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Instruments of Destruction - Der kreative Kaputtbaukasten

Luke Schneider liefert ein Plädoyer dafür, dass Physik in Videospielen manchmal nur eindrucksvoll Dinge kaputtmachen muss.

Nun war mir der Name Luke Schneider im Vorfeld gar kein Begriff. Dabei firmiert er schon seit zwölf Jahren als Indie-Entwickler, kann aber vor allem dank seiner Mitarbeit an Descent 3, dem sträflich übersehenen Overload sowie Red Faction: Guerilla eine beeindruckende Vita vorweisen. Und gerade das Letztere könnte man auch als geistigen Vorfahren seines aktuellen Projekts heranziehen, da man in beiden Spielen als wandelnde Abrissbirne die Sau rauslässt.

In Instruments of Destruction ist man zwar nicht zu Fuß, sondern im Cockpit großer Maschinen unterwegs, zerbröselt aber ebenfalls eine Vielzahl an Gebäuden in physikalisch korrekte Einzelteile. Nur dass das Ganze zwei Technikgenerationen nach dem damaligen Red Faction stattfindet und entsprechend stärker an der Kinnlade zieht. Partikeleffekte wirbeln jede Menge Staub auf, Gras wird von Druckwellen zur Seite geschoben und massiver Stein zerfällt in tausend Krümel, als würde Zack Snyders Superman durch Legoland wüten. So einfach kann das Drehbuch interaktiver Unterhaltung sein.

Instruments of Destruction belohnt euch gleich zweimal: Erst mit kreativem Eigenbau, dann mit explosivem Zerfall.

Ob ihr lieber mit Vollgas durch die Gebäude rast, einen Greifarm durchs Obergeschoss schwingt, den Eingangsbereich mit Kreissägen rasiert oder noch viel verrücktere Ideen habt, steht euch dabei frei. Denn die Fahrzeuge, mit denen ihr das tut, erstellt ihr komplett selbst. Weshalb sich an dieser Stelle auch die Gemeinsamkeiten mit Red Faction erschöpfen. Stattdessen drängt sich eine ganz andere Inspirationsquelle auf: Das vor vielen Jahren ebenfalls im Early Access gestartete Besiege ist zwar im Mittelalter verortet, ansonsten aber fast das gleiche Spiel. Selbst die Art und Weise, mit der man hier wie da in Windeseile neue Bauteile an vorhandene Verbindungen klickt, ist nahezu identisch. Das hinterlässt zwar einen faden Beigeschmack, tut der Freude am Spiel allerdings keinen Abbruch. Hätte Schneider ein nahezu perfektes System verschlimmbessern sollen?

Tatsächlich bin ich nach wie vor begeistert davon, wie kinderleicht das Zusammenstecken der Träger, Winkel, Räder, Gelenke oder Pflüge von der Hand geht und wie sehr das dem kreativen Herumprobieren zugutekommt. Dank einer Reihe aktiver Bauteile, die man im Einsatz manuell an- und abschaltet, entstehen teils komplexe Gerätschaften mit gigantischen Beinen, stählernen Lassos oder wonach euch eben der Sinn steht. Verbaut man Turbinen, heben die Vehikel sogar ab. Ich habe vielleicht zehn Minuten gebraucht, um mich nach langer Besiege-Abstinenz hier hineinzudenken - danach hat mich ein Ehrgeiz gepackt, den ich schon lange nicht mehr mit einem solchen Baukasten gespürt habe.

Das erste Fahrzeug - so einfach kann's gehen. Beeindruckend ist es freilich nicht, aber es tut, was es tun muss.

So wurde aus meinem kläglichen Einsteigergefährt schnell eine tiefergelegte Planierraupe, wenn auch mit fetten Rädern statt Ketten. Wobei ich festgestellt habe, dass es das Lenken erleichtert, wenn man den hinteren Achsen etwas mehr Leistung verpasst. Später kamen drei Kreissägen hinzu sowie eine per Gelenkarm schwenkbare Abrissbirne. Die kann man wie einen fetten Dolch ins Erdgeschoss rammen, bevor man sie nach oben durchs gesamte Haus zieht - herrlich! Mein aktuelles Projekt ist hingegen eine Art Luftkissenfahrzeug, das ich in alle Richtungen bewegen und wieder aufrichten kann, wenn es mal auf dem Rücken landet. Klar: So was entlockt erfahrenen Baumeister kaum ein müdes Lächeln. Aber es fühlt sich nun mal großartig an, wenn man es selbst zum Funktionieren bringt. Als Nächstes ist ein Läufer dran, dessen Gliedmaßen über ein System aus Kabeln gezogen werden. Weitere Ideen stehen längst Schlange.

Und falls ihr euch fragt, wozu man diesen Aufwand betreibt: Nun, hauptsächlich für einen selbst. Im Moment jedenfalls. Es gibt zwar zehn Inseln, auf denen man das eine Mal alles kaputtmachen muss, ein anderes Mal markierte Punkte erreichen oder Container ins Wasser schieben soll - gelegentliche Einschränkungen beim erlaubten Budget oder der Masse des Gefährts zwingen dabei zu überlegten Konstruktionsplänen. So lernt man, wie die Dinge funktionieren und immerhin gibt es auf jeder Insel drei sehr unterschiedliche Missionen, sodass der Umfang für einen Early-Access-Titel in Ordnung geht.

Gelenkbus à la Schneider: Die vorgefertigten Maschinen sind eine ausgezeichnete Inspirationsquelle für eigene Kreationen.

Sehr schnell hat man den grundlegenden Dreh aber raus und stürmt durch die meisten Aufgaben einfach hindurch. Zumal man über das Erfüllen von Bonusaufgaben ein paar Dutzend vorgefertigte Abrisswerkzeuge freischaltet, mit denen manche Aufträge noch schneller erledigt sind. Was dem Spiel damit noch fehlt, sind anspruchsvolle Herausforderungen sowie die Möglichkeit eigene Missionen mit z.B. riesigen, schwer zerstörbaren Gebäuden zu erstellen und online zu teilen.

Ist alles geplant! Schneider verspricht außerdem weitere Inseln und reagiert ohnehin sehr konstruktiv auf Feedback. Ich sehe da aufgrund seiner vergangenen Veröffentlichungen wenig Grund zur Sorge. Schon jetzt kann man in einer offenen Sandbox ja ohne Einschränkungen tüfteln, wobei dafür alle verfügbaren Inseln einschließlich alternativer Varianten zur Verfügung stehen. Einige Spieler haben zudem eigene Fahrzeuge hochgeladen, die mir ebenso wie die vorgefertigten als hervorragende Inspirationsquelle dienen.

So oder so ist das Erdenken und Aufbauen neuer Vehikel dank des handlichen Editors schon jetzt ein großer Spaß für ambitionierte Konstrukteure. Die können nämlich viel mehr zusammenklicken als die überschaubare Anzahl an Bauteilen vermuten lässt und feiern das Ganze schließlich mit einem Fest physikalischer Zerkrümelung, welche in dieser Form ihresgleichen sucht. Deshalb sehe ich Instruments of Destruction auch eher als inoffiziellen Nachfolger denn plumpen Nachahmer des großartigen Besiege. Falls ihr also mal nicht wisst, was ihr tun sollt: Macht stilvoll was kaputt!

Instruments of Destruction ist zum Preis von gut 15 Euro als Early-Access-Titel auf Steam erhältlich.

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Benjamin Schmädig Avatar

Benjamin Schmädig

Redakteur

Für ihn ist WipEout 2097 der Grund, aus dem es Videospiele gibt – aber auch Indiesachen, Shooter sowie fast alles, das mit Weltraum zu tun hat. Sucht gute Storys, knackige Herausforderungen und freut sich, wenn die grauen Zellen nicht unterfordert werden.

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