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Drama in der ESL Pro Series

Die Mädels greifen an

Melanie, Christina, Petra, Beatrice und Jennifer sind jung, willig und wollen möglichst viele Männer treffen. Und zwar am besten mitten zwischen die Augen: Die fünf Amazonen spielen professionell Counter-Strike 1.6. Ab sofort sogar in der Bundesliga.

Zunächst aber kämpfen die Mädels der SNOGARD Dragons in der Electronic Sports League Pro Series (EPS) nicht gegen ihre 15 Mitbewerber um dicke Preisgelder, sondern mit Vorurteilen. Es hagelt Kritik, Spott, Hohn, Beleidigungen und sogar Drohungen. In der Anonymität des Internets fielen Begriffe wie „Tittenbonus“, und es machten hanebüchene Verschwörungstheorien die Runde (siehe Kommentare unter anderem hier).

Ein gestandener EPS-Spieler wie Burak „coLLy“ Dogramaci ließ sich zu folgender Äußerung hinreißen: „LOL, wenn die EPS spielen und nicht 0-0-15 machen, nenn ich mich Pferdearsch2k, eine Season lang.“ Öffentlich Stellung beziehen jedoch wollte der junge Mann wohl nicht: Ein erster Mailkontakt bestand zwar – als Eurogamer aber den Grund der Nachfrage nannte, meldete sich der Team-Kapitän der a-Losers nicht mehr. Von Team Alternate, n!faculty und You don’t know me waren ebenfalls keine Stellungnahmen zu bekommen.

Nils „Murderdoll“ Brauer, Manager der SNOGARD Dragons, spricht im Zusammenhang mit dem Aufruhr von „Kindergarten“. Fakt ist: Es geht alles regelkonform zu. Die Drachen haben sich vergangene Saison für die EPS qualifiziert und den Platz in der Liga rechtmäßig. Weil sich die Führungsriege vertraglich nicht mit ihren E-Sportlern einigen konnte, musste für die kommende Spielzeit eine neue Besetzung her.

SNOGARD-Dragons-Manager Nils Brauer: „Von manchen EPS-Spielern enttäuscht.“.

Wen man in solchen Fällen verpflichtet, bleibt dem Clan überlassen, eine Ausschlussklausel für Frauen existiert nicht, und Spielerwechsel sind auch bei anderen Teams üblich. Jennifer „Lunatic“ Löhr von den Dragons: „Es durften sich schon viele Spieler aus unteren Ligen beweisen. Nur weil wir fünf Frauen sind, wird es nun von vielen mit Neid gesehen.“ Dabei scheint es so reizvoll: Fast wie im Film Rocky bekommt hier ein Außenseiter seine große Chance …

Das Quintett ist kein zusammengewürfelter Haufen, sondern spielt bereits länger in der Konstellation, und zwar als Female-Clan We are. Der gehört zu den besten Frauenmannschaften des Landes. Bei den Damen waren die Mädels bereits Deutscher Meister und auch international im Einsatz. Dennoch: Ein deutlich höheres Ansehen in der Szene genoss die erste Frau, die in der ESL Pro Series antrat: Julia „Crunsher“ Numberger aus München. In Fachkreisen galt sie während ihrer aktiven Zeit zwar nicht als „Top Competitor“, aber immerhin als beste CS-Spielerin der Republik. Auch weil sie sich mit ihren männlichen Teamkollegen in die Königsklasse gekämpft hatte und Stütze dieser Mannschaft war.

Ob es im Fall der Dragons leistungsmäßig für die Liga der besten Herren reicht, bleibt mehr als fraglich. Das allerdings ist laut SNOGARD-Manager Brauer gar nicht der wichtigste Punkt. Er verweist unter anderem darauf, dass die Drachenweibchen wegen des großen Interesses der Medien unter anderem auch einen positiven Beitrag in der „Killerspiele“-Diskussion leisten könnten. Beispielsweise am 11. September beim Intel Friday Night Game in Bochum, wo die Dragons groß inszeniert auf einer Bühne vor Zuschauern auftreten.

„Wir sind die krassesten Außenseiter, die es je in der EPS gab“, gibt Brauer zu und hat auch kein Problem damit. 0-0-15-Prognosen, also 15 Niederlagen in 15 Partien, sieht er gelassen: „Wenn das passiert, dann ist das eben so, wir stehen voll hinter den Mädels und sind uns der Konsequenzen bewusst, sollten wir absteigen.“ Einen Streik gegenüber dem Team, wie er schon gefordert wurde, würde er für ein „Armutszeugnis“ halten. Und: Seine Mädels hätten wegen des Drucks bereits Respekt verdient. „Sie haben selbst gesagt, dass sie von allen gehasst werden. Trotzdem halten sie stand.“