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Es gibt eine Top Gun Quest! In Borderlands 2!

Gearbox: Wo man für Nerd-Wissen bezahlt wird und Nathan Fillion der Böse sein sollte.

Anthony Burch ist als Lead Writer bei Gearbox für die Handlung von Borderlands 2 zuständig. Im Gespräch mit Eurogamer.de ging er auf die Unterschiede bei der Charakterisierung von NPCs und den Spielercharakteren ein, plauderte über den Humor-Anteil des Shooters, wer als Inspiration für den Oberbösewicht Handsome Jack diente und wie lange man zum Durchspielen des ersten Durchgangs benötigt. Außerdem machte er einen Abstecher zur Gewaltthematik als solcher und warum man durch eine Neben-Mission wie der Top-Gun-Quest sehr viel über das Entwicklerteam erfährt.

Zunächst einmal gab der Story-Experte Entwarnung, falls ihr das erste Borderlands nicht gespielt oder schon wieder alles vergessen habt.

"Man muss das erste Borderlands nicht gespielt haben, um richtig in den zweiten Teil einsteigen zu können. Darum ist es auch so gut, dass wir mit neuen Charakteren beginnen. Wer den ersten Teil kennt, wird sich über viele Details freuen, aber nötig ist das nicht. Wir erklären die Handlung des ersten Teils in einer einminütigen Einstiegs-Sequenz und widmen uns dann gleich dem coolen Zeug."

Borderlands 2 lebt von seinen abgefahrenen Charakteren, wobei weniger die spielbaren Helden gemeint sind als die unzähligen NPCs, denen ihr begegnet. Die Spielfiguren lassen nie mehr als ein, zwei trockene Sprüche hören, wenn ihr Monsterhorden niedermäht und bleiben ansonsten Projektionsfläche. NPCs sind handlungstechnisch der interessantere Part. Natürlich ist die gesamte Entourage aus dem ersten Teil wieder mit am Start. Diesmal wollen die Macher aber deren Persönlichkeiten noch stärker herausarbeiten.

"Ein Großteil der Charakterisierung ist den NPCs vorbehalten. Einfach weil man sie in der Spielwelt beobachten kann und ihre Sprüche hört. Figuren wie Tiny Tina zum Beispiel definieren sich sehr dadurch, was sie vom Spieler verlangen. Ein Marine als Questgeber würde den Spieler niemals Teddybären oder Teegebäck jagen lassen."

"Wir gehen bei den Spielercharakteren nicht so ins Detail wie bei den NPCs, wenn es um Hintergrundstory und Charakterisierung geht. Es gibt ein Paar Audiologs, die zum Beispiel erklären, warum Axton auf Pandora ist und so weiter. Das sind aber optionale Inhalte, die man auch ignorieren kann. Der Grund ist, dass die Spieler die Charaktere ausfüllen sollen. Mir ist der Gordon-Freeman-Stil lieber, also ein völlig stummer Spieler-Charakter, auf den ich meine Persönlichkeit projizieren kann. Würden wir die Spielercharaktere genauso behandeln wie NPCs, würden wir den Spielern Emotionen, Motivationen und Hintergründe aufzwingen, mit denen sie sich vielleicht nicht identifizieren können. Natürlich kommentieren die Spielfiguren alles Mögliche während der Kämpfe, aber das dient nur der Auflockerung und soll witzig sein."

"Im ersten Borderlands sind wir mit den Spielercharakteren genauso verfahren. Da sie jetzt im zweiten Teil NPCs sind, konnten wir ihnen eine eigene Persönlichkeit verleihen. Die Herausforderung war, einerseits den Eigenheiten Tribut zu zollen, die sie im ersten Spiel ausmachten und sie andererseits zu voll entwickelten Charakteren reifen zu lassen."

"Als Autor mache mir ein wenig Sorgen wegen des dritten Borderlands, wenn wir dann schon vielleicht acht Kammerjäger als NPCs haben, die der Spieler treffen kann. Allein die Vier aus dem ersten Teil in die Story von Borderlands 2 einzuarbeiten war kein Spaziergang. Man mag zwar denken: "Hey, du hast zwanzig Stunden, um die Geschichte zu erzählen, da ist es doch ein Klacks, vier Personen einzufügen." Aber es ist tatsächlich schwierig, sie alle einzigartig, überraschend und beinhart wirken zu lassen. Ich sehe zwar, dass wir das auch mit den neuen Helden hinbekommen, was auch immer die Zukunft bringt, aber wow - das ist eine Sorge, die ich mir für später aufhebe."

Kann man aus der Antwort vielleicht storytechnisch den Spoiler ableiten, dass keiner der alten Spielercharakter-NPCs im zweiten Teil das Zeitliche segnet? Natürlich darf der Kollege keine Details zur Story ausplaudern - Fragen in die Richtung quittierte er mit freundlichem Lachen. Da passte es gut, mal das Thema Humor anzuschneiden. Mit seinen unzähligen Anspielungen in Richtung Pop-Kultur ist Borderlands ja ein wahres Gag-Feuerwerk für Geeks. Denkt Anthony sich das alles allein aus?

Borderlands 2 - Trailer

"Der Meta-Humor und die Easter-Eggs sind Sache des ganzen Teams. Dinge, die wir cool finden und einfach im Spiel haben wollen. Zum Beispiel das Internet Meme mit dem Close Enough Typen (Anmerkung: Dazu gibt es einen passenden Skill des Mechromancers, mit dem man einfach auf den Boden oder an eine Wand ballert und trotzdem die umstehenden Gegner trifft). Einer unserer Designer liebt den Film Top Gun. Und ja, es gibt eine Top Gun Quest."

Top Gun Quest? Das wollte ich genauer wissen. Aber mehr Details waren ihm nur schwer zu entlocken.

"Bei manchen Spielen hat man ja häufiger das Gefühl, dass keine Menschen hinter dem Spiel stehen, sondern bloß ein Konzern. Aber wenn ihr die Top-Gun-Quest spielt, wird euch schnell klar, dass die Leute, die Borderlands 2 gemacht haben, wirklich eine Menge Spaß dabei hatten. Ihr werdet euch denken: "Hey, da arbeitet wirklich einer, dem Top Gun sehr am Herzen liegt und dem es wirklich ein Anliegen war, Iceman und Maverick da irgendwie unter zu bringen." Ich persönlich hasse übrigens Top Gun, aber ich liebe die Quest und das, wofür sie steht."

Wenn schon solche "Hollywood-Klassiker" als Inspiration dienen, dann wird es vielleicht auch diverse Schauspieler oder anderweitig prominente geben, die als Vorlage herhalten mussten. Zum Beispiel für den Boss der Hyperion Corporation und Vorzeige-Bösewicht Handsome Jack.

"Eine Inspiration für Handsome Jack war ein Interview von Jimmi Kimmel (amerikanischer Comedian und Moderator) mit Nathan Fillion (Hauptdarsteller aus den Serien Firefly und Castle), in dem Nathan auf der einen Seite wahnsinnig charmant und cool war und sich auf der anderen Seite total über Kimmel lustig gemacht hat. Das fand ich total spannend und dachte mir: Hey, der ist ein echter Charmbolzen und man würde gern ein Bier mit ihm trinken und gleichzeitig ist er so ein Han Solo Typ. So was hat man bei Bösewichten fast nie. Wenn die charmant wirken sollen, ist das meistens albern und wirkt wie ein James-Bond-Bösewicht Abziehbild."

"Unser Ziel bei Handsome Jack war es, dass man ihn leidenschaftlich hassen kann, aber gleichzeitig zuhören will, was er zu sagen hat, weil es merkwürdig, lustig oder eben cool ist."

Von den Bösewichten zurück zu den Helden. Da gab es ein paar Überraschungen bei den bisherigen Trailern und Anspiel-Sessions. Der Hunter Mordecai aus dem ersten Borderlands greift gleich bei seiner Vorstellungs-Sequenz zu Hochprozentigem, nachdem er zuvor selig seinen Rausch ausgepennt hat und erst von euch durch Herumballern geweckt werden musste. Das hätte man gar nicht von dem einstigen Spieler-Charakter erwartet?

"Wir haben es bewusst so gehalten, dass jedes Mal, wenn ein Held aus dem ersten Borderlands als NPC eingeführt wird, zumindest eine Überraschung mit dabei ist - dass Mordecai beispielsweise ein Trinker ist, erfuhr man natürlich noch nicht im ersten Teil, in dem man ihn noch selbst spielen konnte"

"Soweit ich weiß wurde die Entscheidung, die Charaktere aus dem ersten Teil als NPCs im zweiten Teil einzubauen erst zu Beginn der Entwicklung von Borderlands 2 getroffen."

"Aus dem ersten Teil mochte ich Patricia Tannis am liebsten. Als Autor mochte ich ihre Stellung im Plot, denn man muss eine Menge trockenen Kram über Aliens, Technologie, Expeditionen und ähnliches erklären und dank Tannis und ihrer verschrobenen Art war das im ersten Teil wirklich interessant gelöst."

Borderlands 2 - Trailer

An potenziell trockenem Kram mangelt es wahrhaftig nicht. Hinter Pandora steht ein ziemlich umfangreich ausgearbeitetes Ökosystem, wie ich schon bei meinem Interview mit Randy Pitchford gehört hatte. Aber zum Glück ist das überhaupt kein Problem für Anthony. Im Gegenteil.

"Ich bin als Nerd aufgewachsen und bin es gewohnt, mir alle möglichen Fakten zu Star Wars und Dr. Who einzuprägen. Darum ist es auch nicht schwierig, die ganzen Informationen und das Hintergrundwissen über Pandora beim Schreiben präsent zu haben. Ich werde quasi dafür bezahlt, Nerd-Fakten im Hinterkopf zu speichern. Das ist ziemlich cool."

Und wie sieht es mit der Gewalt aus? Wie geht Anthony als Autor mit dem Thema um?

"Die Gewaltdiskussion trifft uns bei Borderlands 2 nicht so hart, da das Spiel sich selbst nicht so furchtbar ernst nimmt. Wir kommen mit vielem durch, weil die Gewalt in dem Spiel eher von der Zeichentrick-Sorte ist. Aber man muss natürlich trotzdem aufpassen, dass man sich nicht zu sehr über alles lustig macht oder die Ereignisse zu abgedreht werden. Manche unserer Nebencharaktere haben einen ziemlich ernsten und düsteren Hintergrund. Mad Moxxi zum Beispiel oder Tiny Tina.

Als Nächstes kamen wir auf das Thema Monster und Spielzeit. Interessant war hier auch, was eigentlich zuerst kommt - das Monster oder die Story. Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich, wie sich im Gespräch herausstellte. Zum Endboss des Spiels ließ sich Anthony immerhin entlocken, wie hart dieser im Vergleich zum gerade gezeigten Ober-Mega-Super-Hardcore-Boss Terramorphus sein wird.

"Unsere Experten für den Strategy Guide haben beim Durchspielen des ersten Durchgangs mit allen Haupt- und Nebenmissionen ungefähr 40 Stunden gebraucht."

"Oft wird zuerst das Monster entwickelt und dann kommt die Story. Einfach weil die Monster in Massen produziert werden, um das Spiel zu bevölkern. Für die Designs ist Ruben Cabrera zuständig, der wirklich ein verrücktes Genie ist. Zum Beispiel kam er auf die Psycho Midgets, indem er einen Psycho nahm und einfach mal probehalber nur die Beine verkleinerte aber den Rest gleich lies."

"Manchmal ist es aber auch so, dass wir Autoren uns ein bestimmtes Monster für einen Level wünschen und die Designer das umsetzen. Dann kommt es wieder vor, dass man sagt: "Ok, wir wissen, dass wir hier einen Boss haben wollen. Wie können wir davor darauf hinarbeiten und was kommt dann danach?"

"Der Endboss des Spiels ist um zehn bis zwanzig Mal einfacher als Terramorphus the Invincible. Man soll den Endboss auch alleine besiegen können, während die neue "You. Will. Die. (Seriously)"-Quest definitiv ein Gruppen-Raid wird. Der Endboss hat die Aufgabe, den Schluss des Spiels zu markieren, sodass man sagen kann: "Hey, ich hab Borderlands 2 durch." Terramorphus soll einen hingegen zwingen, das Spiel wirklich zu meistern und ein Experte für seinen Charakter und dessen Waffen und Ausrüstung zu werden."

Die übrigens total scherzhaft gemeinte Schlussfrage, ob man schon verrückte Ideen für den nächsten Download-Content habe, wie zum Beispiel Super-Nazi-Zombies aus dem Weltraum, entlockte Burch ein überraschendes Zugeständnis. Oder vielleicht hat er sich auch nur selbst einen Witz daraus gemacht. Zuerst aber ging es noch um das Feedback der Community und was im ersten Teil vielleicht nicht ganz so gut ankam.

"Wir wissen, dass ein paar Leute vom Schluss des ersten Teils enttäuscht waren. Darum lassen wir Markus einmal sagen, dass der Vault bloß "voller Tentakel und Enttäuschungen" gewesen sei, um dem Rechnung zu tragen, was unsere Community denkt."

"Wir nehmen das Feedback der Community sehr ernst. Wenn den Leuten der Mechromancer gefällt oder es heißt: "Wir wollen etwas noch Abgefahreneres," dann versuchen wir darauf einzugehen. Wenn die Fans Super-Nazi-Zombies aus dem Weltraum wollten, dann würden wir ihnen Super-Nazi-Zombies aus dem Weltraum geben."

In diesem artikel

Borderlands 2

PS3, Xbox 360, PlayStation Vita, PC, Mac

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Frank Erik Walter

Freier Redakteur

Tagsüber arbeitet Frank als freier Journalist. Nachts jagt er seit 2010 flüchtige MMOs für Eurogamer.de und die MMO PRO. Skittles und Tetris sind sein Kryptonit.

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