Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Children of Morta - oder warum mehr Spiele einen Erzähler haben sollten

Für das, was zwischen den Pixeln passiert.

Ich habe ja gestern schon auf die zeitlich begrenzte Steam-Demo von Children of Morta hingewiesen. Nachdem ich mich aber selbst noch mal ein wenig im ersten Dungeon umgeschaut habe, würde ich an dieser Stelle ganz gern noch einmal betonen, dass ihr euch heute Abend oder morgen im Laufe des Tages diese Probierversion unbedingt noch anschauen solltet, bevor die Demo wieder verschwindet. Die wird nämlich ab morgen um 17:00 Uhr ihren Dienst versagen, auch wenn ihr sie vorher runtergeladen hattet.

Ich bin jedenfalls tatsächlich ein Stück weit am Haken. Das liegt aber nicht in erster Linie an der durchaus gelungenen Mixtur aus Zelda und Diablo mit Roguelite-Ambitionen, und auch nicht unmittelbar an der grafischen Aufmachung, die ich ohnehin schon extrem gut finde. Es ist allgemein eine schön heimelige, aber auch ein wenig räudige Atmosphäre, die das Spiel in exzellentem Stil aufzieht. Was soll ich sagen - ich liebe einfach einen guten Erzähler, der das Geschehen aus dem Off kommentiert. Und Morta bringt einen von den Guten mit.

'Bitte gehen sie weiter! Hier gibt es nichts zu sehen. Vor allem keine unterweltlichen Opferrituale!'

So redselig wie in den Werken von Supergiant (Bastion und Konsorten) ist der hier zwar nicht, aber er nimmt den grobpixelig gezeichneten Figuren viel von der narrativen Last ab, indem er diese in Texteinblendungen oder ausdrucksstarken Animationen miteinander kommunizieren lässt. Es funktioniert einfach besser, wenn man keine menschliche Stimmen aus diesen Pixelmündern hört - ein Effekt, den ich schon in CD-ROM-Fassungen klassischer Point-and-Click-Adventures an mir beobachten konnte. Der Erzähler untermalt das Szenenbild dann mit sonorem Organ, das in schön schaurigen Beobachtungen den Dingen Form und Wirkung verleiht, die die handgezeichnete Grafik nicht einfangen kann.

Er klingt ein wenig wie Ser Jorah Mormont aus Game of Thrones, wenn der in Richtung Maester statt Schwertkämpfer geskillt hätte und macht einen verdammt guten Job, mit Worten ein Szenenbild zu etablieren. Und wenn ein Run durch einen der prozedural generierten Dungeons mal in einem Bildschirmtod beziehungsweise einer magischen Bergson-Evakuierung endet, wirft er im Anwesen der Familie ein wenig Licht auf das Gefühlsleben der Charaktere. Bei jedem meiner drei gescheiterten Anläufe durch das spinnenverseuchte erste Verlies - den Boss habe ich noch nicht erreicht - befasste er sich mit einem anderen Familienmitglied - und ihr lasst einfach den Cursor zu dem Zimmer des Bergson-Hauses schweifen, dessen Bewohner euch am meisten interessiert.

Die Familie Bergson bewacht den Berg. Bestimmt seit Generationen, denn das hier ist ein Fantasy-Spiel ... und drei dieser Generationen sitzen schließlich schon um diesen Tisch herum.

Das Haus dieser Familie an mythischen Wächtern über den Berg ist gewissermaßen ein großes Menü, in dem man nicht nur sieht, was der Rest der Bande so treibt - von denen jedes Familienmitglied mit Ausnahme der betagten Großmutter als eine andere Klasse Krieger auf den Dungeon-Crawl geht - oder rüstet in der Schmiede global die Ausrüstung und Talente aller auf. Und soll es auf ein Neues in den tödlichen Kerker gehen, klickt man einfach auf den Kamin, der einen Geheimgang mit Wendeltreppe in die Portalhöhle unter dem Haus öffnet. Es wirkt einfach alles wunderbar aus einem Guss und die Stimmung umso stärker.

Und wie schön der Erzähler immer wieder auf die einzelnen Figuren eingeht, das entkräftet ein Stück weit meine Sorge, die ich bei meinem ersten Artikel über Morta schrieb, Wiederspielbarkeit und Geschichte könnten sich ein Stück weit beißen. Im Grunde haben wir hier dieselbe Mischung aus Charakterarbeit und Hack-and-Slash, die gerade auch im exzellenten Hades dafür sorgt, dass man nie böse ist, wenn man doch auf dem kürzeren (und blutigeren) der beiden Wege wieder in die schützenden vier Wände zurückkehrt.

Stirbt man, holt's einen zu diesem Stein zurück.

Selbst die prozedurale Generierung fällt bislang nicht als beliebig oder lieblos auf, es ist halt eine unterirdische Höhle und die kann viele Formen haben - und wer Handgemachtes braucht, der findet das in dem Bereich im und um das Anwesen herum. In die Wälder, die das Haus umgeben, schickt man den Spieler im Tutorial als erstes. Nicht nur dürften die manuell gestaltet sein, ich könnte mir auch vorstellen, dass es immer wieder Areale gibt, die nicht prozedural vom Spielcode gebaut wurden. Und selbst wenn nicht: Bisher habe ich nichts auszusetzen und freue mich in erster Linie, dass ich nie weiß, was mich als nächstes erwartet.

Cool sind auch die verschiedenen Reliquien, von denen ich bisher auf jeder Etage immer eines fand: Ein Totem etwa, das ich absetzen konnte, und dass dann Feuerbälle auf meine Gegner schoss, oder eine Art Fantasy-Drohne, die mich automatisch begleitete und meine Feinde angriff. Man weiß nie, was man bekommt, nur, was man mitnimmt, wenn man stirbt - Gold und Upgrade-Punkte, mit denen man im nächsten Ablauf hoffentlich etwas besser dasteht.

Cover image for YouTube videoChildren of Morta Debut Trailer

Womit ich noch nicht ganz klarkomme (neben den fürchterlichen Ladezeiten, bei denen mich schwer wundern würde, wenn sie so blieben): Die Spielfigur kennt nur ein Lauftempo und unterliegt keinerlei Trägheit. Bei euren Eingaben wird keine analoge Abstufung registriert, euer Streiter, welcher auch immer, ist einfach immer zügig unterwegs. Auch an Treffer-Feedback, Gegner-"Tells", die Attacken signalisieren, und der Balance könnte man noch ein wenig feilen, damit man ein unmittelbareres Gefühl dafür bekommt, wer nun wen trifft und wer warum tot umgefallen ist. Aber bisher hält mich das nicht davon ab, weiter zu versuchen, den ersten Boss zu erreichen, mit dem die Demo endet.

Wer mit dem grafischen Stil - "Pixelart Ralph Bakshi", abzüglich der Brüste - und der Mixtur aus zügigem Dungeon Crawl und hübsch atmosphärischem Action-Adventure etwas anfangen kann, sollte sich heute definitiv die Zeit nehmen, die Demo von Children of Morta herunterzuladen.


Entwickler/Publisher: Dead Mage/11 bit Studios Erscheint für: Nintendo Switch, PS4, Xbox One, PC - Geplante Veröffentlichung: Sommer 2019 - Angespielt auf Plattform: PC

In diesem artikel

Children of Morta

PS4, Xbox One, PC, Mac, Nintendo Switch

Awaiting cover image

Coole Indies

PS4, Xbox One, PC, Nintendo Switch

Verwandte Themen
Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Kommentare