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Darum scheiden sich bei Dark Souls die Geister: Ein Meinungsaustausch

Melanie hat ihren Partner mitgebracht, um mit ihm über Dark Souls zu diskutieren. Einer Meinung sind die beiden nicht.

Dark Souls ist ein Spiel, das die Gesellschaft - oder zumindest meine Paarbeziehung - spaltet. Entweder man liebt es oder man hasst es. Viel dazwischen gibt es nicht (bei uns). So sehr ich es auch versuche, ich kann dem Spiel nichts abgewinnen - mein Freund allerdings liebt das Franchise sehr und hat unzählige Stunden hineingesteckt. In diesem Artikel diskutieren wir unsere Ansichten einmal öffentlich aus. Ganz ohne Streitschlichter, denn dann hättet ihr das Popcorn ja ganz umsonst in die Mikrowelle gestellt.

Entschieden warf sie das Handtuch

Melanie: Mhh. Wie fange ich am besten an, ohne den Hardcore-Gamern auf den Schlips zu treten? Ich beginne mal im genauen Gegenteil zu Dark Souls - kurz und schmerzlos. Mir persönlich gefallen die Souls-Games nicht. Ich erkenne die Titel von From Software als wichtige und wertvolle Beiträge zur Spielelandschaft an, aber selbst spielen möchte ich sie lieber nicht. Dark Souls ist der Inbegriff eines schweren Spiels, was es ja auch sein will, aber für so etwas sind mir Leben und Laune einfach zu schade.

Vor ein paar Jahren habe ich mit ein paar Freunden den dritten Teil von Dark Souls ausprobiert. Abwechselnd haben wir uns am ersten Boss versucht. Ist einer gestorben, war der nächste dran. Bereits in diesen wenigen Stunden hat es das Spiel geschafft, mich für den Rest meines Lebens abzuschrecken. Angucken ja, anfassen, nein. An der Grafik lag es nicht. Es sieht gut aus und hat eine wunderbar düstere Atmosphäre mit richtig coolen, widerlichen Gegnern. Vielmehr ist es die tödliche Prämisse des Spiels, die mir absolut nicht zusagt.

In Dark Souls 2 gibt es zum Beispiel diesen dicken Ekel-Zyklopen.

Der interaktive Folterkeller

Wenn ich nicht kompetitiv spiele, möchte ich vor allem Spaß haben, ein wenig knobeln, einer guten Geschichte folgen, die Atmosphäre aufsaugen - aber ich will meine Freizeit nicht damit verbringen, tausend Tode zu sterben und mich wie die schlechteste Spielerin der Welt zu fühlen, nur um nach einer halben Ewigkeit mal einen einzigen Boss gelegt zu haben. Lieber sterbe ich in einem Multiplayer-Match gegen einen echten Menschen, der vermutlich lange trainiert hat und sein Bestes gibt, als gegen eine KI, die sowieso darauf ausgelegt ist, dass man sie früher oder später töten kann. Da fühl' ich mich gleich doppelt unfähig.

Es zwanzig weitere Male zu versuchen und trotzdem zu scheitern, möchte ich mir dann lieber ersparen. Bis es zum ersten Erfolgserlebnis kommt, bin ich mit meiner Motivation schon so am Boden, dass es nicht mehr weitergeht. Vor allem, wenn ich im Hinterkopf habe, dass ich dieses Prozedere noch viele weitere Male durchmachen darf. Das wäre in etwa so, als würde ich einen Berg hinauflaufen. Ich laufe und laufe und schwitze und quäle mich hoch, bis es endlich eben wird - nur um dann festzustellen, dass ich erst an einem kleinen Zipfel stehe und nur einen Bruchteil des Weges geschafft habe. So masochistisch veranlagt bin ich einfach nicht. Und so gut, um die Bosse in einer für mich zufriedenstellenden Geschwindigkeit zu töten eben auch nicht.

Als eher ungeduldiger Mensch, dem am Ende seines Tages ohnehin nur begrenzte Freiheit zur Verfügung steht, habe ich nicht das Verlangen und nicht die Zeit, mich über Stunden hinweg damit zu beschäftigen, wie ich nur eine kleine Etappe eines nicht gerade kurzen Games bewältige.

Motivation lässt sich nicht erzwingen

Doch nicht nur die großen Gegner lassen meine Lust am Spiel verfliegen. Dark Souls will mich immer und überall leiden sehen. Speicherpunkte sind nur spärlich verteilt, die immergleichen respawnenden Gegner nerven und meiner ohnehin schon schlechten Orientierung tut das Fehlen einer Karte sowie eindeutiger Wegbeschreibungen einfach keinen Gefallen. Zusätzlich noch hier und dort von NPCs oder anderen Spielern invadet zu werden, setzt dem Ganzen die Frust-Krone auf.

In diesen vielen Steinen, die mir Dark Souls in den Weg legt, sehe ich keine Herausforderung, die es sich zu meistern lohnt. Aufwand und Belohnung passen für mich einfach nicht zusammen. Gut, ich kann erzählen ich habe Ornstein und Smough besiegt und alle denken "Uuuuuh, sie ist so eine krasse Gamerin." Aber das brauche ich nicht, solange ich in League of Legends immer noch einen echten Menschen hinter seinem Bildschirm zum Ausrasten bringen kann. Ich streue gerne Salz in Wunden, aber essen mag ich es nicht. Und Dark Souls will es mir löffelweise reinschaufeln - und das ohne lustiges Propellergeräusch.

Ornstein und Smough ist dieses gefürchtete Boss-Duo hier.

Macht die Melanie zu viel Mimimi? Bin ich verweichlicht? Oder ist es okay, dass ich keinen Spaß daran habe, mich in einem Spiel abzurackern, das mich einfach nicht motiviert? Mein Gehirnschmalz hebe ich mir dann doch lieber für kleine knifflige Rätsel und meine Konzentration lieber für ein Shooter-Match auf. Ihr dürft das Spiel mögen, lieben oder von mir aus sogar vergöttern - aber bitte versteht, dass es nicht allen Gamern auf diesem Planeten so geht.

Gut Ding will Weile haben

Aleksandar: Moment mal, was muss ich hier lesen? Man legt Wert auf Rätsel, gute Geschichten und eine tiefe Atmosphäre und kann aber nichts mit den Souls-Spielen anfangen - mitunter DIE Stärken der Reihe? Bei solchen Aussagen sollten bei einem sogenannten Hardcore-Gamer, dem auf den Schlips getreten wurde, alle Alarmglocken läuten. Ganz verübeln kann ich es meiner Partnerin jedoch nicht, da meine Beziehung (zu den Souls-Spielen) auch nicht immer einen rosigen Verlauf nahm.

Dazu muss ich die Uhr nur um zehn Jahre zurückdrehen. Kurz nach Release von Dark Souls im Jahr 2011 probierte ich das Spiel auf den Rat eines Freundes aus. Es sei das beste Spiel, dass er jemals gespielt habe, beteuerte er damals, und ich dürfe nicht aufgeben, egal wie schwer es werden sollte. In meiner jugendlichen Arroganz und der frisch erlangten Volljährigkeit dachte ich natürlich, dass es nichts weiter als ein Klacks werden würde. Spätestens die Tümpel in Blighttown sollten mich eines Besseren belehren.

Wie soll es denn auch bitte Spaß machen, wenn man nicht einmal sehen kann, woher riesige Felsen auf einen geschleudert werden? Obendrauf kommen noch die Giftpfeile spuckenden Hollows, immer wieder spawnenden Moskitos und der schlimmste Feind von allen: die schlechte Framerate. Alles in allem bekommt man hier den Eindruck, als ob From Software mit dem Gebiet so aussieben möchte wie ein selbstgefälliger Matheprofessor an der Uni. Für mich war das aber auf jeden Fall der Grund, das Handtuch zu werfen. Zusammen mit der unübersichtlichen Menüführung, dem komplizierten Skill-Punkte- und Waffenupgrade-System und dem Fehlen einer Map verpasste das Gebiet meinem Spielspaß den Todesstoß.

Mit der Prepare-to-die-Edition gab ich dem Spiel eine zweite Chance.

Erst mit der Prepare-to-die-Edition konnte ich die erforderliche Geduld aufbringen, mich bis zum Ende durchzuschlagen. Fast 60 Stunden meines Lebens hat mich der erste Run gekostet. Mit etwas Erfahrung würde man das heute vielleicht in 10 Stunden schaffen. Was mich aber im Gegensatz zum ersten Mal dazu motivierte, die qualvollen 60 Stunden durchzuziehen, kann ich nicht genau sagen. Was ich aber weiß, ist, dass ich viele Features, die mich anfangs abgeschreckt haben, nun als Stärke des Spiels anerkenne. Allem voran das Skill-Punkte-System. Die unglaubliche Freiheit, die man beim Aufleveln seines Charakters geboten bekommt, macht jeden Durchgang, zusammen mit den unzähligen Waffen und Zaubern, zu etwas Einzigartigem. Auch das Fehlen einer Map oder die kryptische Erzählstruktur tragen nicht mehr zur Frustration bei, sondern verstärken die dichte Atmosphäre des düsteren Titels.

Nur die Harten kommen in den Garten

Warum aber geht es so vielen Spielerinnen und Spielern wie mir bei meinem ersten Versuch? Um diese Frage zu beantworten, muss man genauer auf die Vergangenheit des Schwierigkeitsgrades von Videospielen schauen. Insbesondere auf die Unterschiede zwischen dem japanischen und westlichen Markt. Dass From Software zum Beispiel Demon's Souls aufgrund von Bedenken über den zu hohen Schwierigkeitsgrad nicht im Westen veröffentlichen wollte, ist keine Neuheit. Schon in den 80er Jahren traute es Nintendo der westlichen Welt nicht zu, das eigentliche Super Mario Bros 2 zu schaffen. Features wie der Giftpilz oder der Wind wurden als zu unfair betrachtet. Auch die alten Final-Fantasy-Titel waren im Westen zunächst mit einem einfacheren Schwierigkeitsgrad bestückt. Erst Jahre später kamen diese Spiele in ihren ursprünglichen Versionen im Westen auf den Markt.

Man passt sich eben an das Zielpublikum an.

Bei einer solchen Herangehensweise ist es natürlich kein Wunder, dass die westlichen Gamer herausfordernde Titel nicht mehr gewohnt sind. Leichtere Spiele sind eben für die breite Masse zugänglicher. Was meiner Meinung nach jedoch oft verwechselt wird, ist der Unterschied zwischen unfair und unmöglich. Unfair ist immer noch schaffbar. Ornstein und Smough in Dark Souls? Fies, aber nicht unmöglich. Wer einmal in einer japanischen Arcade-Halle war, weiß jedoch, was unmöglich bedeutet. Bei den Endboss-KIs irgendwelcher Arcade-Fighter oder den schwierigsten Stufen Epilepsie-induzierenden Rhythmus-Games schauen selbst Ornstein und Smough blöd aus der Wäsche. Ein Glück, dass man nach jedem gescheiterten Bossversuch in Dark Souls keine Euromünze in die Konsole schmeißen muss.

Wo ein Wille, da ein Weg

Was Menschen wie Melanie also fehlt, ist nicht unbedingt mangelnder Skill, sondern einfach nur die fehlende Toleranz für herausfordernde Videospiele. Die resultiert wiederum aus dem jahrelangen Händchenhalten der Hersteller, die aus Furcht vor schlechten Verkaufszahlen lieber leichtere Spiele auf den Markt gebracht habe. Diese Fehleinschätzung wurde durch den massiven Erfolg der From-Software-Spiele von Demons Souls bis Sekiro eindeutig widerlegt. Hier sprechen nicht nur die Verkaufszahlen der Titel für sich, sondern auch das kulturelle Phänomen der Soulslike-Spiele, das dadurch ins Leben gerufen wurde. Dass so viele Entwickler versuchen, From Softwares Formel zu emulieren, zeigt nur, wie sehr herausfordernde Spiele wieder in der Mitte der Gaming-Community angekommen sind.

Wer es wirklich schaffen will, wird auch den schwersten Boss irgendwann packen.

Das Einzige was es braucht, um diese Herausforderung zu meistern, ist ein wenig Willenskraft. Wer weiß, wie ein Controller funktioniert, der wird es früher oder später schaffen, Spiele wie Dark Souls zu schlagen. Egal ob man dabei eine Stunde, fünf Stunden oder zehn Stunden am selben Bossfight hängt. Ich kann nur jede und jeden dazu ermutigen, nicht aufzugeben, denn irgendwann wird es klick machen. Und sobald dieser Moment erreicht ist, eröffnet sich eine Welt, die man nie wieder vergessen wird.


Melanie: Obwohl wir so unterschiedliche Meinungen und Vorlieben haben, hängt bei uns der Haussegen nicht schief. Wieso auch? Man kann ja leben und leben lassen. Es soll auch Paare geben, bei denen sich eine Seite gar nicht mit dem Zocken anfreunden kann. Ich bin froh, dass ich mit meinem Partner viele schöne Spielstunden teilen kann - es muss ja nicht unbedingt Dark Souls sein.

Wie steht ihr zu dem Thema? Seid ihr Team Masochismus oder Team Weichei? Wir sind auf eure Meinung zu Dark Souls gespannt.

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