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Sandkasten mal anders

Ok, jetzt seid Ihr gefragt: Was ist das erste Spiel, das Euch zu folgendem Begriff einfällt: „Sandbox-Gaming“?

Korrekt, Grand Theft Auto – das war einfach. Schließlich hat Rockstars Syndikat drastischer Gangsterballaden den Begriff entschieden geprägt. Trotzdem ist es ein bisschen befremdlich, dass so viele Leute – mich eingeschlossen – zuerst an Zerstörungsorgien der Marke GTA oder Mercenaries denken, bevor Ihnen auch nur Black & White oder sogar Die Sims in den Sinn kommen. War es damals wirklich so hart? Unten bei uns im Sandkasten?

Ganz wertfrei betrachtet ist Sandox-Gaming das Synonym für Spiele und Simulationen, in denen der User durch hohen Interaktionsgrad Flussrichtung und -Geschwindigkeit seiner Spielsphäre selbst bestimmen darf – und soll. Man tut, was man will und wie man es will, ganz wie damals im Sandkasten. Wenn man nun einem großflächig und frei angelegtem Krimi-Epos wie GTA den Sandkasten-Stempel aufdrückt, so liegt man damit natürlich vollkommen richtig, vergisst aber eine maßgebliche Sache: im Sandkasten ging es doch vor allem darum, seinen Spieltrieb auf kreative Weise auszutoben, Schöpfer und Erbauer ganzer Burgen/Parkanlagen/Autobahnen zu sein und hinterher von Mutter ein anerkennendes „Hast du toll gemacht“ zu ernten. Positive Energien eben. Zumindest hauptsächlich.

Schaute das Muttertier dann weg, konnte man ja immer noch die Lupe rausholen, um grünen Plastiksoldaten in der Mittagssonne die Beine abzukokeln, aber meistens stand doch der schöpferische Prozess im Vordergrund. Wie bitte? Ach so, Ihr meint die Naturkatastrophe von nebenan. Die, die mit ihren dicken Rotzlianen an den Nüstern und dem clownartigen Schmutzrand um den Mund herum immer wie Godzilla über Eure, mit spitzen Fingern errichtete Tokio-Skyline aus feinstem Kies hereinbrach. Ja, solche Kinder gibt es natürlich auch immer. Bei mir hieß es Heribert – kein Witz, auch wenn es schon irgendwie komisch ist.

Media Molecule (Rag Doll Kung Fu) erschaffen nun im Auftrag von Sony einen Sandkasten aus Bits und Bytes, der den Begriff ganz genau nimmt. Der Spaß am Ausprobieren und Bauen steht wie ein mächtiger Kran im Mittelpunkt der schrägen, digitalen Baustelle, auf der Ihr spielerisch eigene Jump’n’Run-Level entwerft, um diese mit Gamern aus aller Welt zu teilen, spielen und zu verändern. Sandkasten-Export im Internet-Zeitalter sozusagen.

Eure Vertretung innerhalb der Spielwelt übernimmt Euer ganz persönlicher Sackboy (oder eben Sackgirl), dieser kleine Kerl ist obendrein der Ausgangspunkt des charmanten Individualisierungswahnsinns, der sich über den gesamten LittleBigPlanet erstreckt. Per kinderleicht-intuitivem Pop-In-Menü wählt Ihr die Farbe und Oberflächenmaterial Eures plüschgefüllten Knuddel-Avatars und stattet ihn so lange mit Accessoires, Kleidungsstücken, Helmen, Frisuren und Capes aus, bis selbst grabsteinharte Bestatterherzen vor Verzückung ins Schwärmen geraten.

Das eigentliche „Spielfeld“ – solltet Ihr Euch nicht zuerst in den „normalen“ Jump’n’Run Part stürzen – ist zunächst einmal leer und wird vor thematisch unterschiedlichen Hintergründen in detaillierter 2,5D-Grafik ausgerollt. Man blickt dabei stets von der Seite – fast wie auf eine Theaterbühne – auf das Geschehen. Die kauzigen Filzpuppen mit ihren Knopfaugen haben außer Springen, drolligem Armewedeln, Kopfschütteln (per Sixaxis) und dem Greifen von wirklich jedem Gegenstand, der so herumliegt, auch weiterhin das Pop-In-Menü zur Verfügung, mit dem schon die Personalisierung so locker von Statten ging.

Während der Sackboy munter damit beschäftigt ist, Bauklötze, Stofftücher, Steinstrukturen, Pappkartonagen, Bälle, Obst und Schneckenhäuser physikalisch korrekt in den Level hinein plumpsen zu lassen, hat man irgendwie das Gefühl, eine virtuelle Mini-Bühnenshow der Pixar-Studios zu beobachten. So plastisch wirkt der Look, so realistisch das Bewegungsverhalten der LittleBigPlanet-Materialien.

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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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