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Der Blick zurück: Syndicate

Das Wiesel, der Agent und sein Koordinator

Sie nannten Eric "Das Wiesel". Kein schlechter Name, dachte er sich, nachdem er im Virtua-Zoo nachguckte, was ein Wiesel eigentlich sein könnte. Weit besser als Maus oder Ratte. Wer das mit dem Wiesel aufbrachte, wusste er gar nicht. Erstaunlich, dass solche Worte immer noch auftauchen, obwohl es schon lange keine Wiesel mehr gab. Zumindest nicht in diesem Teil der Welt.

Ratten gab es noch genug. Das vielleicht Einzige, was noch an ursprünglichen Leben hier existierte. Der Rest war genetisch auf den Punkt gebracht, konnte kaum die hermetisch abgeschlossenen Wohnungen verlassen, ohne gleich einzugehen. Zu viel Splice, zu wenig echter Pudel. Wiesel war okay. Eines Tages würde er gerne mal eines sehen.

Heute würde er aber höchstens wieder den Ratten begegnen. Die Wege durch die Kanalisation waren relativ sicher, wenn man sich jenseits der wohlwollenden, allgegenwärtigen mechanischen Augen der Konzerne bewegen wollte. Relativ sicher hieß natürlich immer noch, dass man sich in einem Lasernetz die Haut abschälen konnte, dass einen eine alte Selbstschussanlage aufs Korn nahm, obwohl die Institution, die sie dort platzierte, schon lange von einer anderen mit komplett abweichenden Zielen geschluckt wurde. Wenn man hier unter zerlegt wurde, dann konnte man sich nie sicher sein, wer es war, der einen auf dem Gewissen hatte. Nicht, dass es dann noch eine Rolle spielte.

Auch die Ratten sollte man nicht verachten. Die Gen-Stopper an den Zugängen sorgten dafür, dass nur Menschen sie passieren konnten - oder das, was dem Homo sapiens noch halbwegs nahe kam -, aber was hier unten vor sich hinvegetierte, darüber sah man nichts in den Dauerwerbesendungen. Und wenn man es sah, war es manchmal das letzte Mal. Verdammt große Biester. Erics kleine Pistole fühlte sich lächerlich an und selbst sie war ein Risiko. Die Scanner erfassten Waffen mit ziemlicher Sicherheit und das war mehr Sicherheit, als das Ding einem hier bieten konnte. Er würde sie am Ausgang im südlichen Teil der Stadt zurücklassen müssen. Viel Aufwand für ein paar alte Lebensmittelpakete unbestimmter Zusammensetzung.

Was genau man dabei essen würde, war ein klein wenig die Überraschung jedes neuen Abends, aber er konnte seinem Lieferanten vertrauen, dass ein spezieller Zusatzstoff nicht enthalten sein würde. Dieses wunderbare Zeugs, das die gesamte Bevölkerung ruhig, arbeitswillig und vor allem konsumfreudig hielt. Was genau die Konzerne in die normale Versorgung mit hineinmischten, war eines der großen und sehr gut gewahrten Rätsel. Manche meinten, die Droge wäre gar keine, sondern ein Chip, der jedem implantiert wird.

Eric glaubte das nicht. Er hatte viele Bücher gelesen, die er in einem alten Lager aufspürte. Er verstand sicher nicht alles davon, aber die kollektive Realität verändernde Psychemie erschien ihm weit überzeugender. Eines Tages würden Eric und andere wie ihm dem auf die Spur kommen, ein Gegenmittel entwickeln und dann würde die Welt endlich wieder ein besserer Ort werden. Kann noch ein bisschen dauern. Aber man muss ja für etwas leben und Eric hatte irgendwann beschlossen, dass es nicht ein Leben für den Konzern sein würde.

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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