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Lost Odyssey

Mistwalker macht ernst

Nach normalen Menschen sehen die Helden der Lost Odyssey natürlich auch nicht wirklich aus, schließlich handelt es sich hier immer noch um ein Japanspiel aus der Feder des Zeichners von Vagabond, dessen Charaktere durchaus Züge der Figuren im Spiel tragen. Zu den harten Kanten der Gesichter kommen dann noch pompöse Rüstungen und, wie es sich gehört, geradezu aberwitzig große und verzierte Waffen.

Und es wäre kein Japan-Rollenspiel, wenn Ihr diese nicht in zahlreichen Zufallskämpfen einsetzen müsstet. Wer sich jetzt voller Entsetzen an Enchanted Arms zurückbesinnt und sich erneut die Stunden voller sinnloser Winzgegner erinnert, die nur Eure Freizeit, nicht aber Eure Hitpoints ernsthaft bedrohen, darf ein wenig beruhigt sein. In Lost Odyssey wird es relativ wenige Kämpfe geben, diese sollen sich dann aber auch lohnen. Schnelle Minimonster, die Ihr über blindes Buttonsmashing beseitigt, werden die Ausnahme sein. Wenn etwas Euren Weg kreuzt und aus selbigen räumen möchte, braucht Ihr Eure Konzentration und das gesamte Euch zur Verfügung stehende Arsenal an Kampftechniken.

Der Kampf selbst kann seine Herkunft aus der Final Fantasy-Ecke nicht verbergen und auch wenn Ihr kein einziges japanisches Schriftzeichen beherrscht, werdet Ihr schnell die einzelnen der insgesamt acht Menüpunkte erkennen. Schon der erste dürfte Euch aus einer Million anderer Genrevertreter bekannt vorkommen: Meleeangriff mit der Waffe. Vorspringen, eins drüber und wieder zurück. Auch die Skill- und Magie-Menüpunkte halten genau wie Item, Verteidigen, Ausrüsten und Flucht wenig Überraschungen bereit. Lediglich der achte kommt nicht in jedem JRPGi vor und lässt Euch die Formation Eurer Truppe verwalten.

Was machen wir jetzt? - Umzingeln klappt wohl nicht...

Wie auch bei Blue Dragon spielt es eine große Rolle, wer wann wo steht. Vordere Reihen können zwar effektiver angreifen, stecken aber auch schneller Schaden ein. Ein netter taktischer Aspekt, der sicher eine Menge Würze in die denkwürdigen Kämpfe, die Ihr gerade mal so schafft, mit einbringen wird. Trotzdem, so weit, so traditionell. Schnell, effektiv und im Appeal den japanischen Fans perfekt angepasst.

Einen neuen Twist bringt das Ring-System mit ein: Zunächst einmal müsst Ihr Eure Charaktere mit Ringen ausstatten, bevor das Ganze funktioniert. Jeder Ring hat bestimmte Fähigkeiten, die Ihr im Kampf auslösen könnt, aber allzu einfach macht es Euch das Spiel dabei nicht. Ihr müsst während des Angriffs das „Ring Aim“ einsetzen, indem Ihr den Trigger beim Angriff gedrückt haltet. Zwei Zielfadenkreuze – Ringe – zoomen auf den Feind ein. Sobald sie eine Einheit bilden, lasst Ihr den Trigger los und löst so den Ringeffekt aus. Schenken tut Lost Odyssey beim Timing nichts und diese Interaktion sorgt mit Sicherheit für das nötige Maß an der so oft schmerzlich vermissten Abwechslung bei Rundenkämpfen.

Ring aus Licht, nun schütze mich – denn meine, maskulinen Phantasien entsprungene Rüstung tut das sicher nich'.

Habt Ihr Eure Feinde bezwungen, geht es klassisch weiter. Ihr sackt Erfahrungspunkte und Beute ein, steigt vielleicht einen Level auf, seht wie sich die Werte automatisch ein wenig verbessern. Netterweise beginnt Kaim schon auf Level 10 und auch sonst müsst Ihr nicht übertrieben viel „Leveling“ betreiben, um gegen die Widrigkeiten zu bestehen, die sich Euch auf der 40 bis 50 Stunden umfassenden Reise entgegen stellen. Der Umfang erinnert wieder an das erste Mistwalker-Spiel, nur dass es diesmal nicht drei sondern sogar vier DVDs sind, die Ihr wechseln dürft. Diese enthalten zum allergrößten Teil die umfangreichen und wunderschönen Renderfilme, welche die ausufernde Story erzählen und Euch in den Bann schlagen dürften.

So schön diese aber auch daherkommen, nicht alles ist rosig in der Technikabteilung der Lost Odyssey. Die bereits erschienene Japan-Version wird von gewaltigen Inkonsistenzen bei den Ladezeiten geplagt. Es kommt vor, dass Ihr Euch nach wenigen Sekunden dem Feind stellt, weit häufiger dauert es aber eine geschlagene Minute, bevor Ihr das Schwert zücken dürft. Rein grafisch gibt es danach aber wenig zu meckern. Das hier ist zwar kein BioShock, schön anzuschauen, insbesondere für Fans japanischer Kunst, ist Lost Odyssey aber allemal. Und musikalisch wird Euch der Final Fantasy-Altmeister Nobuo Uematsu sicher wieder mit feinsten Weisen erfreuen.

Und so hoffe ich, wie sicher auch alle Japan-Rollenspieler unter Euch, dass man noch die letzten technischen Mängel aus dem Weg räumt, bevor es dann auf die Reise geht, die Blue Dragon hätte werden sollen. Die Mistwalker-Truppe hat offensichtlich mit diesem ihre Kindheitsträume erfüllt und geht jetzt mit Lost Odyssey endlich zum ernsten Geschäft über und so richtig in die Vollen. Echte Helden sollen ihre Seele und nebenbei auch noch die Welt retten, ohne nervigen Slapstick und dafür mit allen Elementen, die das Genre groß machten. Ich nehme schon mal Urlaub, sollte es denn mit dem Release im März klappen!

Japaner spielen schon fröhlich Lost Odyssey und Importwillige ärgern sich darüber, dass Englisch zwar als Sprachausgabe geboten wird, die Menüs aber alle japanisch blieben. Ansonsten geduldet Ihr Euch einfach bis zum 29. Februar. Ja, den Tag gibt es dieses Jahr.

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Lost Odyssey

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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