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Edifier S1000DB Aktiv-2.0-Lautsprecher - Test

Edifier? Die gibt's seit 20 Jahren? Und die machen so gute Boxen?

Eurogamer.de - Empfehlenswert Badge
Konservativer Look und für manchen Schreibtisch etwas zu groß, aber klanglich weit vorn: Die großen Aktiven bieten besten Sound für den PC.

Man muss ja auch mal was Neues ausprobieren. Boxen von Logitech, Creative oder Bose hat jeder, was ist eigentlich dieses Edifier? Nun, wem das auch nichts sagt, der sei getröstet, dass er nicht der einzige ist, der die mittlerweile 20-jährige Geschichte des chinesischen Boxenherstellers mit ganz starkem Fokus auf Computerboxen bisher ignoriert hat. 20 Jahre sind ganz schön viel Zeit, gerade in der Branche. Als Prozessor war da noch der Pentium aktuell - '96 mit um die 150 Mhz, aber ohne Fließkommafehler -, gespielt haben wir darauf Quake und Civilization 2 und in China selbst war die zaghafte Öffnung es Landes erst noch im Kommen. Zwischendurch kaufte Edifier in 2011 auch noch STAX auf, eine Kult-Kopfhörer-Marke aus Japan, deren elektrostatische Kopfhörer eine harte Fangemeinde haben. Man gönnt sich ja sonst nichts. Aktuell werden pro Jahr 8 Millionen Boxen bei Edifier produziert, man darf sie also ruhig etabliert nennen.

Das ist schon etwas 70s-Wohnzimmer-in-konservativer-Familie, das Design. Oder eben neutrales, zeitloses HiFi. Kommt auf die eigene Perspektive an.

Ganz so luxuriös wie die eigenwilligen STAX-Kopfhörer kommt das Boxenpaar Edifier S1000DB nicht daher, obwohl es so etwas wie das Spitzenmodell der Edifier-2.0-Reihe ist. In der immerhin 20 Kilogramm schweren Box findet ihr eine Menge Holz und wenig Plastik. Für 400 Euro darf es halt etwas eleganter sein, um nicht zu sagen: konservativ. Aber so richtig. Die meisten Computerlautsprecher dieser Preisklasse versuchen es etwas futuristisch, winzig klein, stromlinienförmig oder alles zusammen. Das S1000DB gibt gar nicht vor, im Windkanal gut abzuschneiden. Das sind so gradlinige Regal-Lautsprecher, wie ihr sie nur irgendwo finden werdet. Ich hatte in den späten 80er ein paar Jamo-Regallautsprecher, die sahen dagegen fast progressiv aus. Die helle Eiche (? - Edifier verrät es leider nicht direkt) der Seitenteile wirkt gut gearbeitet, massiv und gibt dem Ganzen den Touch, den man von einem guten Yuppie-Schreibtisch der 80er erwarten darf. Man muss es halt mögen. Der Hauptkorpus ist schwarz lackiert und wirkt ebenfalls sehr massiv. Echtholz halt.

Klein sind die jetzt auch nicht. Fast 35 Zentimeter hoch, 25 breit und über 25 tief unten sind sie nicht für kleine Schreibtische gemacht. Vom Look her eigentlich nicht mal wirklich für Schreibtische. Das ganze Design passt auch neben den Fernseher oder sonst wohin, wo auch immer klassische Regalboxen einen Platz finden und im Gegensatz zu vielen anderen PC-Lautsprechern wirken sie dort kein bisschen fehl am Platz. Auf dem Schreibtisch dagegen... Ihr solltet genug Platz haben, sonst dominieren die S1000DB einfach gnadenlos alles.

Ist man über das ebenso wuchtige wie schwere Äußere hinweg - 8 kg Lebendgewicht pro Box - und schaut auf die inneren Werte, wird schnell klar, dass hier nicht nur äußerlich altmodisch gebaut wird. Bei Lautsprechern ist das aber kein Nachteil, wenn gute, alte Werte drinnen dröhnen. Das 2-Wege-Set kommt auf zwei Mal 60 Watt, 25 davon pro Seite stecken im 1-Zoll-Hochtöner, der 5,5-Zoll-Mitten-und-Tief-Töner bringt jeweils 35. Was, nur 2 mal 60 Watt? Das ist doch nichts!... ist das, was jeder sagt, der nicht direkt davorsaß. Richtig verbaut ist das sehr viel Leistung, genug, um einen größeren Raum sehr solide zu beschallen. Die Töner verstecken sich hinter einem Mesh-Netz, das sich abnehmen lässt, aber die vier silbern glänzenden Steck-Sockel deuten an, dass man das nicht dauerhaft soll. Unten habt ihr stabile, breite Plastikfüße, die nichts ankratzen, was bei dem Gewicht auch dringend nötig ist.

Anschlussfreudig: Fehlen tut eigentlich nur die direkte USB-Einspeisung.

Das fast schon Rückständige endet beim Design. Als modernes aktives System bringt das SB1000DB jede Menge Anschlussmöglichkeiten mit, mehr noch als so mancher Konkurrent. An der Rückseite der aktiven Box findet ihr gleich zwei analoge Cinch-Line-In-Eingänge. Darunter sitzt ein optischer Toslink-Eingang. Wieder darunter ein Cinch-Koaxialer. Zwei Mal digital und zwei Mal Analog also, nicht schlecht. Dazu kommt der heutzutage fast schon obligatorische Bluetooth-Empfang, der hier AptX mit BT 4.0 bietet und somit den guten Standards für Musikübertragung entspricht. Was ihr nicht habt ist ein USB-Eingang. Das S1000DB hat zwar einen aktiven Verstärker und D/A-Wandler, aber keine Soundkarte, die ein USB-Signal aufbereiten würde. Externe Speicherkarten oder Festplatten fallen damit natürlich auch flach, aber trotzdem: Für ein aktives Standalone-Set ist das schon recht komplett.

Die Bedienelemente habt ihr leider an der Rückseite, was ein echter Nachteil ist, denn das, was sich auf der praktischen Fernbedienung nicht findet ist, ist die Soundaussteuerung. Die sehr robusten und immerhin sicher zu ertastenden Regler für Höhen und Bässe finden sich hinten. Hier wurde bei der Fernbedienung am falschen Ende gespart, denn um schnell mal nachts die Bässe herunterzuregeln muss man am PC einen Softwareequalizer nutzen oder bei der Konsole hinter der Box rumfummeln. Beides nicht gerade elegant. Überhaupt ist die Fernbedienung wie es sich fast schon für gutes Soundequipment gehört eher "schlicht". Um nicht zu sagen ein billiges Stück Plastik. Trotzdem, sie scheint robust genug, und auch wenn die Haptik nur mäßig erfreulich ist, bietet sie doch alles, was man neben der Soundsteuerung braucht: Power, Laustärke, Stummschaltung und die komplette Eingangswahl inklusive Bluetooth-Pairing. Missen möchte ich sie sicher nicht.

Nicht annähernd so robust wie der Rest des Sets, vor allem aber fehlt die Klangaussteuerung. Sonst jedoch extrem praktisch und auch zuverlässig.

Die aktive Box muss natürlich auch noch generell verkabelt werden. Erst mal am Strom und dann natürlich mit ihrem passiven Gegenstück. Erfreulicherweise liegt dafür ein mit drei Meter ordentlich bemessenes Kabel dabei, was den meisten reichen dürfte. Wem das nicht genügt, der muss ein 5-Pin-XLR-Kabel, beide Enden männlich, finden. Viel Glück, denn meist beginnen XLR-Kabel meines Wissens nach männlich und enden weiblich, ich wusste nicht mal, dass es überhaupt andere Varianten gibt. An weiteren Kabeln wurde ebenfalls nicht gemausert. Ihr habt direkt ein Toslink-Kabel dabei, ein Stereo-Cinch und ein Stereo-Cinch auf 3,5mm-Stereo-Buchse auch. Damit sollte sich eigentlich alles erst mal irgendwie verkabeln lassen.

Mache ich aber nicht, erst mal will ich sehen, wie einfach Bluetooth funktioniert. Quelle mit der Fernbedienung auswählen, am Handy nach Geräten suchen und sofort wird das S1000DB gefunden. Sekunden später erklingt Sound und sofort weiß ich, dass das Gewicht, das edle, konservative Understatement, das Holz und alles weitere kein Posieren ist, um mäßigen Sound in schöner Hülle zu liefern. Das hier ist "the Real Deal", wie man so sagt. Fröhlich auf meinem aktuellen Bit-Sound-Trip herumreitend, begann ich ganz unprofessionell mit meinem 16-Bit-Go-to-Track aus Stage 2 von Axelay und war sehr zufrieden, was das Set aus der Sound-Mumpe der Vergangenheit herausholt. Wusste gar nicht, dass da so viel Bass sein kann, ohne dass der Rest komplett untergeht. Okay, genug gescherzt, nach einer Woche Aufwärmen mit wechselnder Spiele- und Musik-Beschallung wird es Zeit für eine ernste Hörprobe über den digitalen Ausgang einer SoundBlaster ZxR.

Komplettpaket: Beim Zubehör ist Edifier sehr großzügig, selbst ein Toslink-Kabel wurde nicht vergessen.

Mussorgskys Bilder einer Ausstellung dürfte zum Design der Boxen passen und ich bin die nächste halbe Stunde durchgehend erfreut. Ich nutze eine FLAC-Version der gängigen Deutschen-Grammofon-Aufnahme und was geliefert wird, ist ein plastischer, ausgewogener Sound durch all die Variationen des Albums. Es fällt auf, dass bei der Einstellung der Regler auf die Mitte die Bässe und Höhen ganz leicht überbetont sind, ein Effekt, der sich extrem verstärken lässt, wenn man es mag, oder eben ein wenig mildern. Ich verzichte erst einmal darauf und wechsle das Genre hin zur Dada/Harris/Dragonettes-Kooperation Red Heart Black. Zu dem elektronischen Sound passt die Aussteuerung tadellos, wobei man den Bässen hier durchaus ein wenig mit dem Regler nachhelfen kann, wenn man denn möchte. Auch wenn hier die Auflösung und Präzision nicht ganz so wichtig ist, wie bei komplexerer Klassik, es ist erstaunlich, was das Set aus dem Pop herausholt und lässt auch weder die Pet Shop Boys mit ihrem neuen Werk hängen noch Alphaville, deren 80s-Meisterwerk The Jet Set viel zu laut aufgedreht durch das Zimmer schallt. Weiter ging es mit sehr klassischem Rock - Springsteen Live 75-85 - weiter zu modernem Folk Rock - Chuck Ragan - und hin zu Metal und damit Iron Maidens Neuer. Es war ein sehr launiger Nachmittag.

Insgesamt lässt sich nach der musikalischen Tour de Force festhalten, dass das S1000DB keine besonderen Präferenzen hat. Alles klang gut. Klassik klingt mit mehr Technik besser, aber die Ausgewogenheit und die nur sehr leichte Klangwanne gaben das Bild der Musik schon gut wieder. Bei kontemporären Material drehte man ein wenig nach Geschmack die Bässe rein oder auch nicht, aber es gab nichts an Sound, das enttäuschte oder nicht den Spaß lieferte, den man bei einem Set dieser Preisklasse erwarten darf. Einzig die Räumlichkeit ließ ein wenig zu wünschen übrig. Auch wenn die angeschrägten Bauweise dafür sorgen soll, dass die Fülle der Musik besser im Raum verteilt wird, wirkt das S1000DB doch ein wenig zu punktfokussiert. Das fiel am Schreibtisch bei einem Abstand von einem knappen Meter nicht auf. Bei einem ganzen 25qm-Raum mit über drei Meter Abstand war es ein klein wenig dünn, man sollte schon am idealen Stereo-Punkt sitzen, um den ganzen Spaß mitzunehmen, mehr noch als bei anderen Boxen. Nörgeln auf hohem Niveau, aber trotzdem.

Das angeschrägte Design soll für besseres Klangvolumen im Raum sorgen. Ich habe sie mal mit einem Buh als Stütze in die gerade Senkrechte gebracht und muss sagen... Meh. Schräg sieht ja nicht schlecht aus, aber für den Klang macht es jetzt aber nicht so den Unterschied.

Am PC waren dann auch Film und Spiel eine wahre Freude. Egal wie laut, solange es noch in normal ungesunden Regionen stattfindet, haut einen das Set in den Sessel, egal ob Dooms perversen Bässe oder die komplexe Sound-Reichweite eines Inception. Auf diese Distanz liefern die Edifier tadellos. Im größeren Raum dagegen gibt es wieder das Problem, dass sie zwar laut genug sind - bevor die verzerren, klingelt die Polizei -, aber nicht so richtig den ganzen Raum füllen können. Beim Film hat halt der, der in der Mitte der Couch sitzt, den meisten Spaß bei diesem Set. Das ist bei kleineren Stand-Regal-Boxen nicht ungewöhnlich, aber es gibt welche, die können das besser. Und kosten ein klein wenig mehr.


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Zum Vergleich hatte ich hier die kleinen Raumfeld-Cubes, ein Teufel Motiv 2 - ein 2.1-Set - und die Yamaha NX N500 MusicCast. Erstere sind das äußerlich elegantere Gegenstück zu den Edifier S1000DB. Der Klang ist etwas präziser und neutraler, die Aussteuerung bei geringen Laustärken schwieriger, sie haben ein paar Features mehr und etwas weniger damit zu kämpfen, einen großen Raum gleichmäßig vollzubekommen. Das Teufel Motiv 2 profitiert von seinem unhandlichen Subwoofer, der jedoch den Bass gut wirken lässt und so für mehr Tiefe bei allen Disziplinen sorgt. Am PC würde ich das Edifier vorziehen, im großen Raum die Teufel. Welche ich immer vorziehen würde, wären die Yamaha. Aber kein Wunder: Die kosten mal eben das Doppelte, fast 800 Euro. Und nein, sie sind etwas besser, aber den großen Sprung bringt die Ausgabe nicht. Direkt neben die Edifier gestellt, haben sie eine insgesamt etwas elegantere und neutralere Aussteuerung und ihr Klangvolumen ist auch höher, aber nirgendwo in der Nähe einer Preisverdoppelung. Never ever. Mein Freund, dem die Yamahas gehören, guckte die Edifier auch sehr nachdenklich an, denn mit gesparten 400 Euro kann man schon was machen.

Mood-Shot: Boxen, die des Nachts vorüberziehen...

Beim Design liefert das bekannte, unbekannte Traditionshaus - nach 20 Jahren darf man das wohl sagen - mit dem S1000DB einen sehr soliden Entwurf ab. Die Verarbeitung ist tadellos. Das Äußere nenne ich mal neutral konservativ, guckt halt auf die Bilder. An Anschlüssen ist inklusive Bluetooth alles dran, was man erwarten kann und noch ein wenig mehr. Lediglich ein direkter Anschluss an den PC fehlt, ihr kommt also um eine gute Soundkarte oder entsprechende Quelle nicht herum. Als einziges Manko würde ich die Klangregler an der Rückseite nennen, da hätten ein paar Knöpfe mehr auf die sonst gute Fernbedienung gehört. Aber auch beim Wichtigstem, dem Klang selbst, gibt sich das Edifier S1000DB keine echten Blößen. Sicher, ganz echtes HiFi ist noch was Anderes, aber für das Geld liefern sie ein für alle Musik- und Game-Variationen sehr kompetentes Klangbild ab, das mit viel Detailfreude aufwartet. Auf kurze PC-Distanzen ist der Sound bei allem, was ihr tut, mit ein klein wenig Justage tadellos. Am TV und an der Konsole würde ich dann aber doch einem 2.1 oder einer Soundbar den Vorzug geben, zumindest für Film und Spiel. Aber auch bei Musik gelingt es dem S1000DB nicht ganz, über die Entfernung so sauber zu liefern, wie es zum Beispiel bei entweder einem teureren HiFi-Setup mit Verstärker und klassichen Regalboxen oder - den ebenfalls deutlich teureren - Yamaha-Aktiv-Boxen der Fall ist. In ihrer Preisklasse jedoch, ja, das ist richtig gute Hardware, die Edifier mit dem S1000DB da abliefert. Auf die nächsten 20 Jahre dann also.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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