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Ich finde Return to Monkey Island auch nicht hübsch – warum das ein gutes Zeichen ist

Kreative Vision geht über Fanservice.

Ich bin, ehrlich gesagt, froh, dass wir endlich darüber sprechen. Sie hing ein wenig ungut in der Luft und verpestete die Stimmung, diese eher ablehnende Haltung, was den visuellen Stil des neuen Monkey Island angeht. Ron Gilbert hat das mitbekommen und in einem Blogpost, über den auch wir berichteten, Stellung bezogen:

"Return to Monkey Island hat vielleicht nicht den Grafikstil, den ihr wolltet, aber es ist der Grafikstil, den ich wollte". Steht da unter anderem zu lesen. Und das ist für mich der wichtigste Satz bisher – und der, der mir am meisten Hoffnung für das Projekt gibt. Dabei gehöre auch ich zu denen, die den Stil bislang nicht so richtig leiden können.

Abzüglich des Fonts sieht hier für mich nämlich nichts nach Monkey Island aus. Vor allem der eckige und viel zu saubere Look scheint mir mächtig unterkühlt und irgendwie steril. Zutat X fehlt natürlich noch, um sich ein genaueres Urteil zu erlauben. Namentlich Guybrush Threepwood und vielleicht noch ein paar andere, nicht ganz so knöchern-geisterhafte Gestalten, die einen umfassenderen Rückschluss auf die Textur dieser neuen, alten Spielwelt zulassen würden. Aber ja: das sieht einfach bisher nicht lebendig aus. Kahl und kalt, wie die Knochen der klapprigen Gesellen im ersten Teaser.

Gilbert aber zeigt sich unbeeindruckt von derartiger verfrühter Kritik und fährt mit ein paar sehr erhellenden Schilderungen fort: "Die Grafik von Return to Monkey Island sollte provokativ, schockierend sein und mit Erwartungen brechen. Rex ist eine erstaunliche kreative Kraft und wir haben ein Team unglaublicher Animatoren, Sound Designer, Programmierer und Tester, die ihre Seele in dieses Spiel stecken. Es ist wunderschön anzusehen, zu spielen und anzuhören."

Seine Trotzreaktion signalisiert mir zwei sehr wichtige und beruhigende Dinge: Er stellt sich vor sein Team, damit seine EntwicklerInnen sich um ihre Arbeit kümmern können und er weiß wohl ein paar Dinge, die wir nicht wissen (wie gut das Spiel wirklich aussieht nämlich). All das zeichnet für mich das Bild von jemandem, in dessen Hände das Spiel kreativ bestens aufgehoben ist. Weil er eine Vision hat, deren Kurs er unbeirrbar verfolgt. Alles andere – auch und vor allem die Grafik – ist im Grunde sekundär.

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Wichtiger ist, dass Gilbert seinem Instinkt folgen darf, dem wir zwei der besten Adventures aller Zeiten zu verdanken haben. Sicher, auch er ist nicht jenseits jedweder Kritik, fehlbar auch – wer erinnert sich nicht an The Cave (oder besser, wer erinnert sich schon noch daran)? Aber es sollte uns zu denken geben, wenn laut Gilbert die Zusammenarbeit mit Rechteinhaber und Megakonzern Disney kreativ entspannter war als der Dialog mit den Fans. "Es ist irgendwie ironisch. Die Leute, die nicht wollen, dass ich das Spiel mache, das ich machen will, sind einige von den Hardcore-Monkey-Island-Fans."

Es kann kein zweites Monkey Island 2 geben. Das haben wir längst.

Klar, eine Community meldet emotional immer Besitzansprüche an, sonst wäre sie keine Community. Nicht zuletzt, weil sie Fandom-übergreifend immer wieder zu hören bekommt, "nichts hiervon wäre ohne euch möglich!" Davor ist man einfach nicht gefeit, wenn man so viele schöne Erinnerungen mit einem Spiel, einem Film oder einer Band verbindet. Der Knackpunkt ist aber, dass man letzten Endes mehr Künstler, Bands und Spieleschaffende in kreativer Bedeutungslosigkeit verschwinden sieht, wenn sie sich zum Bückling der Fans gemacht haben. Viele große Bands aus der Rock- und Metalszene können das eine oder andere vorhersehbare Riff dazu shredden.

Ein so zielgruppenorientierter Schöpfungsprozess sichert zwar stabile Einkünfte auf ordentlichem Niveau aus ebendieser Kernzielgruppe, ist aber Gift fürs kreative Wachstum. Und das ist nicht, was ich für einen so kostbaren Schatz meiner Kindheit, wie Monkey Island einer ist, möchte. Deshalb: Mir muss der Look von Return to Monkey Island nicht passen, damit es die Fortsetzung wird, auf die wir seit 31 Jahren warten. Im Gegenteil: Gilberts Festhalten daran macht es umso wahrscheinlicher, dass sie es wird.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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