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Dishonored: The Brigmore Witches - Test

Vergebung gesucht, zahle in Blut.

Ich hatte vorsichtig gesagt meine Zweifel, ob Dishonoreds zweiter großer Charakter Daud - der Attentäter der Kaiserin dieses immer noch sehr eigenen Steampunk-Universums voller toter Wale, lebendiger Ratten und zwielichtiger Gestalten jeder Couleur - nach dem noch etwas müden Knife of Dunwall zu echter Größe findet. Aber wow, ich hätte mir so dermaßen keine Sorgen machen müssen, wie ich es nie erwartet hätte.

Nicht nur, dass das zweite Add-on, The Brigmore Witches, mehr als sein auch inhaltlich direkter Vorläufer die Wege des ursprünglichen Protagonisten Corvos hinter sich lässt, es erzählt seine ganz eigene Geschichte. Ja, hier und da gibt es Verbindungspunkte, aber es sind mehr zarte Andeutungen. Ein vorsichtiges Kopfnicken in Richtung des argwöhnischen Spielers, der Daud im Verdacht hat, doch nur einer billigen Randnotiz zu folgen. Aber dieser sucht sich statt dessen wirklich seine ganz eigene, weit dunklere, geheimnisvollere Geschichte in einem Universum, das dank dieser nun wesentlich spannender und lebendiger wirkt, als es zuvor der Fall war.

Irgendwie weichen Werbung und ...

Was das genau ist, dürft ihr selbst erleben. Es sei nur so viel verraten, dass es komplexer und außergewöhnlicher endet als das Hauptspiel und die Ereignisse mindestens so bedeutend sind, wie Corvos Taten. Was sie jedoch außergewöhnlich macht, ist die weit dunklere Figur Dauds. Er ist kein ins Dunkel geschubster ehrlicher Soldat, er ist ein Meuchelmörder, heimtückisch und rücksichtslos. Und wie immer liegt es an euch zu entscheiden, ob er das bleibt oder ob ihr einen sanfteren Weg geht und auf diesem vielleicht Vergebung für sein voriges Leben findet. Falls es so etwas geben sollte.

Spielt ihr Daud auf leisen Sohlen, wird sich für euch nicht so viel ändern. Das Teleportieren, die Detektiv-Sicht und die Betäubungspfeile sind eure besten Freunde und vor allem fast eure einzigen, wollt ihr friedlich und am besten sogar ungesehen ans Ziel kommen. So erlebt, ändert sich nicht viel. Wie auch Corvo läuft Daud erst zu magischer Hochform auf, wenn ihr bereit für Blut seid. Dann ruft ihr seine Assassinen-Helfer und veranstaltet Massaker, um euch den Weg freizuräumen. Rücksichtslos und nur auf das Ziel fixiert. Immer mit dem Gedanken im Hinterkopf, ob bei manchen Reisen der Weg nicht sehr wohl das Ziel definieren wird.

… Wirklichkeit mitunter ganz schön voneinander ab.

In den drei Arealen seid ihr wie zuvor auch schon völlig frei, welchen der vielen, vielen zahlreichen Wege ihr beschreitet. Von den Dächern hinab in die Kanalisation steht jeder Weg mehr oder weniger offen - der eine oder andere Schlüssel vorausgesetzt. Es sind mit Ausnahme des ersten an sich zwar stimmigen aber vom Aufbau eher unspektakulären Ausflugs zurück in das Gefängnis des ersten Levels von Dishonored echte Weiterentwicklungen. Ein vormals als Luxusbezirk bekanntes und nun in die Hände von Slum-Gangs gefallenes Viertel bietet den größten Auslauf und zahlreiche Geheimnisse, in Sachen Atmosphäre kann es aber nicht mit dem verfallenen Herrenhaus als Finale mithalten. Die in Dishonored unbekannten frischen Farben der satten Wiesen vor seinen Hallen, die Ruinen ehemaligen Exzesses im Inneren und mittendrin die bisher gefährlichsten Widersacher, mit denen ihr es in Dishonored zu tun hattet - was nicht so viel heißt, zugegeben, aber sie machen euch das Leben nicht ganz leicht.

Aufgrund der Struktur der Geschichte plus den sowieso vielfältigen spielerischen Ansätzen bietet Brigmore Witches wohl auch den höchsten Widerspielwert, was bei einer Laufzeit von unter vier Stunden nicht ganz unwichtig sein dürfte. Ich für meinen Teil startete sofort neu und versuche nun neue, weit blutigere Wege. Ich freue mich darauf, zu sehen, wohin mich und Daud der Ansatz "Keine Gefangenen!" hinführen werden. Das wird nicht gut enden. Vergebung kann man nicht mit Blut kaufen. Oder doch?

Nicht euer üblicher Besuch auf dem Lande, old chap!

Dishonored scheint nicht nur für euch als Spieler eine Spielwiese zu sein, in der ihr entscheidet, wie ihr vorgeht, sondern in einem gewissen Sinne auch für die Entwickler. In Dishonored entwarfen sie eine eher biedere Geschichte für eine sehr ungewöhnliche Spielwelt. Mit Knife of Dunwall wussten sie noch nicht so richtig wo hin mit Daud und seiner Erzählung. Es blieb alles sehr nah am Bekannten. In durch die Mechaniken notwendiger-, weil definierterweise ist das natürlich immer noch wahr, aber es fühlt sich durch seine Figur und die endgültige Eigenständigkeit von Dauds Weg deutlich frischer an. Das Gute daran ist für euch, dass ihr das Vorgeplänkel sogar überspringen dürft. Solltet ihr Knife of Dunwall nicht kennen, geht euch nicht viel verloren. Mögt ihr also Dishonored, aber dachtet immer, dass ein interessanter Held mit einer mysteriösen Geschichte besser passen würde, dann habt ihr nicht nur Recht, sondern auch Glück: The Brigmore Witches ist genau das!

9 / 10

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In diesem artikel

Dishonored

PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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