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Samurai Shodown Anthology

Blut und Weichspüler

Ich mag Open Source–Software. Nicht weil sie umsonst ist, auch wenn das natürlich ein definitives Plus bedeutet, sondern weil sie es meistens dem Kunden überlässt, wie er seine Software nutzt. Nehmt zum Beispiel einen inzwischen gut zehn Jahre alten NeoGeo–Emulator. Dieser bietet eine Unmenge an grafischen Konfigurationsmöglichkeiten, Scanline-Einstellungen und mehr, um Retro-Gaming genau so zu ermöglichen, wie Ihr es haben wollt.

Der kleine Nachteil an dieser speziellen Stelle ist natürlich die Illegalität der dazugehörigen ROMs und insoweit darf man sich über die Samurai Shodown Anthology freuen. Sechs sehr gute bis phantastische Prügler in einer eigentlich guten Emulation der besten jemals verkauften 16-Bit Hardware. 60 Hz-Unterstützung, keinerlei Soundlags oder Verfälschungen, keine Ruckler, ungeschnittene Blutspritzer, volles Tempo. Ihr dürft die Farbe der Figuren verändern und zwischen arrangierter und normaler Musik wechseln. Alles bestens. Oder fast, denn der Weichzeichenfilter schießt bei dem Versuch, die Falten des Alters zu glätten, übers Ziel hinaus.

Ich könnte mit ein klein wenig matschig, unscharf und unschön leben, wenn man die Optionen zum Deaktivieren des Filters nicht vergessen hätte. Hat man aber, also heißt es „friss oder stirb“. Nur um zu sehen, ob ich vielleicht doch einfach etwas in meinem Gedächtnis verkläre, staubte ich mein NeoGeo ab und fütterte es mit Samurai Shodown 2. 4:3, keine Unschärfe, einfach nur gewaltige, saubere Pixel. Und vor allem auch keine PAL-Balken. Diese finden sich auf der Wii leider auch. Sie sind nicht besonders groß, Ihr dürft heranzoomen und dabei links und rechts ein wenig Bildmaterial opfern, um Euch der Balken zu entledigen, aber eigentlich sollte so etwas doch der Vergangenheit angehören.

Samurai Shodown 5 - Bis zu Teil 5 hatte man den Teilrealismus schon ein wenig abgelegt.

Für Erstaunen sorgt auch der Verzicht auf die GameCube-Pad Unterstützung. Bei King of Fighters gab es sie, hier ebenfalls nicht, dafür wird nun das Classic-Pad genutzt, während das wieder bei Metal Slug außen vor blieb. SNK Playmore, werdet Euch einig. Die Steuerung per Chuck und Mote oder Mote allein existiert, aber das tun Krankheiten und Verbrechen auch. Schließt das Classic-Pad oder am besten gleich den Neostick 2 aus Japan an und alles wird gut.

So, und jetzt genug gekrittelt, denn der Umfang, der Euch für 20 Euro geboten wird, ist insbesondere in Anbetracht der Virtual Console oder XBLA-Preise unglaublich. Sechs der besten 2D-Prügler überhaupt plus noch ein Minispiel, das macht simpel dividierte 2,80 Euro pro Game. Eigentlich müsst Ihr Euch bei diesem Kurs nur noch fragen, ob Ihr zumindest vage ein Interesse an klassischen One-on-Ones habt, danach macht Ihr keine großen Fehler mehr mit dieser Kompilation.

Samurai Shodown zeigt dabei wie alle SNK-Serien leichte Neigungen zum qualitativen Auf und Ab. Samurai Showdown lieferte 1993 etwas Neues, indem es zwar nicht mit dem Spielprinzip von Street Fighter brach, zum Atmosphäregewinn den Kontrahenten aber ein paar Schwerter und andere Hiebwaffen in die Fäuste drückte. Der Einstand überzeugte als Prügelspiel mit flüssigen Abläufen, sinnvollen Kombos und einem guten Cast auf der ganzen Linie.

Samurai Shodown – Zu wenig Selbstvertrauen war noch nie ein Problem.

Die Teile 2 und 4 – Amakusas Revenge – stellen die Höhepunkte dar. Die Zusammenstellung der Figuren wurde optimiert, der Soundtrack, insbesondere des zweiten, gehört zu den Klassikern, und beide brachten sinnvolle Neuerungen mit ein. In Teil 2 wird das erste Mal pariert, indem Ihr einen Angriff in letzter Sekunde blockt und der Gegner für einen Konterangriff offen steht. Amakusas Revenge bot wertvolle Chain-Angriffe und krude Sepukkus. Ihr könnt, sobald Ihr seht, dass das Ende unausweichlich ist, ehrenhaften Selbstmord begehen und startet dann die nächste Runde mit einem vollen Super-Balken.

Teil 3, Blades of Blood, ist so was wie das ungeliebte Stiefkind. Dass jeder Charakter seit diesem Teil zwischen einer Bust und einer Slash-Variante mit leicht abweichenden Mustern wählen darf, gehört zu den positiven Seiten, der Wechsel des Grafikstils hin zu mehr düsteren Figuren bedingt. Rein qualitativ gibt es wenig daran auszusetzen, den meisten Fans stieß es jedoch sauer auf. Weit dramatischer allerdings war die unausgewogene Spielbalance und Stärke der Angriffe sowie eine mäßige Kollisionsabfrage. Es ist immer noch ein guter Prügler, kann aber nicht mit den anderen mithalten.

Warum man für die fünfte Ausgabe hier nicht die Special-Version wählte, sondern die reguläre, bleibt unklar. Aber auch die normale Version des ersten Samurai Shodown unter der Regie von SNK Playmore überzeugt weit mehr, als es einige der anderen SNK-Serien taten. Ein etwas höheres Tempo als in Teil 4, dafür aber ein paar Schwächen im Charakterdesign. Der Kampffluss macht dank erweitertem Block-System einen Schritt in die passive Richtung und wird etwas taktischer.

Samurai Shodown 3 – Das passiert, wenn Schiedsrichter mitspielen.

Das sechste Spiel schließlich wirft alles in den Mixer. Über 40 Charaktere mit jeweils sechs verschiedenen Kampfstilen dank des Spirits Select-Systems sollten jeden Fan für ein ganzes Weilchen beschäftigen. Bei Tempo und Balance fand man ein gutes Maß, nur die Eigenständigkeit geht dem vorerst letzten Samurai Shodown ein wenig ab. Man hat mehr das Gefühl, eine Art Best-Of-Compilation vor sich zu haben.

Was natürlich fehlt sind wieder einmal die 3D-Teile der Serie und das berühmt-berüchtigte, nie übersetzte Rollenspiel. Stattdessen findet Ihr einen sinnvollen Übungsmodus und das Minispiel aus der Hölle. Ehrlich, ich habe keine Ahnung, was das sein soll. Ich glaube, dass ich einen Hund steuerte, der Brocken fängt, die der Schiedsrichter wirft. Oder irgend sowas. Es lenkt sich furchtbar, es macht keinen Sinn und es hätte niemals das Licht des Tages sehen sollen. Aber hier ist es und wir müssen damit zurechtkommen.

Mit der fehlenden Unterstützung des GameCube-Pads kann ich leben, mit dem übertriebenen Weichzeichner der Optik weniger. Gebt mir Optionen! Von diesem Schnitzer abgesehen, erhaltet Ihr eine der besten Prügelserien überhaupt ziemlich komplett und ungekürzt zu einem wirklich großzügigen Preis. Nicht einmal Satans bösartiges Minispiel hält mich davon ab, allen Fans und Interessierten dieses Paket ans Herz zu legen und das heißt einiges. Ippon.

Samurai Shodown Anthology gibt es auf der Wii und PS2 für lächerliche 20 Euro, die PSP-Version schlägt mit etwa 30 Euro zu Buche.

8 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Samurai Shodown Anthology

PS2, Nintendo Wii, PSP

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Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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