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Call of Duty XP

Andere Länder, andere Sitten

Von wegen Computerspiele schulen nicht für den Ernstfall. Zum ersten Mal eine Paintball-Gun in der Hand und auf Anhieb 27 von 29 Treffern in einem äußerst realistischen Nachbau der Pit aus Modern Warfare 2. Es mag sein, dass es mit einer richtigen Knarre anders gelaufen wäre, aber meine Hand-Auge-Koordination funktioniert. Waffe hoch, anvisieren und abdrücken. Beim zweiten Anlauf ging kein Schuss daneben. Irgendwie erschreckend. Gut, dass ich so ein friedlicher Mensch bin.

Überhaupt gab es beim Call-of-Duty-XP-Event in Los Angeles immer wieder Momente, in denen die Realität etwas zu nah an der Virtualität dran war. Versteht mich nicht falsch: Als wir uns bei einer wirklich genialen Partie Gotcha auf einem Scrapyard-Nachbau im 16 vs. 16 Domination-Modus herumtrieben, hatte ich eine Menge Spaß und anschließend lagen sich alle Teilnehmer erschöpft und glücklich in den Armen. Trotzdem blieb mir die Freude spätestens bei der anschließenden Jeep-Experience irgendwie im Halse stecken.

Nachdem einer meiner amerikanischen Beifahrer zum ersten Mal "Let's kill some skinnys" (Skinny ist eine abfällige Bezeichnung für Schwarzafrikaner) in die Runde geworfen hatte, wurde es absurd. Mit in einem nagelneuen, auf Modern-Warfare-getrimmten Jeep ging es auf ein großes Fabrikgelände mit einem nachgebautem afrikanischen Dorf, diversen Hindernissen und Blechhütten. Auf einmal strömten amerikanische Spezialeinheiten das Gelände und lieferten sich mit den Einheimischen wilde Feuergefechte. Alles im Stile eines Live-Action-Events á la Universal-Filmpark. Nur eben mit viel zu realem Bezug und Schauspielern, die ihre Arbeit sehr, sehr ernst nahmen. Das war mir dann doch etwas zu gruselig.

Sergeant Metzger nach dem ersten Durchgang in der Pit (Gut, dass man den Schweiss nicht sieht).

Ja, die fetten Hollywood-Explosionen und die anschließende Erstürmung eines Gebäudes samt echten Waffen, Platzpatronen und herumliegenden Frauenleichen waren ein "unvergessliches" Erlebnis, aber in dieser Form für meinen Geschmack einfach eine Spur zu hart. Ich mag es ja, wenn es in Spielen gerne etwas wilder zugeht, doch irgendwie fühlt sich das Ganze mit echten Menschen bitter an.

Doch genug mit erhobenem Zeigefinger herumgefuchtelt, zurück zur eigentlichen Veranstaltung. Hier erstmal die Fakten: Ganz im Stile von Blizzards BlizzCons veranstaltete Activision am ersten September-Wochenende in zwei riesigen Hallen eine Art Call-of-Duty-Convention. Laut Veranstalter kamen ca. 6.000 Besucher, zahlten jeweils 140 Dollar und konnten dafür den Multiplayer anzocken, einen Gutschein für eine Hardened-Edition von Modern Warfare 3 und die erwähnten Live-Events mitnehmen.

Letztere boten neben der skurrilen Jeep Experience und den spaßigen Gotcha-Events auch noch eine überraschend schnelle Zipline und einen nachgebauten Burgertown-Imbiss. Allein die Preise in der Frittenbude waren etwas überzogen. Ein Hamburger ging bei 12 Dollar los. Das Premium-Paket mit zwei Super-Burgern gab es für satte 35 Dollar. Nett: An jedem Stand bekam man nach Absolvierung ein Aufnäh-Abzeichen. Wenn man beim Paintball gewann beziehungsweise die Pit perfekt abschloss, sogar einen Prestige Sticker.

Als Höhepunkt jedes Abends gab es dann noch ein schickes Konzert. Am ersten Abend die schnellen Irish-Rock-Hymnen von Dropkick Murphy und am zweiten Abend den Bombast eines Kanye West. Also trotz elendig langer Wartezeiten von über drei Stunden an den Offline-Events ein gutes Paket, dessen Erlös auch noch an eine Stiftung für Kriegsveteranen übergeben wurde. Keine Abzocke, keine Geldmacherei.

Und ja, die meisten Zuschauer waren begeistert. Mit glühenden Augen tapsten sie durch die Armory in der es so ziemlich jede Waffe der insgesamt sieben Call-of-Duty-Teile zu sehen gab. Schrotflinten, Scharfschützengewehre, selbst eine nachgemachte Mini-Gun hatten die Veranstalter aufgetrieben. Sie begeisterten sich an dem neuen Survival-Modus, wagten sich selbst in Multiplayer-Matches und bestaunten am Ende die Künste der angereisten Call-of-Duty-Clans, die sich in einem Eine-Million-Dollar-Turnier harte Kämpfe lieferten. Bis auf die patriotischen Hurra-Rufe, wenn die amerikanischen Truppen erwähnt werden, und den wirklich etwas dämliche Jeep-Live-Action-Blödsinn also ein ganz normales Fan-Fest. Nur dass die Hälfte der Anwesenden zu Hause Gewehre im Schrank stehen hat und damit gern auf den Schießstand geht. Andere Länder, andere Sitten.

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