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Catherine

Catherine oder Katherine?

Doch keine Angst, Catherine verkommt weder zur Videospiel-Soap noch zur Nabelschau für Anfangs-30er, dafür sorgt neben Vincents Frauenproblemen das primäre spielerische Element. Es wurde bereits angedeutet: Vincent leidet unter grotesken Alpträumen, in denen er auf abstruse Art gleichzeitig persönliche Probleme verarbeitet und um sein Leben kämpft. Immer wieder findet er sich nur mit Unterhose und Kopfkissen am Fuß eines gigantischen Turmes wieder – nur wenn er die Spitze des Turms erreicht, erwacht er wieder. Fällt er dagegen in den klaffenden Abgrund oder wird von einem der grauenhaften Verfolger erwischt, dann wird er die Nacht nicht überleben.

Während das Spiel tagsüber prinzipiell den Visual-Novel-Gesetzen folgt und Vincent vor so manch schwierige Entscheidung stellt, erweisen sich die Alpträume als knackig-schwerer Puzzle-Geschicklichkeits-Mix. Atlus' Entwickler verlassen nach den tollen Persona-Spielen erstmals endgültig das RPG-Genre und liefern dabei beeindruckende Arbeit ab. Vincent steuert sich extrem flott auf den Tile-basierten Türmen. Er kann laufen, springen, sich hangeln und Blöcke bewegen, um höher gelegene Plattformen zu erreichen. Das fühlt sich aber kaum wie ein Prince of Persia oder ein God of War an, sondern viel eher wie ein sehr flottes Puzzle-Spiel.

Euer stetiger Begleiter ist dabei die Panik: Immer wieder brechen Teile des Turms hinab – seid ihr zu langsam, dann fallt ihr mit in die Tiefe. Noch schlimmer sind die Alptraum-Kreaturen, die Vincent verfolgen, ein Paar riesiger Hände gehört da noch zu den harmloseren Exemplaren. Die verändern schon einmal den Turm, machen bestimmte Wege unpassierbar und greifen Vincent gelegentlich auch selbst an. Ein Blick auf diese Monster und ihr gebt gleich nochmal Extra-Gas, um die rettende Turmspitze zu erreichen.

Die alptraumhaften Klettereien sind spannend inszeniert und vollgestopft mit seltsamer Symbolik.

Die Mischung bei Catherine ist einfach faszinierend. Eine gehaltvolle Handlung mit vielen Freiheiten, ein angenehm gewöhnlicher Protagonist zwischen zwei faszinierenden Frauen und mit seltsamen Bildern und Symbolen aufgeladenen Alptraum-Sequenzen – das ist alles ungleich faszinierender als die übliche „Supersoldat"-Kost, die momentan so gnadenlos den Markt überflutet.

Mögen die Klettersequenzen auf den ersten Blick noch etwas simpel erscheinen, fügen sie sich doch hervorragend in das Gesamtbild ein. Typische RPG-Dungeons, wie sie manch ein Persona-Veteran hier vielleicht erwartet hätte, würden dem Spiel nicht nur viel Dynamik nehmen, sondern es auch gleich wieder ein eine klassische Genre-Schublade zwängen.

Das bleibt Catherine nun erspart. Das Spiel ist unmöglich einzuordnen, aber doch gerade auch für Nichtspieler weitaus zugänglicher als ein klassischer Genre-Titel. Das Setting ist nachvollziehbar, das Prinzip gleich begriffen und dank das bereits erfolgten Japan-Releases kann Atlus bis zur US-Veröffentlichung (über eine europäische Version ist bislang nichts bekannt) den Hauptkritikpunkt der japanischen Spieler in Ruhe angehen: Die empfanden den Schwierigkeitsgrad selbst auf der niedrigsten Einstellung als zu hoch – während Atlus in Japan in Kürze per Patch nachbessert, wird die West-Version direkt vom zusätzlichen Feintuning profitieren.

Am Morgen danach erkennt Vincent, dass er einen großen Fehler gemacht haben könnte...

Die jüngeren Semester unter euch können es vielleicht noch nicht nachvollziehen, aber irgendwann hat fast jeder genug vom üblichen Genre-Einheitsbrei. Irgendwann will man die Welt nicht mehr über den Lauf einer Waffe blickend in Schutt und Asche legen, irgendwann hat man genug von der ständigen Orientierung der großen Titel an dümmlichen Bruckheimer-Blockbustern.

Daher ist ein Spiel wie Catherine ein wahrer Segen. Catherine lässt sich spielerisch und inhaltlich mit kaum einem bekannten Titel vergleichen, geht thematisch mutig neue Wege und zeigt eindrucksvoll, dass man über das Medium Videospiel noch ganz andere Geschichten erzählen kann. Aufgrund der zu hohen Sprachbarriere habe ich meinen Weg durch das japanische Catherine relativ bald abgebrochen und freue mich jetzt wie ein Schnitzel auf die verständliche US-Version. Die Turm-Klettereien sind zu herausfordernd, die Geschichte um Vincent zu mysteriös und Katherine und Catherine sind einfach zu sexy, als dass man sich den Spaß an diesem faszinierenden Stück Software verdirbt, indem man sich durch eine unverständliche Fassung quält. Also, Catherine und Katherine – im Juli sehen wir uns wieder...

Catherine erscheint am 26. Juli 2011 in den USA, über einrn EU-Release ist bislang nichts bekannt. Während die Xbox-360-Fassung über einen Ländercode verfügen wird, läuft die PS3-Version auch auf PAL-Konsolen.

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Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.
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Catherine

PS3, Xbox 360, PC

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