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Assassin's Creed 3: Liberation - Test

Die Waffen der Frauen sind so mächtig wie die der Männer - bis die großen Bugs kommen.

Hinweis: Aufgrund eines Savegame-Bugs, von dem anscheinend so einige Spieler betroffen sind, war es mir nicht möglich, das Spiel zu beenden. Der Bug trat zu Anfang von Sequenz 8 (von insgesamt neun) auf und lässt mich meinen bisherigen Spielstand nicht mehr fortsetzen. Die einzige Alternative wäre derzeit, nach den bereits investierten rund 15 Stunden ein neues Spiel zu starten. An dieser Stelle lest ihr daher unser vorläufiges Fazit zum Spiel, wobei sich der Bug entsprechend negativ auf die aktuelle Wertung auswirkt. Ein Test-Update folgt, sobald Ubisoft den Bug behebt.

Für Entwickler ist es sicherlich keine einfache Aufgabe, wenn sie einen Ableger eines großen und populären PC- beziehungsweise Konsolen-Titels für einen Handheld entwickeln sollen. Kann man das Spielprinzip 1:1 so auf das mobile Gerät übertragen? Welche Kompromisse muss man möglicherweise eingehen, damit es funktioniert? Spielt es sich dann überhaupt noch wie das große Vorbild? Das sind allesamt gute Fragen und im Falle von Assassin's Creed 3: Liberation kann ich folgende Antwort geben: Den Entwicklern von Ubisoft Sofia ist es eigentlich recht gut gelungen. Eigentlich ...

Assassine - Längst nicht mehr nur ein Männerberuf

Mit Liberation feiert die Serie nicht nur ihre Premiere auf der PlayStation Vita, zum ersten Mal überhaupt übernimmt ein weiblicher Assassine die Hauptrolle. Die Geschichte von Aveline de Grandpré spielt im gleichen Zeitrahmen wie Connors Abenteuer in Assassin's Creed 3, allerdings an anderen Schauplätzen. Einerseits hauptsächlich in New Orleans, aber auch im Bayou sowie in einigen Abschnitten in Mexiko. Dabei geht es um den Sklavenhandel und natürlich auch weiterhin um den Kampf zwischen Assassinen und Templern, um uralte Artefakte und all dieses Zeugs. Mit Desmond hat Aveline allerdings gar nichts zu tun, das Ganze ist einfach wie eine simple Erinnerung aufgebaut, die man im Animus erlebt. Man muss jetzt also nicht zwingend Liberation spielen, um die Hauptreihe besser verstehen zu können. Alles in allem ist Aveline ein durchaus interessanter Charakter, AC-typisch mal warmherzig, mal eiskalt, etwas mehr Tiefe hätte aber auch sie noch vertragen können. Das Wichtigste ist jedoch: Liberation zeigt, dass auch ein weiblicher Hauptcharakter locker in die Rolle eines Assassinen schlüpfen und diese Aufgabe mit Bravour meistern kann.

Spielerisch orientiert sich Liberation weitestgehend am üblichen Assassin's-Creed-Gameplay. Ihr bewegt euch durch sehr weitläufige Schauplätze und erfüllt nach und nach eure Missionen, sucht Sammelgegenstände und absolviert Nebenaufgaben, auch wenn es hier nicht ganz so viele Dinge gibt, die euch von der Hauptstory weglocken beziehungsweise ablenken. Schön zu sehen ist, dass man dabei oftmals auf ein leises Vorgehen setzt. Es ist nicht in jeder einzelnen Mission zwingend erforderlich, aber man legt wieder mehr Wert darauf, dass ein Attentäter ja eigentlich eher heimlich vorgeht - oder das im Normalfall tun sollte. Da gibt es dann etwas ruhigere und zugleich wirklich gute Missionen, in denen ihr zum Beispiel im Bayou elegant und agil über die Bäume und Äste hüpft und so eine Patrouille der spanischen Truppen verfolgt. Indem ihr währenddessen einen nach dem anderen von ihnen leise mit eurem Blasrohr und vergifteten Pfeilen ausschaltet, überzeugt ihr sie davon, dass sie von einem Voodoo-Fluch besessen sind, woraufhin die verbliebenen Soldaten letztendlich panisch den Rückzug zum Fort antreten.

Ein kleines Bestechungsgeld verschafft euch Zugang zu versperrten Bereichen.

Insgesamt gefiel mir der Bayou als Region aber nicht allzu sehr. Er wirkt auf mich zu trist, speziell in Kombination mit der durchweg grau-braunen Umgebung und dem Nebel - schlicht düster und auch irgendwie langweilig. Man gerät fast schon in eine etwas deprimierte Stimmung und der Bayou entfacht in mir einfach keine Vorfreude, wenn ich mal wieder dorthin muss - was ein guter Schauplatz natürlich tun sollte. Die ganzen Wasserflächen machen es zudem nicht immer einfach, sich schnell fortzubewegen, wenn man sich nicht der natürlich praktischerweise vorhandenen Passagen über besagte Stellen bedient, meist in Form von Bäumen. New Orleans und Mexiko sind da allen voran auch optisch mit ihren wärmeren, bunteren Farben weit ansprechender und freundlicher gestaltet.

Gute Ideen, Umsetzung ganz okay

In der Stadt habt ihr wie üblich die Möglichkeit, einige Geschäfte zu kaufen und dort wiederum „neue“ Outfits - die eigentlich nur aus anderen Farben bestehen - sowie Waffen zu erwerben. Im Gegensatz zu Ezio, der mal eben die gesamte Wirtschaft einer Metropole übernehmen und sich somit finanzieren konnte, setzt Liberation hier mehr auf den Handel mit Schiffen. Über den Betrieb von Avelines Vater besorgt ihr euch besagte Schiffe, kauft Fracht und schickt sie auf die Reise. Anfangs nur in die nähere Umgebung, später bis nach Europa. Wer was anbietet und braucht, seht ihr zu jeder Zeit mitsamt der Preise. Das Vermögen lässt sich so relativ schnell vermehren, erwartet nun allerdings keine komplexe Simulation von Warenkreisläufen und allem, was dazugehört. Es bleibt simpel und unkompliziert. Eine schnelle Möglichkeit, sich Geld zu verdienen. Einziger Nachteil ist, dass ihr dafür jedes Mal wieder zurück zum entsprechenden Gebäude gehen, es betreten und zu einem Tisch laufen müsst, um euch um eure Schiffe zu kümmern. Auf Dauer recht anstrengend und ermüdend.

Davon abgesehen bedient man sich einiger Spielelemente, die darauf ausgerichtet sind, dass Aveline eine Frau ist. Insgesamt gibt es im Spiel drei Kostüme - Assassine, Sklave, Dame -, zwischen denen ihr in Umkleidekammern grundsätzlich nach Belieben wechseln könnt, für manche Missionen sind aber auch bestimmte Outfits einfach Pflicht. Zugleich gibt es Unterschiede zwischen den jeweiligen Outfits: Während ihr als Assassine oder Sklave wie gewohnt klettern könnt, habt ihr nur als Sklave die Möglichkeit, euch unerkannt unter bestimmte Gruppen von Zivilisten zu mischen, die gerade ihre Arbeit verrichten, etwa Holz sägen. Die Dame kann unterdessen nicht klettern und kommt nur über Leitern überhaupt auf Dächer, gleichzeitig ist sie langsamer unterwegs, kann mit ihrem Schirm unbemerkt Pfeile verschießen, Wachen bestechen, die einen Durchgang versperren, oder bestimmte NPCs betören, woraufhin diese ihr kurzzeitig folgen.

Nicht nur ein guter Aussichtspunkt, ihr könnt von hier aus auch auf Gegner springen.

Das kommt auch schon mal in der einen oder anderen Mission zum Einsatz, wenn ihr etwa euer Ziel betören müsst, es dann in eine stille Ecke lockt und ausschaltet. Es ist ein wirklich nettes Feature, aber das Ganze hätte man auch noch konsequenter umsetzen können. Wie gesagt, bei manchen Missionen habt ihr schlicht keine andere Wahl, als ein bestimmtes Outfit zu nutzen, was schade ist. Ein sich je nach gewähltem Outfit unterscheidender Missionsverlauf wäre eine tolle Sache gewesen. So aber bleibt es bei einer netten Idee für einige Missionen, während man abseits dessen eher auf das standardmäßige Assassinen-Outfit setzt, sofern ihr nicht irgendwelche kostümspezifischen Trophäen sammeln wollt.

Die Vita-Features an sich hat man unterdessen mit Bedacht eingebunden. Es gibt Augenblicke, in denen Touchscreen, Bewegungssensor und Kamera zum Einsatz kommen, überhand nimmt das Ganze aber erfreulicherweise zu keinem Zeitpunkt. Zuweilen ist es gar etwas komplizierter als in einem normalen Assassin's Creed. Während ein Ezio nur mit gedrückter Taste an jemanden herangehen muss, um etwas zu klauen, müsst ihr hier schon mit dem Finger auf dem rückseitigen Touchpad mit dem Finger von oben nach unten fahren und dabei auf der jeweiligen Figur bleiben, wobei euch die Position des Fingers mit einem kleinen hellblauen Punkt glücklicherweise angezeigt wird. Aber dennoch ist es fummeliger, allen voran, wenn man das bei einem sich bewegenden Ziel versucht.

Fehlendes Feintuning

Letzten Endes erweckt Liberation aber leider den Eindruck, dass ihm an so einigen Stellen etwas mehr Zeit für das Feintuning gut getan hätte. Abseits eines aktuell kursierenden Savegame-Bugs kommt es schon mal vor, dass ihr während einer Mission, in der ihr auf einem Floß durch den Bayou fahrt, einen Rotrock dabei beobachtet, wie er über einen Bootssteg marschiert und an dessen Ende nicht etwa aufhört, sondern noch gut einen Meter durch die Luft läuft und dann langsam hinab ins Wasser sinkt und ertrinkt. Ebenfalls auffällig ist, dass an manchen Orten schlicht und einfach die gegnerischen Positionen auf der Mini-Map nicht mit den realen Positionen übereinstimmten - manchmal zeigte sich überhaupt kein Feind, obwohl er auf der Karte als roter Punkt dargestellt wurde. Dreimal blieb ich mitten in einem Baum beziehungsweise Baumstamm hängen, konnte mich weder bewegen noch befreien und war darauf angewiesen, dass mich die anwesenden Feinde töten.

Mit der Peitsche zieht ihr Gegner heran und setzt sie mit einem Fausthieb außer Gefecht.

Oder eine der Nebenmissionen, in der man Geschäftsrivalen ausschalten und plündern muss, wobei Letzteres jedoch bei einem partout nicht funktionieren wollte - auch nach mehrfachem Wiederholen. Und dass ich eine Trophäe für das Ausschalten eines Gegners mit aktiviertem Adlerauge und bei Nutzung des Blasrohres aus einem Baum heraus bekam, obwohl ich nur regungslos auf einem Baum saß und mich mit dem Adlerauge umschaute, spricht auch irgendwie Bände. Von der leider nicht gänzlich stabilen Framerate ganz zu schweigen. Versteht mich nicht falsch, in wahrscheinlich 85 Prozent der Spielzeit habt ihr damit keine Probleme, aber es gibt dennoch immer wieder Situationen, in denen man merkt, wie die Framerate kurzzeitig ein wenig in den Keller geht. Nie so sehr, dass es das Spielerlebnis negativ beeinträchtigt, aber in diesen Augenblicken dennoch deutlich spürbar - es hinterlässt ein unrundes Gefühl. Nun ja ... mit etwas mehr Feintuning ließen sich solche Problemchen sicherlich vermeiden. Stand da vielleicht jemand unter Druck, den Titel gleichzeitig mit der Konsolen-Version von Assassin's Creed 3 veröffentlichen zu müssen?

Grundsätzlich mag ich Liberation und ich mag starke weibliche Hauptcharaktere, obendrein macht mir zumindest bislang das Gameplay der Reihe auch mit jedem neuen Teil immer wieder Spaß. In Liberation ist das nicht anders, auf der Vita wird der Spielspaß allerdings durch die vielen kleinen Glitches und Fehlerchen unnötig getrübt, insbesondere der Savegame-Bug ist nach rund 15 investierten Stunden natürlich ein absolutes No-Go. Sofern Ubisoft gerade diesen Bug, und wenn möglich auch noch die Mehrheit der anderen Ungereimtheiten aus der Welt schaffen kann, wird aus Liberation ein guter Handheld-Ableger der Reihe, die Wertung wäre wohl eine 6 oder 7. Bis dahin solltet ihr mit dem Kauf aber besser noch warten oder unter Umständen einen unfreiwilligen Neustart mit einplanen.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Assassin's Creed 3: Liberation

PlayStation Vita

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Benjamin Jakobs

Leitender Redakteur News

Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.
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