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Tunnel Rats 1968

Dünnes Boll-Werk

Normalerweise macht der deutsche Regisseur Uwe Boll schlechte Filme zu guten Spielen. Manchmal auch schlechte Filme zu mittelmäßigen Spielen. Dreht er ausnahmsweise mal keinen schlechten Film zu einem Spiel, dann produziert er ein schlechtes Spiel zu einem schlechten Film, wie ich jetzt feststellen durfte. Natürlich zu einem seiner schlechten Filme: 1968 Tunnel Rats.

Uiuiui, mir gehen wegen Überbeanspruchung gleich die Buchstaben s, l, e, c, h und t auf der Tastatur kaputt. Aus diesem Grund sollte man eigentlich kein Boll-Werk rezensieren. Und auch deshalb nicht, weil der Mann aus Wermelskirchen nahe Köln seine Kritiker gern zu Boxkämpfen herausfordert. Aber ich muss ja. Ich muss Euch warnen!

Kommen wir zu den Stärken: Der Vietnam-Ego-Shooter bietet viel Action, die geschickt eingesetzte Musik lässt ab und an Spannung aufkommen und der Held erlebt immer wieder interessant gemachte, surreal visualisierte Flashbacks. Ihr wisst schon, diese Gefühlszustände, die aus einer posttraumatischen Belastungsstörung resultieren.

Als enorm abwechslungsreich präsentieren sich Abschnitte, in denen Ihr aus einem fahrenden Auto oder fliegenden Helikopter auf Eure Feinde ballert. Schade, dass es solche Abschnitte in Tunnel Rats nicht gibt. Kurz: Wegen der schnarchigen Missionsgestaltung möchte man seine Füße in heißem Kaffee baden, damit sie nicht in Koma fallen.

Der Held versucht sein Glück mit dem Kampfmesser.

Tunnel Rats, intelligente Rezipienten haben es möglicherweise geahnt, spielt viel in Tunneln. Ganz ehrlich, wenn ich ständig irgendwelche dunkle Höhlen erforschen hätte wollen, wäre ich Proktologe geworden. Die Dschungelabschnitte sind nicht viel besser: Auch dort hampeln ständig gleich aussehende, schwarz gekleidete und reichlich dämliche Gegner rum. Lief mir ausnahmsweise mal ein grün gewandeter Geselle vor die Flinte, war ich kurz davor, Dankesschreiben an die Boll KG zu verfassen. So viel zum Thema Leveldesign.

AAAAAAHHHHHH! Dieses Geräusch machte ich während der 1000. Tode, die ich gestorben bin. Ganze zwei- bis dreimal erledigten mich virtuelle Vietcong (Gegnertyp 1) oder Schlangen (Gegnertyp 2). 997 mal ging ich wegen fieser Fallen über den Jordan, denn davon existieren mehr als Soldaten. Natürlich befindet sich mindestens eine kurz vor jedem Speicherpunkt.

Zu allem Überfluss ist Tunnel Rats glaubwürdig wie ein CSU-Innenminister. Das beginnt mit dem widersprüchlichen Protagonisten. Erledigt er einen Vietcong, wimmert er beispielsweise auf Englisch manchmal „Gott, vergib mir!“ – um der Polygonleiche eine Sekunde später mit den Worten „Das ist für meine gefallenen Kameraden, du dreckiger Bastard!“ ein Ohr abzuschneiden. Das tut er übrigens, um seine Lebensenergie zu erhöhen. Logisch.

Ein Männlein steht im Walde.

Eine Anmerkung zur Optik: Ich rätselte lange, ob es im Spiel Gewässer gibt. An einer Stelle war zumindest ein harndrangförderndes Plätschergeräusch zu hören. Ob der Recke in diesem Moment durch einen Fluss watete oder auf einem Weg rumtappte, war aber partout nicht ersichtlich. Ein toter Pixelbube, der vor ihm lag und halb im Untergrund versank, half nicht wirklich bei der Wahrheitsfindung, die Typen stecken ja regelmäßig irgendwo drin. Wegen blöder Grafikfehler, versteht sich.

Erwähnenswert ist ferner, dass ich es nur einmal geschafft habe, eine Handgranate zu werfen. Sonst blieb der Sprengkörper aufgrund eines Bugs stets in der Hand kleben. Zum Glück, ohne zu explodieren. Ebenso wenig zur Glaubwürdigkeit tragen übrigens die Ratten bei, die in Tunnels wie auf Rollen an einem vorbeihuschen als seien sie funkferngesteuerte Autos, um letztlich in einer Wand zu dematerialisieren.

Abschließend fallen mir zwei weitere wichtige Dinge ein – zum einen, dass Tunnel Rats über noch eine große Stärke verfügt: Man hat die sieben Kapitel an einem Nachmittag hinter sich gebracht. Und: Es gibt doch Wasser im Spiel! Die Tunnel, in denen Ihr Euch bewegt, werden nämlich regelmäßig geflutet. Um die Dramatik zu erhöhen und so *gähn*. Eins muss ich dem Helden dabei lassen: Er kann unter Wasser schreien. Ihr entschuldigt mich? Ich muss mich jetzt leider kurz umbringen. Euch natürlich noch ein schönes Leben!

Tunnel Rats 1968 kostet 18,99 Euro und kann via Steam für den PC heruntergeladen werden.

3 / 10

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Tunnel Rats 1968

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Über den Autor

Harald Fränkel

Contributor

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