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Warum ich Dark Alliance nicht weiterspielen werde

Was Kratos kann, kann Drizzt schon lange?

Das waren noch Zeiten: Zu zweit vor Baldur's Gate: Dark Alliance an der PS2 Loot und Erfahrungspunkten hinterherzuschnetzeln und so zu tun, als bräuchte man Diablo 2 nicht - das dürfte in nicht gerade wenigen Spielern, die die zweiten Playstation-Generation aktiv mitgemacht haben, wohlige Erinnerungen wecken.

Heute kann ein neues Dark Alliance nicht mehr dieselbe Lücke füllen, ist doch alles dieser Tage irgendwie mit Rollenspiel-artiger Progression unterfüttert. Aber das heißt nicht, dass es nicht immer noch ein Bedürfnis nach großformatiger, beutehungriger Fantasy-Action gäbe. Noch dazu mit dieser Portion Nostalgie, die aufkommt, wenn endlich mal wieder ein Spiel in den klassischen Dungeons & Dragons wildert - und sei es noch so frei und ungebunden.

Trotzdem ist das neue Dark Alliance ein Spiel, das meine und vermutlich auch eure Zeit nicht verdient hat.

Hier kann man es aushalten. Wären doch nur die Kämpfe und Kamera besser.

Dabei geht es eigentlich gut los: die ersten Schritte in dem Hub-Bereich von Kelvins Grab verzaubern mit einer malerischen Gebirgslandschaft und imponierenden zwergischen Bombastbauten, die zum Teil vor Jahrtausenden der Vergänglichkeit anheimfielen. Tatsächlich bekommt es das verantwortliche Studio Tuque bestens hin, immer wieder am Horizont der diversen wiederspielbaren Missionen eine Tapete auszurollen, wie man sie sich bei Pen-&-Paper-Runden wohl ausmalt, wenn man mit ordentlich Fantasie gesegnet ist. Dark Alliance ist bisweilen ein sehr hübsches Spiel.

Wie schlimm kann es also sein? Nun - "schlimm" ist vielleicht das falsche Wort. Es fühlt sich in erster Linie fehlgeleitet an und das kann ich fast in vollem Umfang einer einzigen Designentscheidung zuschreiben. Anstatt das Geschehen von oben zu inszenieren, wie es das alte Dark Alliance tat, rückt man die Kamera wie im letzten God of War nah an die Spielfigur heran und die Angriffe auf die rechten Schultertasten. Was bei Kratos noch gut funktioniert hat, wird hier wegen schlechter Zielaufschaltung und häufiger Umzingelung durch Feinde aber irgendwie zäh und träge.

Und wieder: hübsch ist es schon immer wieder mal. Was ihr nicht seht: Bogenschützin Catti-Brie 'schlittert' langsam und regungslos über den Boden.

Ich habe das Gefühl, mehr mit dem rechten Stick beschäftigt zu sein als mit irgendetwas anderem. Eine Kombo danebenzusetzen und dann mühsam den Feinden hinterher zu rotieren, ist einfach ein permanentes Armdrücken mit der Kamera. Ich hatte wahnsinnig oft den Impuls, einfach für einen Schlag auf einen rechts stehenden Gegner den linken Stick in dessen Richtung zu drücken. Aber meine Figur schlägt nur stur in die Mitte des Screens, beziehungsweise dorthin, wohin meine Aufschaltung zeigt. In God of War spielt man einen Spartaner vom Format eines Backstein-Plumpsklos und ist dennoch behänder unterwegs als der blitzschnelle Dunkelelf Drizzt Do'Urden.

Das liegt an mehreren Dingen: Kratos verfügt über eine schnelle 180-Grad-Drehung, Gegner geben sich Mühe, nicht komplett aus dem Nichts anzugreifen und allgemein ist die Zusammensetzung der Mobs einfach dergestalt, dass man ihnen Herr werden kann. Auch das Umschalten zwischen den Gegnern funktioniert deutlich intuitiver und Kratos reagiert schneller. Im Koop erübrigt sich vieles davon, weil nicht alles auf euch, sondern auch auf einige eurer Kollegen einschlägt. Und als Bogenschützin hat man die Feinde häufiger ausschließlich vor sich. Aber es wird nicht eben befriedigender, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Server so manches Mal nicht so recht Lust haben, mitzuspielen.

'Monster Closets' wie diese Klappe im Boden erschweren es vor allem Solisten, die Übersicht zu behalten.

Und dann sind da die vielen Bugs. Die Kollisionsabfrage macht hier und da, was sie will, lässt Gegner und Beute in Umgebungsobjekten verschwinden. Feindesmobs sind elendig passiv, bis sie euch entdecken. Am PC bewegte sich mein Charakter, auch wenn ich komplett stillstand noch ein wenig in die letzte Richtung, die ich eingegeben hatte - komplett ohne Animation. Bei Sprungangriffen hing mein Drizzt schonmal seltsam in der Luft und manches Mal fehlen Animationen für bestimmte Drehbewegungen.

Wenn man langsam seitwärts geht, vergisst das Spiel hin und wieder, ob der Körper der Figur nach vorne oder hinten ausgerichtet sein sollte und schaltet einfach zwischen diesen beiden Zuständen um. War da vielleicht mal tatsächlich eine Art Rundum-Kampfsystem geplant, das nicht stur nach vorne blickte?

Sagt bescheid, wenn das Spiel zu Ende entwickelt ist. Dann geb' ich ihm noch einmal eine Chance.

So, wie sich das Spiel aktuell präsentiert, werde ich mich keinen Schritt tiefer vorwagen. Es ist nach vielen Maßstäben mindestens passabel, kommt aber als Paket einfach nicht zusammen und leistet sich im Kampf ordentliche Klopper. Dafür gibt es zu viele andere coole Koop-Spiele und in Sachen Action-RPG liefern die meisten Konkurrenten eine befriedigendere Progression. Wenn ihr Dark Alliance trotzdem selbst ausprobieren wollt, habt ihr immerhin dank Game Pass kostenlos die Gelegenheit dazu. Ein paar schöne Horizonte kann es euch wohl zeigen. Erwartet nur nicht, dass ihr auch die Lust verspürt, den Ranzen zu schnüren und euch in deren Richtung aufzumachen.

In diesem artikel

Dungeons & Dragons: Dark Alliance

PS5, Xbox Series X/S, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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