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Final Fantasy XII

Ein gutes, aber gewöhnliches Rollenspiel

Wenn man Final Fantasy XII philosophisch betrachten wollte, könnte man es als Sinnbild für den Kampf zwischen Mensch und Maschine sehen: Automatismen, die ursprünglich als Erleichterung zur Erhöhung der Lebensqualität erfunden wurden, nehmen uns mit jeder neuen Technologie mehr Arbeit ab - und eines Tages werden sie uns vielleicht vollständig ersetzen, so dass wir schlichtweg überflüssig geworden sind. Man „könnte“ den zwölften Teil von Square Enix' langlebiger Reihe als Beispiel für diese Entwicklung nehmen. Doch damit würde man zu viel aus dem Titel machen. Der ist nämlich nur ein sehr gutes, aber viel zu gewöhnliches Rollenspiel.

Der Reihe nach.

Denn was wird nicht alles über Final Fantasy XII geschrieben? Für die einen ist es eine Revolution, eine Neuerfindung der Serie, ein grandioses Meisterwerk. Für die anderen ein Verrat an den treuen Fans, eine Verleumdung der Tugenden früherer Tage. Für mich ist es nichts von alledem.

Sicher, Square Enix hat sich bemüht, dieses Mal den Geschmack des westlichen Marktes besser zu treffen: Die Story, vor allem Intro und Zwischensequenzen, könnten auch aus einem der neuen Star-Wars-Streifen stammen. Die Spielwelt ist groß, verhältnismäßig weitläufig und äußerst lebendig für ein japanisches Rollenspiel. Die Entwickler haben auf die von vielen verhassten Zufallskämpfe verzichtet, so dass Ihr nur gegen Monster kämpft, die Ihr auch wirklich in der Umgebung seht. Und dann ist da das Kampfsystem, dieses umstrittene Echtzeit-Kampfsystem, das sich an Titeln wie Knights of the Old Republic orientieren, dynamischer, flotter, ganz einfach moderner wirken soll.

Wer nur auf Gambits setzt, langweilt sich schnell.

Eine Rechnung, die leider nicht aufgeht, obwohl es rein theoretisch sogar zwei Möglichkeiten gibt, die Schlachten in Final Fantasy XII zu bewältigen: Ihr könnt das Spiel jederzeit pausieren, jedem einzelnen der bis zu sechs Charaktere Anweisungen geben, die er dann - je nach Spielgeschwindigkeit - in ein paar Sekunden oder Sekundenbruchteilen ausführt. Wäre auf Dauer aber eine ganze Menge Arbeit, weshalb Square Enix zahlreiche Automatikfunktionen eingebaut hat: Die so genannten Gambits, mit denen Ihr den Mitgliedern Eurer Party Verhaltensvorgaben einbläuen könnt. "Wenn ein Teamgefährte weniger als 50 Prozent Trefferpunkte hat, dann benutze einen Heilungszauber!", "Greife Gegner X mit Zauberspruch Y an!" und so weiter. Ob, wann sowie bei wem Ihr die Gambits aktiviert, bleibt Euch überlassen. Ihr dürft also alle Charaktere selbst kontrollieren, nur einen - oder gleich die gesamte Gruppe für sich kämpfen lassen.

Genau an dieser Stelle würden wir dann wieder auf den Kampf zwischen Mensch und Maschine vom Anfang zu sprechen kommen. Denn eine typische halbe Stunde in Final Fantasy XII sieht ungefähr so aus: Eine fünf Minuten lange Zwischensequenz anschauen, fünf Minuten zu einem Ziel laufen und die Charaktere ausrüsten, eine fünf Minuten lange Zwischensequenz anschauen, zehn Minuten durch ein Dungeon laufen und kämpfen, eine fünf Minuten lange Zwischensequenz anschauen. Sprich: Ihr verbringt einen Großteil der Zeit damit, einfach auf den Bildschirm zu starren und abzuwarten. Wenn jetzt auch die Kämpfe nahezu von alleine ablaufen - was unterscheidet das Spiel dann noch von einem langen, langen Film?

Jeder Charakter kann alles lernen - wenn Ihr genug Zeit mitbringt.

Square Enix hat sich sicher nichts Böses dabei gedacht, als sie ausgerechnet das Kampfsystem für die einschneidenste Veränderung am Gameplay ausgewählt haben. Sie wollten Neues versuchen, möglicherweise einen weiteren Schritt mehr auf den westlichen Markt zu machen. Aber sie hätten sich für ihre Bemühungen etwas aussuchen sollen, das die Interaktivität erhöht - nicht etwas, das sie noch verringert. Das Gut-und-Böse-System aus Knights of the Old Republic wäre zum Beispiel eine gute Wahl gewesen, um die Ketten der Linearität zu lockern, die dem Spieler anliegen. Aber sie haben sich eben für das Kampfsystem entschieden - eine schlechte Wahl.

Wie jeder brave Leser habt Ihr wahrscheinlich schon vor dem Lesen des Textes ganz nach unten gescrollt und wundert Euch jetzt: Wenn Spiel so gewöhnlich ist, wenn die Kämpfe ein Schritt in die falsche Richtung sind, warum bekommt das Ganze dann acht von zehn Punkten? Aber auch dafür gibt es eine ganze Reihe guter Gründe. Wirklich beeindruckend ist, wie bereits erwähnt, die Welt, in der Final Fantasy XII spielt: Die großen und erstaunlich belebten Städte, die düsteren, manchmal fast furchteinflößenden Dungeons, die weiten Außenwelten. Noch dazu der Abwechslungsreichtum: Mal jagt Ihr in der Wüste nach Gegnern, mal an Bord eines Luftschiffes, dann in einer richtig hübschen Wolkenstadt, später im Dschungel und am Meer...

Deutsche Untertitel und englische Synchro weichen oft voneinander ab.

Der Story mag es ein bisschen an Spannung und Dramaturgie fehlen, den Charakteren ein wenig an Profil und Charisma, und dennoch erzählt Square Enix eine Geschichte, die interessanter ist als bei den meisten anderen Rollenspielen. Der Widerstand gegen ein erdrückendes Imperium, der Kampf Davids gegen Goliath, aber auch das Erwachsenwerden von Held Vaan, der als anfangs kleiner, naiver Junge lernen muss, Verantwortung zu tragen. Die Entwicklung der Charaktere mit Hilfe des neuen Lizenzenboards ist ebenfalls gut gelungen, dank der zahlreichen, möglichen Variationen. Jetzt kann einfach jeder alles lernen und Ihr legt fest, wer welche Rolle übernimmt.

Das Design der Widersacher ist gar über jeden Zweifel erhaben; insbesondere die Bossgegner sind für etliche Überraschungen gut. Und wenn man sich nach eine Weile mit dem Kampfsystem abgefunden hat, weder alles alleine macht, noch alles die KI übernehmen lässt, dann kann man vor allem an diesen Bossgegnern eine ganze Menge Freude haben. Dass die Grafik absolut alles aus der PlayStation 2 herausholt sowie Zwischensequenzen und Sprachausgabe auf höchstem Niveau sind, versteht sich ohnehin von selbst.

Also machen wir es zum Ende hin kurz und greifen eine der Aussagen auf, mit denen wir begonnen haben: Final Fantasy XII ist ein sehr gutes, aber viel zu gewöhnliches Rollenspiel. Neben dem missglückten Kampfsystem gibt es nämlich noch etwas anderes, über das ich einfach nicht hinweg sehen kann: Die fehlendenen Aha-Erlebnisse und damit zusammenhängend das Gefühl, alles schon zig mal genau so gesehen und gespielt zu haben. Spaß macht's trotzdem: Weil es, davon abgesehen, keine echten Schwächen aufweist, umfangreich ist, Story und Figuren in Ordnung gehen, Design und Charakterentwicklung sehr gut, Spielwelt und Präsentation sogar großartig sind.

Final Fantasy XII ist ab dem 23. Februar exklusiv für PlayStation 2 im Handel erhältlich.

8 / 10

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Über den Autor

Fabian Walden

Freier Redakteur

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