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Disciples III: Renaissance

Ein Held wie jeder andere

Fantasy-Rundenstrategie. Mit Rollenspieleinstreuseln. Ordentlich, aber nichts besonderes.

So, das sollte als Review reichen.

Ernsthaft, ich kenne kaum ein Gerne, dass sich so konsequent selbst kopiert und das seit Jahrzehnten. Wer es mag, der braucht auch gar nicht mehr zu wissen als das, was oben steht, denn er hat King's Bounty oder Heroes of Might & Magic hinter sich und weiß, wie der Hase läuft. Wer die nicht mochte, wollte oder brauchte, dem gibt der dritte Spross der Disciples-Reihe nichts mit auf den Weg, was ihn umstimmen und dem Genre zuwenden wird. Da ich aber genau dieses System liebe und hier endlos auf großen Karten looten und kämpfen kann, bis die Sonne aufgeht, freue ich mich über jedes Game dieser Art. Ich bin genügsam, solange ich diese Dinge tun kann. Sogar genügsam genug für Disciples III: Renaissance.

In der Welt von (hier beliebigen, fantasy-mäßig klingenden Namen einsetzen, ich kann mir die nicht alle merken) ist alles in Unordnung und das Ende steht bevor. Wie immer. Alte Legenden, lange vergessen, verlorene Propheten, falsche Zeugen, tapfere Helden, Ritter, Elfen, Dämonen, ist wie das Cover der Hälfte der 70s-Prog-Rock-Alben hier. Kitsch halt, ob ihr das mögt, müsst ihr selbst wissen, ich steh drauf. Während man beim eigentlichen Spiel mitunter schon Probleme hat, Unterscheidungsmerkmale zur Konkurrenz zu finden, sucht sich das gelungene Artdesign von Disciples III im abgeschlossenen Genre-Gehege seine Nische. Deutlich düsterer als die bonbonfarbene Konkurrenz und mit ebenso viel Detailliebe verziert, dürfte es alle ansprechen, die ihre Orks und Bauern schön dreckig-erdig bevorzugen.

So hübsch die Welt auch ist, manchmal ist es in Ermangelung eines Gitternetzes schwierig zu wissen, wo es langgeht.

Mit bis zu drei Gruppen, jeweils von einem Helden angeführt, zieht ihr in Runden durch die Lande, wobei die Bewegungsweite durch Punkte begrenzt wird. Mit jeder Runde ändert sich die Tageszeit der Landschaft, was jedoch keine Auswirkungen jenseits der Optik zu haben scheint. Nebenaufgaben locken in die eine Richtung der Karte, während die Hauptquest mal unter Zeitdruck, mal ganz nach eurem Gusto, aus einer anderen Ecke lockt.

Drei Fraktionen kämpfen jeweils um ihre eigenen Interessen und dementsprechend warten drei große Kampagnen, die sich inhaltlich überlappen, mit jeweils grob geschätzt 20 Stunden Spielzeit auf euch, sodass es nicht nur die Zufallsorks am Straßenrand gibt. Spielt ihr als königstreue Menschen, dann werden die Elfen und die Legion der Verdammten immer wieder eure Wege kreuzen und versuchen, euch Teile der Karte streitig zu machen. Die Storys bleiben alle ein wenig seicht, aber für ein Game in diesem Rahmen kann man eigentlich keine zu großen Vorwürfe machen. Durchschnittsware, die einem keine Schmerzen bereitet.

Die jeweils nicht gespielten Fraktionen, die frei über die Karte tigern, zeigen auf allen drei der insgesamt recht gesund balancierten Schwierigkeitsgrade, teilweise seltsam suizidale Neigungen. Um ein Areal mit Ressourcen für die eigenen Gruppe gewinnen zu können, aktiviert man sogenannte Wächterquellen. Das ist ein zunächst schwacher Geist, der mit jeder Runde an Macht gewinnt und schlicht die direkte Umgebung bewacht. Während der Imperialen Kampagne stellte es sich als Lieblingsbeschäftigung der herumwandernden Elfen heraus, gegen diese teilweise extrem starken Entitäten anzurennen, fast grundsätzlich ohne jede Aussicht auf Erfolg. Das war umso erstaunlicher, als dass mein aus einem vorigen Kampf deutlich angeschlagener Held ein paar Meter weiter stand und ein wesentlich lohnenderes und vor allem schaffbareres Ziel abgegeben hätte.

Die Stadtgebäude sind hübsch, aber nur in dem Stadtmenü zu bewundern. Auf der Karte bleibt alles gleich.

Auch auf dem Schlachtfeld selbst gibt die KI den Angreifer. Sie stürmt vor, auch wenn es sich viel mehr anbieten würde, bestimmte Felder mit Angriffsboni zu sichern und euch auch mal ein wenig kommen zu lassen. Die Bogenschützen oder Magier bleiben ebenfalls lieber in der hintersten Reihe anstatt drei Felder vorzurücken und sich den Bonus eines solchen Feldes zu sichern. Erst sobald sie praktisch schon vor dem Feld stehen, denken sie auch mal daran, es richtig auszunutzen. Eine große Strategie scheint nicht so ihr Ding zu sein. Zu einfach wird es trotzdem nicht, da die Stärke der Feinde schnell und sehr deutlich anzieht, sodass man mitunter für solche Aussetzer dankbar ist.

Zauber und Items dürfen nicht fehlen und beides findet sich in ausreichender Menge, aber spannende Ideen vermisst man hier ebenfalls. Schaden, Heilung und ein paar Statuseffekte, das ist alles so solide wie altbacken. Was im Vergleich zum Vorgänger auffällt, ist das deutlich reduzierte Schlachttempo. Hohe Lebenspunktzahlen müssen heruntergearbeitet werden, was sich mitunter sogar fast ein wenig zäh gestaltet, besonders wenn man bereits weiß, dass man gewinnen wird – weil man die Möglichkeiten des Feindes kennt und weiß, dass er keinen Killer in petto hält. Insgesamt werden Runden-Taktiker ganz ordentlich bedient, aber in keiner Weise wirklich neu oder innovativ gefordert.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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