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Herr der Ringe: Die Ringe der Macht Finale in Folge 8: Und euer Sauron ist...

War es das wert?

Schwere SPOILER für das Finale von Ringe der Macht und die gesamte Serie. Ihr seid gewarnt.

Okay, ich finde, das war schon ganz gut gemacht – wenn man das hier als die verkürzte Fan-Fiction-Version der Herr-Der-Ringe-Vorgeschichte akzeptiert, die es ist. Im Nachhinein merke ich, dass Die Ringe der Macht doch insgeheim als “Wer ist heimlich Sauron”-Show angelegt war, die auf einen großen Twist hinsteuerte. Und da war er nun, in Folge 8 – natürlich mit einer einleitenden Finte, als die unheimlichen, pyromanischen Verfolger den Fremden als Sauron grüßen.

Und dann ist es doch Halbrand, der sich als der Dunkle Herrscher herausstellt. Man hätte es wissen müssen, nachdem die Autoren ihn nicht nur als menschliches Camouflage-Muster ohne prägendes Charaktermerkmal abseits seiner Kompetenz zeichneten und ihn abseits seinem Faible fürs Schmieden nur betont unauffällige Dinge tun ließen. Beispielsweise Galadriel unentwegt zu retten, auf keinen Fall nach Mittelerde zurückzuwollen und sich am Ende schwer verletzen zu lassen (was wiederum auch ein Mittel zum Zweck war, um am Ende auf Celebrimbor zu treffen). Ganz fair war es nicht, wie sie diesen speziellen Wolf in einen allzu gut passenden Schafspelz stopften. Dann wiederum: Wir wissen von Tolkien, dass Sauron die Elben in einer hübschen Tarnung täuschte. Insofern entspricht das wohl zumindest dem Geiste der Texte.

Schnüff. Die Harfüße waren das beste an der Serie. Es sei denn, ihr fragt mich in einer Elrond / Durin-Folge noch einmal.

Immerhin: Halbrand-Darsteller Charlie Vickers macht das am Ende ganz ordentlich, als er demfrisch ertappten Sauron dann doch eine Prise Textur und graue Schattierungen verleiht. Man hat durchaus das Gefühl, dass nicht alles von langer Hand und in täuschender Absicht geplant war. Liest man über die Ursprünge der Figur, ist ihr vorherrschendes Charaktermerkmal eigentlich eine dezent ungesunde Leidenschaft für Ordnung, die dann instrumental darin war, dass Morgoth ihn verderben konnte. Nach all den Filmen kann man schon mal vergessen, dass Sauron sich selbst nicht als das Böse ansieht und das spiegelt Halbrands und Galadriels ausgedehnte Dialogsequenz ganz ordentlich wider. Gut möglich, dass das eigentliche Böse Saurons erst in Staffel zwei wieder an die Oberfläche tritt.

Und noch eine Origin-Geschichte kam zu ihrem Ende. Der Fremde wird dann wohl Gandalf sein, denn im Grunde wissen wir nur von drei Istari. Einer ist eben Ian McKellens legendärer Leinwandzauberer, der andere Saruman und der Dritte kam in den Filmen noch nicht zur Sprache, was ihn für die Serie im Grunde uninteressant macht. Gandalf macht wegen seiner Bindung zu den Hobbits wohl am meisten Sinn. Ich mag Daniel Weyman in der Rolle und das Verhältnis zwischen ihm und Nori ist neben Elronds und Durins Freundschaft wohl auch das pulsierende Herz der Serie. Tatsächlich rang mir das Ende der Harfuß-Storyline die meisten der wenigen Gefühlsregungen ab, die die Serie bei mir provozierte. Sadocs Ende war einfühlsam inszeniert und bei Abschiedsszenen zwischen Eltern, Freunden und Kindern kommen mir auf meine alten Tage ohnehin immer die Tränen. Da mich Die Ringe der Macht mich bisher emotional eher kaltgelassen hatte, war das am Schluss schon eine kleine Überraschung.

Der Fremde wird für Sauron gehalten. Eine Finte, nur fürs Fernsehen gemacht. Effektiv, aber literarisch umstritten.

Dass die Elben sich trotz der Erkenntnis, dass Sauron ihnen die entscheidenden Einfälle mit den Ringen gegeben hat, dazu entschließen, dem Plan zu folgen, finde ich übrigens nicht komplett glaubwürdig, so, wie es inszeniert ist. Ebenso, wie die Tatsache, dass Galadriel Halbrands wahre Natur für sich behält. Ich weiß, die Elbenringe unterliegen am Ende nicht Saurons Kontrolle, aber hier zeigt sich mal wieder, dass das Regelwerk dieser Welt nicht eben Dungeons & Dragons ist. Wir sprechen hier von “Macht” im magischen Sinne, die bei Herr der Ringe vieles, aber wenig Konkretes bedeutet. Es wird interessant, zu sehen, wie die Serie das weiter interpretiert, wenn wir nicht einmal wissen, wie die Macht der drei Elbenringe überhaupt wirkt.

Was sagt man am Schluss zu diesem kontroversen Werk? Wäre eine werktreuere Umsetzung besser gewesen? Hat die Ver- und Andichtung diverser Passagen nun geschadet oder geholfen? Pauschal kann man das nicht sagen. Mit der Straffung an sich habe ich weniger Probleme. Die Diversifikation der Besetzung war in jedem Fall kein schlechter Zug und hat gut funktioniert. Für mich muss die Show auch nicht von Folge zu Folge Hunderte oder Tausende Jahre umherspringen. Ein kohärenter Cast ist mir wichtiger.

Galadriel-Darstellerin Morfydd Clark musste im Interview lügen.

Aber ob es sie nun geben musste, diese Serie, das ist eine berechtigte Frage, die ich nicht eindeutig bejahen kann. Ich hab’ sie ganz gern geschaut, und auch viel über schöne Panoramen und wundervolle Effekte gestaunt. Aber Leidenschaft für die Geschichte kam mir bei der kalkulierten und allzu sauberen und in sich geschlossen wirkenden Machart nicht auf. Kurzum: Ein neues Herr der Ringe, wie es die Bücher und Filme für mich waren, wird das hier nicht. Aber heute muss man ja schon zufrieden sein, dass sie es nicht komplett in den Sand gesetzt haben.

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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