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Kampf der Titanen

Perseus vs. Deadline

Es sprach der nicht ganz so weise König Kepheus: „Nun, mein guter Perseus... du hast gerade mich und meinen Hof vor einer Horde lebendiger Statuen gerettet. Außerdem hat der fiese Hades, und der muss es ja wissen, gesagt, dass du der Sohn von Zeus bist. Ich finde es auch super, dass du meine Tochter davor retten willst, bei der nächsten Sonnenfinsternis geopfert zu werden, ehrlich. Aber bevor du dich auf den Weg zu dem stygischen Hexen machst, habe ich hier noch ein Liste mit Aufgaben, die du vorher erledigen könntest. Machst du doch für mich, oder?“

Und weil Perseus nicht nur Sohn des Zeus, sondern auch Held einer durch und durch durchschnittlichen Filmversoftung ist, erledigt er brav Kepheus' lange Liste an Aufgaben - „sammle Zeugs, erledige Monster, wasch den Wagen und hol im Supermarkt frische Oliven (die schwarzen, nicht die grünen)“ - und fragt sich dabei ernsthaft, wie das ausgerechnet ihm, einem Halbgott im alten Griechenland und dem einzigen Träger der original US-Marines-Frisur weit und breit passieren konnte.

Und das frage ich mich hier auch. Jetzt mal im ernst... Die Filmvorlage Kampf der Titanen, sowohl das wunderbare Original von 1981 als auch das durchwachsene, aber dennoch breitspaßige Remake sind das ideale Skript für ein Videospiel. Ein tapferer Held, eine holde Maid, die es zu erretten gilt, und jede Menge Monster aus der griechischen Mythologie bieten eine perfekte Grundlage für ein amüsantes Action-Abenteuer.

Der 1981er Titanenkampf war extrem farbenfroh, 2010 ist Braun das neue Bunt.

Das Entwicklerteam Game Republic wird zudem von Yoshiki Okamoto geleitet, einem absoluten Altmeister und Action-Experten. Und trotzdem hab ich jetzt ein Spiel im Laufwerk, das sich von vorne bis hinten wie ein großer Kompromiss anfühlt.

Die Grundlage hat dabei Hand und Fuß. Wenn Perseus sich mit der illustren Monsterschar anlegt, dann ist die Welt in Ordnung. Eure Attacken haben richtigen Bumms, die Soundeffekte geben dem Spiel eine ordentliche Portion Schmackes und es fühlt sich einfach gut an, die Gegnerhorden zu züchtigen. Auch das Extrawaffen-System ist durchdacht. Fast jedem Gegner könnt ihr eine Fähigkeit klauen und mit der Zeit aufrüsten, ganze 80 optionale Manöver eignet ihr euch so auf diese Weise an. Vom Schlag mit dem großen Kriegshammer bis hin zur Erste-Hilfe-Aktion ist alles dabei. Die Grundlagen stimmen also.

Vom Rest kann man das aber nicht behaupten. Der Grafik fehlt fast stets ihre finale Politur, die Figuren stehen in den Zwischensequenzen herum wie die Ölgötzen und blicken starr ins Leere, scheinbar willkürlich gesetzte Ladebildschirme unterbrechen immer wieder den Spielfluss. Sprungverhalten- und Animationen wirken unfertig und krude, die gezwungen wirkende Quest-Struktur gibt dem Kampf der Titanen schließlich endgültig einen unangenehm unfertigen Anstrich.

XXL-Insekten sind immer gern genommenes Kanonenfutter.

Wisst ihr, wonach das alles riecht? Das riecht danach, als ob man im Hause Game Republic zunächst das ehrbare Ziel hatte, einmal eine richtig ordentliche Filmumsetzung abzuliefern. Doch gerade als die Grundlagen fertig waren, klopfte der freundliche Herr im Anzug aus der Marketingabteilung an die Tür, um dafür zu sorgen, dass der Titanenkampf jetzt aber so schnell wie möglich in die Läden gestellt werden kann – man will ja den Film-Synergie-Effekt nutzen, wer fragt da noch nach Qualität?

Und so kam es, wie es kommen musste: Bei Game Republic fügt man sich ins Unvermeidliche und errichtet auf dem sauber-durchdachten Gameplay-Fundament ein hastig zusammengezimmertes Spiele-Konstrukt mit vielen Streck-Elementen, das irgendwie schon funktioniert und auch zuweilen unterhält, aber so weit hinter seinen Möglichkeiten zurück bleibt, dass man stets nur daran denken muss, wie viel besser dieses Spiel mit mehr Entwicklungszeit hätte werden können. Es verlangt ja gar keiner, dass Perseus seinen Kollegen Kratos vom Thron stößt, aber man hätte ihm zumindest eine Chance geben können, etwas mehr aus sich zu machen.

So liegt es letzten Endes am immer willkommenen Griechen-Setting und der grundsoliden Spielbarkeit, dass sich Game Republics Titanenkampf immer noch eine Wertung im akzeptablen Bereich sichern konnte. Denn wenn ihr gerade wieder einem fiesen Monster seine Spezialattacke entreißt oder ihr mit einem wuchtigen Hammerschlag eine Horde Skelette zu Boden schickt, dann denkt ihr nicht an die schwache Inszenierung, das hölzerne Schauspiel und den wenig eleganten Aufbau des Spiels, sondern habt euren Spaß an der zölligen Hauerei. Das ist doch auch schon was.

Und so sprach der weise Tester Thomas: „Ja, also wenn ihr das Setting mögt und über die Schwächen hinwegsehen könnt, dann könnt ihr euch den Kampf der Titanen holen, kostet ja auch nicht die Welt. Aber bevor ihr euch auf den Weg zum stygischen Fachhändler macht, habe ich hier noch ein Liste mit besseren Spielen für euch, die ihr vorher kaufen könntet. Macht ihr doch für mich, oder?“

Kampf der Titanen ist ab sofort für die PS3 und die Xbox 360 im Handel erhältlich.

5 / 10

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In diesem artikel

Kampf der Titanen

PS3, Xbox 360

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Thomas Nickel Avatar

Thomas Nickel

Autor

Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.
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