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Finster, hart und mysteriös: Get Even passt in keine Schublade

Denn es löst seine Probleme nicht nur auf die eine Art.

Auf den ersten Blick vermutet man ein wenig eine Art horrorgefärbtes The Vanishing of Ethan Carter, als man die per Fotogrammetrieverfahren lebensecht und auf Basis von Bildern eingefangene, verfallene Industrieanlage sieht, die in erster Linie langsamen Schrittes durchquert und erlebt werden will. Die verschachtelte Erzählung tut ihr Übriges - aus dem Off spricht zunächst eine Frau, als sei sie die Protagonistin, bevor man dann den "Mann fürs Grobe" steuert, einen Schotten namens Black. Schon früh signalisiert Get Even so, dass auch es in erster Linie ein einziges Mysterium sein will. Black hat Erinnerungslücken, weiß nicht, wie er an diesen verfallenen Ort kam und wer aus dem Hintergrund die Strippen zieht und ihm befiehlt, eine entführte Frau zu finden.

Ist alles nur eine Simulation? Anspielungen auf Virtualität, surreale Ereignisse und die wilden Sprünge in Raum und Zeit werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Get Even ist ein Puzzle durch und durch. Doch dann hat es sich auch mit den Parallelen zu gängigen und mäßig interaktiven Erkundungsspielen der Marke Everybody's Gone to the Rapture, denn die Entwickler von The Farm 51, bisher eher für mittelmäßige Shooter ("Necrovision") und das tollpatschige Deadfall Adventures bekannt, fährt einige gleichberechtigte klassische Spielsysteme auf. Es rückt zunächst ein Stück in Richtung Outlast und beweist zwischendurch, dass auch fortschrittliche Kampfelemente eine Rolle spielen. Zumindest in der ersten halben Stunde. Das ist eine frische Mischung aus einem simplen Grund.

Den Trick kennt man schon, hat ihn aber schon viel zu lange nicht mehr gesehen.

Shooter mit Adventure-Elementen in Form von Erkundung und Ermittlung gibt es zuhauf, ein Spiel, das sein Glück nicht in erster Linie im Kampf sucht, jedoch nur ab und an. Denn es ist klar: sobald erstmal die Waffe auf dem Tisch liegt, wird ein Spieler sie auch zur Problemlösung einsetzen. Die Zurückhaltung, die die Entwickler in Sachen bewaffneten Auseinandersetzungen während des Einstiegs demonstrieren, macht Mut. Besonders angesichts dessen, dass sie mit einer Vorrichtung, mit der man mit seiner Pistole um die Ecke schießen kann - Smartphone-Kamera und ein mechanischer Arm machen's möglich - ein Kaliber in Petto haben, um das andere Studios einen ganzen Shooter stricken würden.

In meiner Anspielsitzung kam aber viel häufiger das normale, wenngleich futuristisch aufgerüstete Smartphone zum Einsatz. Das kann permanent als zweiter Screen im unteren Bildausschnitt geführt werden, oder sich komplett über eure Sicht legen, um mit Licht oder GPS-Minikarte Durchblick beziehungsweise Übersicht zu spenden. Eine zuschaltbare Wärmesicht hilft dabei, ein Kabel aufzuspüren und es zum Generatorraum zurückzuverfolgen, wo dann gemäß der Verdrahtung die Sicherungen in der korrekten Reihenfolge umgelegt werden müssen. Dazu gibt es einen Beweis-Scanner, der Umgebungsobjekte auf Hinweise untersucht. Fans eines gewissen, indizierten Monolith Spiels, wird dieser Rhythmus bekannt vorkommen.

Visuell ist das vielleicht nicht neu, sieht aber ziemlich lebensnah aus.

Insgesamt ließ die Demo zwei Feindbegegnungen in einer halben Stunde zu, langsames, vorsichtiges Vorantasten und Grübeln, wo es weitergehen möge, bestimmte das Vorgehen, ein allgegenwärtiges Gefühl von Bedrohung und Irgendwas-stimmt-hier-nicht die Atmosphäre. Die Grafik hilft, so fotorealistisch wie sie manches Mal wirkt, recht ordentlich mit dabei, auch wenn die Art-Direction, die man mit "Rost und blätterndem Putz" schon ziemlich umfassend beschrieben hätte, natürlich nichts Neues ist in diesem Genre. Die Suche nach der Frau warf immer nur noch mehr Fragen auf, auf die ich liebend gerne noch Antworten gefunden hätte. Aber das wurde dann auf ein andermal vertagt.

Stoppt mich, wenn ich zu sehr darauf herumreite, aber ein Spiel mit Waffeneinsatz, bei dem selbige nicht besonders häufig Gebrauch finden, fühlt sich für mich deutlich frischer und spannender an als es vermutlich sollte. Ich war nicht allzu zuversichtlich, als ich hörte, welcher Entwickler hier verantwortlich zeichnet. Der gespielte Abschnitt jedoch machte den Eindruck eines ambitionierten, aufwendig produzierten und gutaussehenden Abenteuers für Freunde der härteren Gangart. Es bleibt natürlich abzuwarten, ob die Geschichte, die im Fall eines Mystery-Thrillers natürlich deutlich schwerer zu tragen hat als gewöhnlich, die nötigen erzählerischen Muskeln mitbringt. Aber nach diesen 30 Minuten freue ich mich aufrichtig, das herauszufinden.


Entwickler/Publisher: The Farm 51/Bandai Namco - Erscheint für: Xbox One, PlayStation 4, PC - Geplante Veröffentlichung: 2017 - Angespielt auf Plattform: PS4

In diesem artikel

Get Even

iOS, PS4, Xbox One, PC

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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