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Driveclub VR - Test

Wenn man kann, aber vielleicht nicht sollte.

Kein Augenschmeichler mehr: Passable Umsetzung, die großen Nutzen aus VR zieht, aber zu viel von ihrem optischen Reiz einbüßte.

Das Gute vorweg: Die PSVR hat schon zum Start ein richtiges, umfassendes Rennspiel bekommen, in dem man abendelang auf Bestzeitenfang gehen und Freunde herausfordern kann. Die letzten verbliebenen Reste der Evolution Studios haben begriffen, was VR mit einem Racer macht und übersetzen das haargenau auf ihr Baby. Das bedeutet: Dank der echten Stereoskopie schätzt ihr Geschwindigkeit und Abstände besser ein. Durch das frei bewegliche Sichtfeld, das schlicht euer eigenes ist und nicht das eines starr nach vorne blickenden Avatars schaut ihr wie auf einer echten Straße in den Scheitelpunkt einer Kurve, noch bevor die Schnauze eures Boliden dorthin schwenkt.

Das Geschwindigkeitsgefühl ist fantastisch, ihr kommt euch tatsächlich vor, als kontrolliertet ihr hier ein Fahrzeug. Der Schulterblick nach einem Überholmanöver, die hochgezogene Stirn, wenn man versucht, einen besseren Blick auf eine knifflige Passage zu bekommen - all diese Eigenheiten echten Fahrens finden sich auch in Driveclub und das ist ein schöner Beweis, dass VR fast jedem Genre etwas zu geben hat, wenn man es richtig anpackt. In VR fahre ich fast vom Fleck weg bessere Zeiten heraus, als in 2D und das ist eine Tatsache, die man nicht oft genug betonen kann. Die Frage ist nur, ob genau dieses Spiel der richtige Kandidat für eine Umsetzung war.

Die Autos leiden noch am wenigsten unter den Abstrichen, doch auch über sie legt sich ab gewisser Entfernung ein verschwommener Schleier.

Driveclub hatte sich nach einem ruppigen Start doch noch ganz schön gemausert und war eine der ersten Adressen für Fans gepflegten "Car Porns". Seine Reize waren insbesondere visueller Natur - mit dem wohl schönsten Wetter, noch dazu dynamisch, das ein Rennspiel jemals sah. Es war klar, dass hier umfassende Anpassungen vorgenommen werden mussten, damit es in VR, mit seinen horrenden Anforderungen an Bildrate und Stabilität, überhaupt laufen würde. Daher kommt es wohl auch, dass das hier keine inhaltliche eins zu eins Umsetzung ist, sondern eine Art Remix mit nicht ganz so langer Kampagne. Der Content stimmt immer noch, mit all seinen Multiplayer-Optionen, über 100 Strecken und 80 Autos, tatsächlich kamen sogar fünf neue Strecken hinzu, die sich sehen lassen können. Aber hier musste eben jede einzelne Komponente angefasst und auf die Anforderungen VR zugeschnitten werden.

Das bedeutet: Autos mit weniger Polygonen, Strecken mit grobschlächtigeren Randbauten und primitiverer Vegetation. Dazu niedrig aufgelöste Texturen, schwächere Lichteffekte und kein dynamisches Wetter. Allgemein ist das Bild recht unscharf, was es schwer macht, den weiter entfernten Streckenverlauf abzuschätzen. Fast wie vor dem HD-Zeitalter, als man die Kurvenpfeile ab einer gewissen Entfernung einfach noch nicht erkennen konnte. Hier geht es so weit, dass ich im Audi TT nicht einmal das Tacho eindeutig ablesen kann, wenn ich mich ganz in den Sitz zurücklehne.

Das Spiel kann stellenweise immer noch passabel aussehen - gute Lichtverhältnisse sind in jedem Fall ein Bonus. Aber das Downgrade ist schon beachtlich.

Ich habe fast den Eindruck, dass Evolution mit spitzen Fingern schrittweise die Grafik zurückfuhr, so weit es eben nötig war und deshalb unterwegs zum letztendlichen Resultat den Punkt nicht bemerkte, an dem das Spiel plötzlich eher auf der hässlichen Seite gelandet war. Das wirft die Frage auf, ob dieses Spiel angesichts der natürlich vorhandenen Limitationen der Hardware überhaupt ein angemessener Kandidat für die VR-Behandlung war. Ein Titel mit abstrakterer Optik hätte fast jeden dieser Abstriche besser weggesteckt oder gar nicht erst benötigt. Hat da einer Wipeout gesagt?

So sehr der Mittendrin-Eindruck also auch überzeugt - und man kann nicht deutlich genug sagen, wie gut das in VR auch bei Strichmännchengrafik noch klappen würde -, so kommt man doch nicht umhin, all der verlorenen Schönheit hinterherzutrauern. Vergleiche im Netz, die das hier PS2- oder frühe PS3-Grafik nennen, sind angesichts der hohen Anforderungen von VR nicht fair, aber man sieht, wo sie herkommen. Wer das weiß, aber mit den Abstrichen gut leben kann, bekommt hier mit Ausnahme des Eye-Candy, der Motorräder und der inhaltlichen Schnitte so gut wie alle Reize, die das Basisspiel zu bieten hatte: Solides Fahrverhalten etwas näher an der Spielhalle als an der Simulation und gerade mit Freunden ein spaßiges Um-die-Wette-rasen.


Entwickler/Publisher: Evolution Studios/Sony - Erscheint für: PlayStation VR - Preis: 39,99 Euro, 19,99 Euro für Besitzer des Driveclub Season Pass - Erscheint am: Erhältlich - Sprache: Deutsch, Englisch und andere - Mikrotransaktionen: Ja

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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