen in der Charaktererstellung für jene, die sich im 3.5 D&D-Regelwerk nicht so gut auskennen. Wir wollten allerdings auch sicher stellen, dass wir so viele Einstellungsoptionen wie möglich für die Hardcore D&D-Spieler bieten. Gerade weil viele unserer Fans dieses System leidenschaftlich lieben und oftmals den Wunsch hegen, eine Figur zu erstellen, die sie in der Pen & Paper-Version spielten.

Eurogamer: Der Burgbau später im Spiel bezieht sich ausschließlich auf zwei Charaktere, denen man Geld und Befehle erteilt – ähnlich dem Stronghold-Part in Baldur's Gate 2. Warum wurde dieser Abschnitt nicht weiter ausgebaut?

Chris Avellone: Unsere Angst war, dass es dadurch schon fast zu einem Strategie-Spiel wird. Die Interaktion mit den Lieutenants in NWN2 gab uns die Chance, einen realistischeren Rollenspiel-Mechanismus für den Stronghold-Part zu kreieren.

Eurogamer: Entsprechend der Vorgehensweise und dem Verhalten der Charaktere lassen sich die Aufgaben und Probleme auf verschiedene Art meistern. Was passiert, wenn meine Figur durch und durch böse agiert? Wird das Spiel schwieriger? Ist mir der Zutritt in eine Stadt verwehrt und ich erhalte bestimmte Quests nicht?

Chris Avellone: Wenn Du als Figur mit bösen Ambitionen handelst, dann sollte auch das Spiel darauf ausgelegt sein, ohne dich im geringsten dafür zu bestrafen. Tatsächlich könnte es sogar sein, dass du verschiedene Vorteile erlangst, die gute Charaktere im Storyverlauf nicht erhalten. In Bezug auf die Quests und den Zugang zu Gebieten bekommst du andersartige Aufgaben. Aber diese machen natürlich genau so viel Spaß wie die der „Guten“, sie sind nur mehr auf deine Spielausrichtung ausgelegt.

Eurogamer: Die Grafik in Neverwinter Nights 2 sieht – ehrlich gesagt – irgendwie genauso aus, wie im Vorgänger – abgesehen von den Charaktermodellen und den detaillierten Objekten in den Häusern. Hast Du keine Angst, die Spieler könnten über diesen Umstand enttäuscht sein?

Chris Avellone: Ich denke, die Außenbereiche der Spielwelt allein unterliefen im Vergleich zum Vorgänger einer deutlichen Verbesserung. So auch die Lichteffekte und die Texturen. Ich glaube nicht, dass die Spieler enttäuscht sein werden. Wobei in Neverwinter Nights 2 die Grafik an sich nicht so wichtig ist und mehr Gewichtung auf der Story liegt.

Eurogamer: Das integrierte Tool-Set ist wesentlich komplexer als zuvor. Weshalb der Wechsel zu einem Strategiespiel-typischen Editor? Ist es für die Modder jetzt nicht umso schwieriger, ihre Module zu entwerfen?

Chris Avellone: Die Strategiespiel-artigen Optionen wurden entworfen, um die neuen formbaren Terrain-Features zu komplettieren – die Möglichkeit das Gebiet zu heben und zu senken. Ich denke, das neue Tool-Set bietet eine Menge mehr Gestaltungsoptionen für die Modder. Und ich glaube zudem, dass es sich in langer Sicht hinsichtlich der Qualität und der Leistung der Online-Module auszahlt.

Eurogamer: Der erste Patch für das Spiel steht bereits zum Download bereit. Ist es heutzutage schwerer alle Bugs vor dem Veröffentlichungstermin auszumerzen? Und wie lange plant Ihr, das Spiel zu unterstützen?

Chris Avellone: Patchen ist immer ein ständiger Prozess und wir wollen Neverwinter Nights 2 nach dem Release so stark unterstützen, wie wir nur können. Es gibt Probleme, auf die zehntausende von Spielern stoßen könnten, die unserem Test-Team nicht widerfahren sind – schon allein wegen der schieren Anzahl an Spielern, die jeden Stein zweimal umdrehen. Wenn solche Probleme auftreten, versuchen wir diese so schnell wie möglich zu lösen. Allerdings richten sich unsere NWN2-Patches nicht nur auf die Fehlerbeseitigung, sondern sollen dem Endkunden auch neue Funktionsvielfalt bieten.

Eurogamer: Vielen Dank für das Gespräch.

In unserem ausführlichen Testbericht lest Ihr, warum Neverwinter Nights 2 ein Fest für Rollenspiel-Fans ist.

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