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Crysis

'Manchmal ist es der Sound, der etwas gut aussehen lässt.'

Eurogamer: Viele Spiele nutzen heutzutage dynamische Soundtracks. Crysis auch?

Tomas: Ja, der Soundtrack ist dynamisch. Gegenüber Far Cry haben wir zahlreiche Verbesserungen vorgenommen. Die Musik baut Spannung auf und geht mehr darauf ein, was der Spieler gerade macht und weniger auf das, was die KI gerade denkt. Wenn man also wie Rambo spielt, mit Granaten um sich wirft und auf explodierende Fässer schießt, dann bekommt man einen schnellen und actiongeladenen Soundtrack. Wenn man strategischer spielt und Gegner mit dem Scharfschützengewehr auf’s Korn nimmt, dann wird das mit Spannung erzeugenden Klängen untermalt. Das Ziel ist eine filmreife Wirkung. Wir arbeiten mit Inon Zur zusammen, einem exzellenten Komponisten. Der Soundtrack wird sicher nicht enttäuschen.

Eurogamer: Surround-Sound ist sehr wichtig, vor allem beim Spielen. Was wird es bei Crysis? 5.1? 7.1? Gibt es in einer bestimmten Szene besonders genialen Surround-Sound?

Christian: Ja, die gibt es! Zum Beispiel heftige Erdbeben, bei denen Felsen von den umgebenden Bergen fallen. Wir versuchen immer Surround zu nutzen – wenn es sich lohnt. Aber bedenkt bitte, dass wir immer darauf achten müssen, nicht zu sehr durchzudrehen. Jeder soll mit einer guten Framerate spielen können. Auch die mit schlechteren Systemen. Diese Szene hat also beides – Multichannel-Effekte und 3D-Soundquellen um Dich herum.

Eurogamer: Die Band Kraftwerk experimentierte vor 30 Jahren mit computergenerierten Stimmen herum. Glaubt Ihr, dass man eines Tages keine Synchronstimmen mehr in Spielen brauchen wird?

Joe: Ich erinnere mich gerade an ein paar fabelhafte Geräuschkulissen von denen – mit Synthi-Vögeln. Wirklich wunderschön. Naja. Ich glaube, wir werden in Zukunft immer noch reale Stimmen verwenden, weil es einfach so tolle gibt. Einem Sprecher die Möglichkeit zu geben, sich kreativ einzubringen, erhöht so sehr die Tiefe eines Spiels. Warum sollte man die kreativen Möglichkeiten auf den Input einer Person reduzieren, wenn es auch verschiedene Charaktere im Spiel gibt? Außerdem sind die Ohren im Vergleich zu den Augen sehr viel empfindlicher, schneller und auch überlegener – von der dynamischen Bandbreite, über die Frequenz bis zur temporalen Auflösung: Man braucht nur ein paar Frames pro Sekunde, damit die Augen glauben, etwas würde sich bewegen.

Audio Director Joe Zajonc kennt sogar noch Kraftwerk.

Wo wir gerade darüber sprechen, wäre es natürlich wünschenswert, wenn man die Emotionen in einer Aussage interaktiv modulieren könnte. In diesem Fall könnte der Sprecher seinen Text mit einem bestimmten Gefühl betonen, aber abhängig vom Spielverlauf würde er moduliert werden. Damit wäre die grundsätzliche Personality des Sprechers vorhanden, die Emotionen würden sich hingegen verändern – je nachdem, was der Spieler gerade erlebt.

Eurogamer: Was ist mit Sprachsteuerung? Glaubt Ihr, dass KI-Mitspieler in einem Eurer nächsten Projekte über so ein Feature gesteuert werden können?

Joe: Das ist momentan nicht geplant. Ich finde die Idee aber gut. Vor allem für Konsolen, bei denen man ja die fehlende Tastatur ersetzen muss. Das hat einen von uns daran erinnert, wie er seinem Großvater helfen musste, eine Spracheingabe-Software zu konfigurieren. Damit er Briefe an einen Freund schicken kann. Nach Stunden schmerzhafter Kalibrierung, entschloss sich der Großvater seine dritten Zähne einzusetzen. Natürlich mussten sie noch einmal von Vorne kalibrieren. Die Moral der Geschichte: Wenn Spieler älter werden, müssen sie daran denken, ihre Zähne einzusetzen.

Eurogamer: Lustig und wahr gleichzeitig. Apropos Durchbeißen: Was ist die größte Herausforderung in Bezug auf den Sound?

Tomas: Wenn man für eine Firma arbeitet, die bekannt ist für seine Grafik – dann ist die größte Herausforderung, einen Sound abzuliefern, der sich damit messen kann. Es gibt so viele wunderbare Details in den Leveln, so viele dramatische Story-Elemente, so viele unterschiedliche Wege, die Level zu beenden. Da zur richtigen Zeit den richtigen Mix anzubringen, ist eine große Herausforderung. Wir investieren sehr viel Zeit, jede mögliche Situation durchzugehen und das Spiel so real und dynamisch wie möglich wirken zu lassen. Gleichzeitig müssen wir aber auf die Performance achten. Es gibt hunderte an versteckten Features, die den Sound wirklich Next-Gen werden lassen, aber sie müssen trotzdem auf jedem PC funktionieren. Obwohl wir einige sehr zufriedenstellende Resultate erzielen konnten, haben wir immer noch eine Menge Arbeit vor uns.

Kawuuuum: Wenn es kracht, muss man das auch aus den Boxen spüren.

Eurogamer: In Crysis kann man Gegner einfrieren. Und sie können danach sogar in kleinste Teile zerspringen. Habt Ihr dazu eine Handvoll Eiswürfel auf den Boden geworfen?

Christian: Um ehrlich zu sein: Ja! Berge an Eis wurden verwendet, um diesen Effekt umzusetzen. Wir haben auch jede Menge Aufnahmen mit verschiedenen Materialien gemacht – von kalter Aluminium-Folie, Styropor, Zucker und so weiter.

Eurogamer: Technische Verbesserungen bringen uns realistischere Grafiken. Wie wird sich der Sound in der Zukunft verbessern? Wenn man die Stimme einer Person aufnimmt, ist die ja schon real. Wie geht das noch besser? Beispielsweise gibt es da diese Surround-Lautsprecher mit farbigen LEDs. Und immer wenn etwas im Hintergrund explodiert, hört man es aus den hinteren Lautsprechern – aber sie leuchten auch rot und erhellen so den Rest des Raums.

Christian: Das ist ein gutes Beispiel, wie man versucht, dem Spieler eines breiteres Spektrum an visuellem Feedback zu geben. Der Screen soll größer und breiter aussehen. Ich glaube, dass Sound unter Einsatz von Surround-Technologie den Screen verbreitert. Es ist das Bild in Deinem Kopf, das Dich das Spiel erleben lässt. Nicht das Bild auf dem Monitor. Absolut – die erhältlichen Screens werden größer und größer, Surround-Systeme bekommen immer mehr Kanäle. Vielleicht kriegen wir irgendwann bequeme Helme, die die Grafik direkt ins Auge projizieren und die mit Mini-Speakern über, unter und um den Kopf herum ausgestattet sind. Dann hätten wir ein sehr viel realistisches dreidimensionales Erlebnis vor uns. Jules Vernes erfand zu einer Zeit Geschichten über U-Boote und Raumschiffe, in der es pure Science Fiction war. Wir nähern uns etwas wie der „Matrix“ – und Videospiele bringen uns momentan am Schnellsten dorthin.

Florian Füsslin ist der Jüngste im Team und als Junior Audio Designer tätig.

Technisch gibt es immer etwas zu verbessern. Nicht der Sound selbst kann besser werden, auch die Tools, um diese Effekte zu erzielen, müssen besser werden. Aktuelle Spiele brauchen eine Menge Grundbausteine: Modelle, Texturen, Levels, Animationen, Sounds und Dialoge. Je effektiver man sie produzieren kann, desto mehr kann man erreichen. Aber natürlich gibt es auch viele Verbesserungen, die sich mit existierender Audio-Technologie erreichen lassen. Zum Beispiel bessere 3D-Positionierung oder Hall-Effekte – und wir arbeiten bereits daran.

Eurogamer: Wie viele verschiedene Soundeffekte gibt es im Spiel? Wie viele Zeilen Dialoge?

Tomas: Hm… Das ist schwierig. So viele Sounds haben unzählige Variationen. Fahrzeugen sind sehr komplex; Natur und Physik reagieren auf die Aktionen des Spielers auf verschiedene Art und Weise. Um ehrlich zu sein, zählen wir gar nicht. Wenn wir Musik, Dialoge und Effekte zusammenzählen, dann kommen wir auf etwas 6 Gigabyte an unkomprimierten Daten. Sie werden uns umbringen lassen, wenn sie das erfahren [lacht].

Eurogamer: Was war das lustigste Erlebnis, dass Ihr bislang während der Arbeit an Crysis hattet?

Florian: Natürlich gab es jede Menge witzige Ereignisse bis jetzt. Eines der besten war ein Bug, bei dem Panzer durch Wände fuhren und ineinander pflügten. Sie sollten mir eigentlich folgen, also drehte ich mich um, um nach ihnen zu sehen. Genau in diesem Augenblick sagte einer von ihnen ‚Es ist ein Vergnügen, mit einem Profi zu fahren!‘“

Eurogamer: Vielen Dank für das ausführliche Gespräch!

[Alle]: Kein Problem! Es war uns ein Vergnügen, für einen Augenblick reflektieren zu können, an was wir alles arbeiten.

Crysis erscheint irgendwann 2007.

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