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Scivelation

Metal Gear of War

Scivelation will zwei Spiele in einem sein. Ein Metal Gear Solid und ein Gears of War. Letztlich ein Schleich-Shooter. Doch damit ist nur die Spielmechanik beschrieben – das Baugerüst, die Ausgangslage. Will man die Essenz begreiflich machen, das Wesen dahinter, herrscht Erklärungsnot.

„Das sieht … interessant aus“, sagt der Journalist und zieht stirnrunzelnd an seiner Zigarette, nachdem er Scivelation zum ersten Mal in Aktion erlebt hat. Er erntet von seinem Gegenüber einen Blick, als habe er gerade eine völlig absurde Aussage von sich gegeben. Nun, Spielehersteller hören bestimmte Worte nicht gern. Definitiv dazu gehören „nett“, „solide“, „für Fans okay“ … und eben „interessant“.

Was aber, wenn der Journalist nach der Präsentation im Hause Zuxxez/Topware in Karlsruhe, die das Spiel vermarkten, nicht nur „interessant“ gesagt, sondern auch „interessant“ gemeint hat? Was, wenn ihm in diesem Moment einfach andere Worte fehlten? Also: Scivelation sieht interessant aus. Interessant im Sinne von ansprechend, schlimmstenfalls im Sinne von eigen, aber keineswegs im Sinne von belanglos. Gut, dass wir das schon mal geklärt hätten.

Die düstere Grafik mit ganz wenigen roten Farbtupfern ist puristisch, aber irgendwie stilvoll.

Trotzdem, der Journalist hatte immer noch ein Problem: Es würde schwierig sein, Buchstaben so zu einem Text zu reihen, dass sie dem Leser wirklich einen Eindruck von dem Spiel und dessen postapokalyptischen Szenario vermitteln. Man kann schließlich nicht immer mutmaßen, die Entwickler hätten halluzinogene Pilze gegessen, geraucht, geschnupft oder was auch immer. Also versucht der Schreiber es mit vergleichenden Beispielen.

Scivelation möchte Geschichten wie Die Klapperschlange, 1984 oder Brave New World in Nullen und Einsen formen. In ein Gewand kleiden, das stilistisch stark an die filmische Comicumsetzung V wie Vendetta erinnert. Es will euch mit der Unreal-Engine 3 in eine überzeichnete Welt entführen – ein bisschen wie bei Borderlands, aber dezenter, ohne schwarzrahmige Cell-Shading-Technik. Als die Präsentation endet, stehen weitere Assoziationen auf dem Notizblock des Journalisten: Killzone 2, Animé-Stil, Rollenspiel-Elemente, Max Payne und Bullet-Time.

Diese höherklassigen Gegner nennen sich Engel – obwohl sie genau das Gegenteil sind.

Scivelation ist ein Neologismus, gebildet aus den Worten „Scientific“ und „Revelation“, (wissenschaftliche Offenbarung) und beschreibt die technokratische Diktatur, die im Spiel regiert. Sie hat im Jahr 2042, nach einem apokalyptischen Krieg, sowohl die Rolle der Religion als auch die der Regierung auf dem Planeten Erde übernommen. Ihr Führer will gottgleichen Status erreichen. Doch nun formt sich der Widerstand gegen das totalitäre Regime. Wer den Kampf gegen den Überwachungsstaat aufnehmen soll, ist nur schwer zu erraten – der Spieler. Dabei mimt er wechselnd einen biomechanisch verbesserten Söldner und eine Frau, die als findige Wissenschaftlerin eher listig agiert.

Dass bei Scivelation die Diktatur in Österreich ihren Ursprung hat, sei reiner Zufall, versichert Produzent Martin Franger mit einem ironischen Augenzwinkern. Die düstere Grafik inklusive auffälliger Kreuzsymbolik winkt ähnlich deutlich mit dem Zaun – der Journalist kritzelt das Wort „Nationalsozialismus“ auf den Notizblock und kringelt es ein. Besagte Kreuze heben aber gleichzeitig die sektenhaften Motive hervor, und wie bizarr das bisweilen anmutet, zeigen unter anderem die sogenannten Engel, schwebende Levelbosse in Scivelation: Sie stellen optisch eine Mischung aus Bischof, Kreuzritter und Darth Vader dar.