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Wenn der Spielspaß auf der Strecke bleibt: Harvest Moon: Eine Welt - Test

Begeisterung sieht anders aus.

Technisch grausig, spielerisch uninteressant, die Welt langweilig. Was man dem Spiel zugute halten kann, ist, dass es funktioniert.

Wenn ich abends noch zu aufgedreht bin, starte ich Harvest Moon: Eine Welt. Warum? Nach kurzer Zeit bin ich davon so gelangweilt, dass ich müde werde und später gut schlafe. Klingt hart, aber es gibt hier wenig, was das Potenzial hätte, mich lange wachzuhalten. Kennt ihr das, wenn ihr ein Spiel startet und es auf den ersten Blick zwischen euch und dem Spiel funkt. Wenn ihr direkt wisst, dass das hier exakt das Richtige für euch ist? Wie die Liebe auf den ersten Blick. Wenngleich der erste Blick ab und an täuscht und sich eine Liebe erst später entwickelt. Keins davon trifft auf dieses Spiel zu. Tut mir leid, Harvest Moon, ich habe heute leider keine Rose für dich.

Inhalt:

Bei einer Farming-Simulation erwartet ihr ja im Grunde, dass euch eine Farm vor die Nase gesetzt wird und ihr euch dann damit beschäftigt, diese an Ort und Stelle Stück für Stück aufzubauen, zu erweitern und mit eurem geernteten Gemüse und was nicht noch alles Geld zu verdienen. Harvest Moon: Eine Welt versucht dieses Prinzip mit einer Geschichte rund um die verschwundene Erntegöttin, was zugleich den Verlust der Fruchtbarkeit des Landes zur Folge hatte, und einer größeren Spielwelt zu verknüpfen. Und natürlich liegt es in euren schicksalhaften Händen, das zu ändern.

Mangelnder Respekt vor der Natur

Den Respekt vor der Natur verloren, das klingt nach einem Problem, das viele Menschen betrifft. Schaut euch nur den weggeworfenen Müll an, der in vielen Wäldern herumliegt. Aber wehe, es würde jemand seinen Müll im Vorgarten der Verursacher solcher Abfälle abladen, dann wäre das Geschrei groß. Bevor ich noch weiter über solche Leute meckere, widmen wir uns lieber wieder Harvest Moon. Wobei es im Grunde bezeichnend ist, dass ich abschweife, so wenig wie mich das Spiel mitgerissen hat.

Löblich ist, dass die Macher versuchten, mit ihrer Geschichte ein wenig Abwechslung in den Farming-Alltag zu bringen. Auf der einen Seite steht eine - auf den ersten Blick - große Spielwelt, bei der auf den zweiten Blick viel Platz verschwendet ist. Ihr habt große Maps, effektiv nutzen lassen sich davon nicht mehr als kleine Abschnitte. So arbeitet ihr euch vom ländlichen Gebiet Calisson über die Wüste Pastilla und andere Regionen bis hin zum schneebedeckten Salmiakki voran.

Eure Farm lasst ihr in einem kleinen Gerät verschwinden und woanders wieder auftauchen. (Harvest Moon: Eine Welt Test)

Überall dort warten Erntegeister auf euch, die ihr braucht, um die Sache mit der Erntegöttin in Ordnung zu bringen. Wenn ihr euch jetzt denkt, was das alles mit einem Farming-Spiel zu tun hat, in dem ihr euch ja normalerweise an einem Ort um eure Farm kümmert... Der Kniff von Harvest Moon: Eine Welt ist, dass ihr eine mobile Farm habt. Stellt euch das so ähnlich wie einen Pokéball vor. Wo es möglich ist, platziert ihr die Farm und holt sie, wenn ihr in die nächste Region weiterzieht, einfach mit. Die Möglichkeit dazu erhaltet ihr zu Anfang des Spiels von einer befreundeten Wissenschaftlerin. Welch technisches Wunderwerk dahintersteckt? Egal, funktioniert. Stellt keine Fragen!

Wenn ein Farming-Spiel in Sachen Farming nicht kompetent ist

So gut der Gedanke an eine alles verknüpfende Geschichte ist, das Gameplay hinkt dem ganz schön hinterher. Und die Aufgaben, die sich meist auf "bringe X Stück von Y zu Person Z" beschränken. Das liegt zum Beispiel daran, dass ihr Saatgut für Rüben und Co. anfangs nicht einfach gezielt kauft (lediglich für Bäume), ihr erhaltet es primär von Erntewichteln. Diese spawnen in verschiedenen Teilen der Welt und wenn ihr mit ihnen interagiert, erhaltet ihr besagtes Saatgut. Welches? Das legt der Zufall fest. Wenn ihr also eine bestimmte Zahl von Samen einer jeweiligen Art benötigt, lauft durch die Gegend und versucht euer Glück. Anstrengend und nicht gerade förderlich für die Motivation. Und erst, wenn ihr ausreichend Ernte verkauft habt, lässt sich Saatgut in Shops kaufen. Wie häufig das jeweils passieren muss? Gute Frage, das Spiel verrät es euch nicht im Vorfeld.

Hinzu kommt, dass die Flächen, in denen ihr dieses Saatgut dann anpflanzt, vorgegeben sind. Ihr habt nicht die Möglichkeit, mit einer Harke eigene Anpflanzplätze auszuheben. Nein, kommt gefälligst mit dem zurecht, was das Spiel euch vor die Nase setzt. Uff. Dass die Bewohner des Landes aufgrund der Geschichte nicht mit Saatgut um sich werfen, ergibt zwar Sinn, für den Spielspaß ist es indes nicht förderlich. Und die mangelnden Plätze dafür ebenso wenig.

Einen Großteil des Saatguts sammelt ihr von Erntewichteln. (Harvest Moon: Eine Welt Test)

Anpflanzen könnt ihr das Zeug im Grunde in jeder Region, wenngleich jede Pflanze ihre bevorzugte Umgebung hat, in der sie am besten wächst und gedeiht. In anderen Bereichen der Welt lassen sie sich zwar gleichermaßen anbauen, wachsen dann aber langsamer. Eine interessante Idee ist, dass ihr dadurch alternative Varianten dieser Pflanzen erhalten könnt. Das Problem dabei ist, dass euch das Spiel hier alleine lässt und wenig erklärt. Findet es selbst heraus, ab und an funktioniert's zudem nicht (keine Ahnung warum) und ihr seid auf das Glück angewiesen, um die richtige Pflanze zu bekommen, was vor allem ärgerlich ist, wenn ihr bestimmte Sorten für eine Quest benötigt. Benutzerfreundlich ist das nicht.

Die Zahl der vorgegebenen Felder pro Bereich schränkt euch somit ein und wenn ihr mehr als das anbauen möchtet, ist es erforderlich, dass ihr zwischen den verschiedenen Bereichen der Welt hin- und herreist. Das klingt in der Vorstellung bereits anstrengender, als sein Anbaugebiet auf einen Abschnitt zu konzentrieren. Arbeiten und laufen verbraucht Energie und wenn ihr nicht lange genug schlaft, seid ihr morgens nicht komplett ausgeruht - und dann ist da noch die Zeit, die Stunden vergehen recht schnell. Zum Glück für euch spielt das Geld weniger eine Rolle, vielmehr geht's um die Geschichte. Das hat aber den Nachteil, dass der Reiz zum Weiterspielen spätestens dann ins Bodenlose sinkt, wenn die Story durchgespielt ist.

Technisch reißt Harvest Moon: Eine Welt keinen vom Hocker

Zumal das Spiel nicht einmal technisch glänzt. Im Gegenteil: Es wirkt lieblos gestaltet. Ja, die Schauplätze sind in der Theorie groß, zugleich sind sie aber karg und wenig lebendig, regelrecht langweilig und durch enge Schlauchwege miteinander verbunden. Der Mangel an Details ist erschreckend und es wirkt wie ein komplett austauschbarer Look, in den wenig Liebe und nur das Nötigste floss, damit das Spiel okay aussieht. Das zieht sich bis hin zu den NPCs, die zum Beispiel nicht ihr Haus verlassen und zu ihrem Platz marschieren. Nein, sie spawnen morgens mitten aus dem Nichts nach und nach an Ort und Stelle und lösen sich am Abend gleichermaßen in Luft auf. Ihr hattet gerade vor, noch eure Quest abzuschließen? Tja, Pech gehabt, erst morgen. Mit einer lebendigen Welt hat das wenig zu tun. Ebenso wenig gibt es einen audiovisuellen Anreiz, der mich dazu bewegt, mich nach der Arbeit ein wenig hinzusetzen und das Treiben einfach zu genießen, während ich den Alltagsstress vergesse.

Wirkt das einladend auf euch? (Harvest Moon: Eine Welt Test)

Da helfen dann die üblichen Aspekte von Farming-Simulationen nicht mehr weiter. Romanzen gibt's erneut und ihr könnt heiraten, wobei Harvest Moon im Vergleich zu seiner Konkurrenz in Sachen gleichgeschlechtliche Liebe noch nicht im Jahr 2021 angekommen ist. Und die Charaktere sind im Grunde austauschbar, haben so viel Persönlichkeit wie eine Kartoffel und bringen leider nicht mehr Abwechslung in euren Alltag.

Harvest Moon: Eine Welt Test - Fazit

Mir fällt ehrlich kein Grund ein, der mich dazu bewegen würde, mich längerfristig mit Harvest Moon: Eine Welt zu befassen. Es hinterlässt den Eindruck eines lieblos produzierten Spiels, das allein auf die Bekanntheit seines Namens setzt. Grundsätzlich finde ich die Idee, ein Farming-Spiel mit einer Geschichte zu verknüpfen, interessant. Aber so, wie sie hier umgesetzt ist? Nein, danke. Zu keinem Zeitpunkt fühle ich mich hier in irgendeiner Form heimisch oder wohl. Die Technik ist zweckmäßig, die Welt unschön anzuschauen. Im Kern ist das Spiel okay und es funktioniert, wenngleich es sehr, sehr weit davon entfernt ist, Begeisterungsstürme auszulösen. Es steckt viel Interessantes drin, aber es fühlt sich wie eine durchnässte Feuerwerksbatterie an: nichts davon zündet. Habt ihr ein Faible für Farming-Simulationen, würde ich das hier selbst dann nur als Alternative in den Raum werfen, wenn ihr euch an allen anderen Spielen dieses Genres sattgesehen habt.


  • Entwickler / Publisher: Natsume Inc / Rising Star Games
  • Plattformen: Nintendo Switch
  • Release-Datum: Erhältlich
  • Sprache: Deutsch, Englisch und weitere
  • Preis: zirka 50 Euro

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Harvest Moon: One World

Nintendo Switch

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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