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Golden Sun: Die dunkle Dämmerung

Rollenspiel für lange Nächte

Dafür werdet ihr immer wieder von wahren Horden an Textboxen nahezu überwältigt. Oder anders gesagt: Golden Sun ist über alle Maßen geschwätzig. Der Text ist zwar gut geschrieben, aber es gibt einfach viel zu viel davon.

Selbst einfache Dinge werden wortreich in die Länge gezogen, jedes Detail wird unendlich ausgewalzt, bis es auch der Langsamste kapiert hat. Nichts gegen gut geschriebene Dialoge in einem RPG, aber Golden Sun übertreibt es gelegentlich einfach – hier hätte ein durchsetzungsfähiger Redakteur wirklich Wunder gewirkt.

Keine Diskussion gibt es dafür über die Äußerlichkeiten. Golden Sun sieht einfach umwerfend gut aus: Man merkt, dass Camelot weiß, welche Leistungen man dem DS mit genügend Sorgfalt entlocken kann. Selten sah man auf dem Handheld so detaillierte Szenarien und so effektvoll inszenierte Kämpfe. Farbwahl, Detailreichtum, Kameraarbeit – hier punktet Golden Sun auf der ganzen Linie.

Erforscht ihr die Oberwelt, dann habt ihr es mit kantigen Knubbelfiguren zu tun,...

Man wünscht sich regelrecht, mehr Entwickler hätten den DS so im Griff. Nur ein Kritikpunkt bleibt: Der Wechsel zwischen großen, detaillierten Figuren in den Kämpfen und kleineren, eckigen Protagonisten in der Oberwelt hätte man sich vielleicht lieber gespart – das kostet das Spiel einfach ein gutes Stück grafischer Kohärenz.

Absolut rund ist dafür der Soundtrack. Motoi Sakurabas Kompositionen untermalen jede Situation absolut treffend und stimmig. Bei dramatischen Passagen treibt euch die Musik an, ohne zu schrill zu werden, ruhigere Momente werden durch stimmungsvolle Klänge noch weiter aufgewertet. Auf Sprachausgabe wird verzichtet – abgesehen von der Tatsache, dass die auf den kleinen DS-Modulen sowieso kaum Platz gefunden hätte, ist das eine gute Entscheidung – hätte man die endlosen Dialoge auch noch vertont, hätte das dem Spiel jegliche Dynamik genommen.

Das Vergeben von Wertungen ist nie leicht, aber im Falle von Golden Sun: Die dunkle Dämmerung ist es besonders schwer, eine Zahl unter diesen Text zu schreiben, die dem Spiel gerecht wird. Das neue Golden Sun ist grafisch herausragend gut und zeugt deutlich von der Hingabe der Designer. Die Rätsel sind durchdacht, das Kampfsystem ist komplex und doch dynamisch. Trotzdem will der Funke einfach nicht so richtig überspringen.

...während die Figuren in den Kämpfen ein ganzes Stück größer und detaillierter sind!

Und woran liegt das? Vielleicht an der enormen Geschwätzigkeit des Spiels? Oder am niedrigen Schwierigkeitsgrad, der viele der cleveren Ideen verpuffen lässt? Oder vielleicht doch einfach an der Tatsache, dass auch das dritte Golden Sun über den unbedingten Wunsch, an alte 16Bit-Qualitäten anzuknüpfen, ein wenig vergisst, sich eine eigene Rollenspiel-Identität aufzubauen?

Das ist eben die Problematik. Irgendwie fehlt Golden Sun: Die dunkle Dämmerung der Faktor, der es von anderen Rollenspielen abhebt. Ein Etrian Odyssey ist herausfordernder, ein Final Fantasy ist progressiver, ein Dragon Quest hat mehr Herz und ein Shin Megami Tensei ist anspruchsvoller. Und mit großen Saturn-RPGs wie Shining the Holy Ark oder Shining Force 3 hat Camelot bereits eindrucksvoll gezeigt, dass sie es eigentlich können! Steht euch allerdings der Sinn nach einem durch und durch klassischen JRPG (oder mochtet ihr bereits die beiden Vorgänger), dann ist Golden Sun in diesem Winter tatsächlich die beste Wahl für euch. Wie gesagt – das Spiel ist astrein inszeniert und bietet jede Menge Inhalt. Damit kann man schon so manch lange, kalte Winternacht gut herumbringen. Es muss ja nicht immer ein exotisches Avant-Garde-RPG sein.

Golden Sun: Die dunkle Dämmerung ist ab sofort für den Nintendo DS erhältlich.

8 / 10

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Golden Sun: Dark Dawn

Nintendo DS

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Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

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