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Ein Hoch auf das Konsolenwettrüsten!

Xbox Scorpio und PlayStation 4k als Retter der Konsolenwelt?

Die E3 steht vor der Tür und damit - wenn man den Gerüchten Glauben schenkt - auch die Ankündigung neuer Konsolenmodelle, gerade drei Jahre nachdem die aktuellen Geräte an den Start gingen. Viele sehen eine Transformation des bekannten Fünf-bis-sieben-Jahre-Lebenszyklus kommen, wähnen ein Modell nach Art des Smartphone-Marktes im Anmarsch und tatsächlich ist dieser Gedanke zunächst einmal kein allzu attraktiver.

Profitierten Konsolen in der Vergangenheit nicht ungemein von einer einheitlichen, unveränderlichen Hardware-Basis, aus der Entwickler mit den Jahren immer erstaunlichere Dinge herauskitzelten? War es nicht gerade die klare Message von Konsolen, die diesen Markt anschob? Ein klar strukturierter, übersichtlicher Produktkatalog mit einem klaren Top-Modell und dessen Vorgänger als Budget-Variante? Werden sich Käufer einer PS4 und Xbox One nicht verlassen fühlen, wenn sie nach nur drei Jahren wieder einem neuen Flaggschiff hinterhersehnen sollen?

Gebt's doch zu, kleiner wäre nicht schlecht...

Das sind alles valide Punkte und betonen nur, dass eine Metamorphose des Konsolenzyklus mit viel technischem und kommunikativem Know-how vonstattengehen muss, um die gut geölte Maschine, die der Konsolenmarkt nun mal ist, nicht ins Stottern zu bringen. Das Potenzial dafür ist durchaus gegeben, weshalb ich gut verstehen kann, dass beide Hersteller sich noch in Schweigen hüllen. Das sorgt aktuell zwar für deutlich größere Unsicherheit in der Community, aber nächste Woche ist die Katze ja hoffentlich aus dem Sack. Gleichzeitig sehe ich einer möglichen Ankündigung der neuen Geräte sehr gespannt und unterm Strich guter Dinge entgegen. Tatsächlich ist diese Entwicklung meiner Meinung nach eine große Chance, den gesamten Markt wieder aufzupeppen.

Denn überlegen wir doch mal: Was bedeutet ein Mid-Generation-Upgrade für uns in der Praxis? Ausgehend von dem, was man so hört, wird es in Zukunft sowohl von Sony - hier Digital Foundry's stichhaltige Prognosen zur 'PS4K' - als auch Microsoft ein neues, cross-kompatibles Top-Modell geben, während das alte weiterverkauft wird, möglicherweise in einem leiseren, schlankeren Formfaktor und höchstwahrscheinlich zu einem Preis, der vermutlich zwei Drittel von dem des Flaggschiffs kaum überschreiten wird. Ins Blaue geraten, würde es mich nicht wundern, wenn sich die jeweiligen Endgeräte bei 250 und 399 Euro einpendelten.

Geleakte Sony-Pläne sprechen von recht restriktiven Auflagen, was die Abwärtskompatibilität kommender Spiele angeht. Man kann davon ausgehen, dass Microsoft ähnliche Schutzmechanismen für Besitzer der "alten" Xbox One mit seinen Software-Lieferanten kommuniziert. Gleichzeitig muss man sich aber auch gewahr sein, dass eine Zwangskompatibilität mit betagter Ausrüstung immer auch beschränkt, was die Entwickler mit neuer Hardware zu leisten im Stande sind. Irgendwann dürfte daher der Punkt kommen, an dem das Mandat der Rücksicht auf die alte Hardware fällt. Gegner eines Mid-Generation-Upgrades befürchten deshalb eine verkürzte Lebensdauer und schlechten Support der alten Geräte. Aber: Wovon sprechen wir hier wirklich? Die PS4 und Xbox One sind drei Jahre alt, in den nächsten zwei Jahren steht nicht zu befürchten, dass sie unter die Räder der neu angestoßenen Evolution geraten und dann sind wir schon bei einem durchaus erfüllten Lebenszyklus von fünf Jahren angelangt.

... und leiser. Ach, was wäre das schön.

Ehemalige Platzhirsche wie die PS3 und Xbox 360 brachten es auf sieben bis acht Jahre, aber wenn man ehrlich ist, waren die letzten zwei eine der schlimmsten Technikbremse, die dieser Branche je angelegt wurde. Ausnahmen bestätigen die Regel, aber allgemein wurden die Konsolen weit über die Grenzen des ihnen Machbaren strapaziert. Schlimmstes Tearing, Textur Pop-ins und Bildraten durchschnittlich deutlich unter der 30-FPS-Grenze machen viele der alten Klassiker aus heutiger Sicht schlicht hässlich und verleiden einem teilweise sogar die Spielbarkeit. Die Auswirkungen spüren wir bis heute, denn die 1080p60 Zukunft, die sich einst die Macher der PS3 vorstellten, ist 2016 im Konsolenbereich ferner denn je. Wenn die aktuellen Konsolen also 24 Monate weniger technischen Siechtums erfahren und Spiele dafür wieder größere technische Sprünge machen können, ist mir das den Preis eines vergleichsweise günstigen Upgrades wert.

Man darf zudem nicht vergessen, dass die Vorzeichen für PS4 und Xbox One anders stehen, als seinerzeit für PS3 und Xbox 360. Die hoch spezialisierten Vorgänger waren damals auf der Höhe der Zeit und beeindruckten zum Start mit außergewöhnlichen Grafikeffekten. Die aktuelle Generation hielt dagegen zum Start gerade so mit dem PC-Segment mit, das seither gewaltige Sprünge hingelegt hat. Zu glauben, dieser Konsolenzyklus könne genau so verlaufen wie der letzte, ignoriert schlicht die Gegebenheiten des Marktes, in den diese Geräte hineingeboren wurden.

Von Herstellerseite gesehen macht der Umstieg auf neue Komponenten so oder so Sinn. Die bisherigen Chips auf Basis veralteter Technologie in unveränderter Kapazität herzustellen, wird irgendwann nicht mehr günstiger, sondern wieder teurer. Bis zu dem Punkt, an dem man für gleiches oder unwesentlich mehr Geld deutlich bessere Teile einkaufen kann. Wieso diesen technischen Vorteil also nicht an den Kunden im Rahmen eines frischen Produkts weitergeben? Vor allem, wenn das bedeutet, dass man als Anbieter immer ein aktuelles und technisch schlagfertiges 399-Euro-Gerät im Ladenregal stehen hat und weniger anspruchsvollen Kunden eine günstige Einstiegsvariante bietet.

AMD gab kürzlich bekannt, drei neue Designaufträge für Chips errungen zu haben. Man darf davon ausgehen, dass der technische Grundstein der kommenden Konsolen in dieser Auflistung augebildet ist.

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr begrüße ich diese neu entdeckte Korrektivmaßnahme Sonys und Microsofts. Der Gedanke mag uns noch eine Weile gegen den Strich bürsten und es liegt in den Händen der Hersteller, den Übergang so nahtlos und den bestehenden Kunden gegenüber respektvoll wie möglich zu bewerkstelligen. Das beginnt bei zumindest zeitweiser kompletter Kompatibilität der Geräte zueinander und endet nicht mit attraktiven Umstiegsangeboten von MS, Sony und Händlern wie Gamestop. Dann habe ich keine Probleme, mir eine befriedigende Koexistenz zweier unterschiedlich starker Produkte in einer Konsolenfamilie vorzustellen.

Ich bin sicher nicht der einzige, der es ein bisschen traurig findet, dass Konsolen sich damit abgefunden haben, am unteren Ende der Hardware-Nahrungskette ihr Dasein zu fristen. PS4lern genügt die Erkenntnis, die ein wenig, im Grunde aber im vernachlässigbaren Rahmen bessere Version der Konkurrenzmaschine zu besitzen. Xbox-User machen die paar Bildpunkte und FPS, die hier und da fehlen, immer weniger aus. Jeder gefällt sich in seiner Rolle, während der Regen an Häme, den die "PC Master Race" von ihrer Wolke herabschüttet, über den glühenden Kassen der Konsolenhersteller verdampft. Ich vermisse den technischen Konkurrenzkampf, clevere Einfälle auf beiden Seiten und den Willen, den Status Quo alle paar Jahre ordentlich durchzuschütteln. Wenn die neuen Geräte das leisten, bin ich an Bord.

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Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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