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LEGO Dimensions - Test

Alles andere ist nur Spielzeug.

Eurogamer.de - Herausragend Badge
LEGO Dimensions durchbricht die Grenze zwischen Spielzeug und Videospiel und bietet damit für Kinder eine einmalige Immersion in das Spiel.

Von außen betrachtet mag es relativ egal sein, ob man Skylanders, Disney Infinity oder LEGO Dimensions vor sich hat. Es gibt eine Plattform, auf die stellt man Figuren, die tauchen dann im Spiel auf und dort spielt man mit ihnen. Und für uns als alteingesessene, harte Videospieler ist es auch nicht viel mehr als das. Ein nettes Spiel mit einem niedlichen Gimmick, wobei LEGO bei mir da an jedem Tag den Rest der Bande aussticht. Sowohl weil sie die Franchises haben, die man liebt, als auch, weil sie eben LEGO sind. Wer bitte liebt nicht LEGO? Alles ist schließlich "awesome!"

Drückt man aber diese Spiele einem Mitglied der angedachten Ziel- und Altersgruppe in die Hand, passiert bei LEGO etwas ganz Anderes als bei den anderen Kandidaten. Klar, Kinder sind Kinder und sie lieben auch ihre Infinity- und Skylanders-Püppchen. Mit denen kann man auch außerhalb des eigentlichen Spiels spielen, was sie auch tun, aber anders als mit LEGO. LEGO hat im durchschnittlichen Kinderzimmer eine eigene Infrastruktur und seinen eigenen Stellenwert. Kinder schätzen erst die coolen Designs - worin LEGO wirklich gut ist -, dann beginnen sie, die Möglichkeiten zu entdecken und spätestens ab einem Alter von sieben oder acht war bei allen Kindern meiner Umgebung zu beobachten, dass aus den Steinen neue Welten erschaffen wurden. Das ist mit Action-Figuren, selbst mit Playmobil nicht möglich. Ein Playmobil-Haus wird immer ein Haus sein. Ein LEGO-Haus kann dagegen eine Stunde später ein Flugzeug, eine Piraten-Insel oder ein Ninja-Boot sein, alles schon gehabt. Vor allem aber werden die LEGOs in andere Spielzeugwelten nahtlos eingebunden. Es gibt kein Spielzeug, dass nicht durch LEGO ergänzt werden könnte und so bilden die kleinen Plastiksteine schnell und nebenbei noch Fundament und Kitt einer gut sortierten Spielzeuglandschaft im Kinderzimmer.

Hat man das hinter sich...

Damit werden natürlich auch Dimensions-Figuren gleich ganz anders aufgenommen. Sie passen sofort hinein, sind keine Fremdkörper und will Papi vielleicht regelmäßig Dimensions spielen, dann sollte er Batman und Gandalf am besten gleich mit einem Tracker ausstatten. Wer weiß, in welche Spielwelt sie gerade aufgenommen wurden. Oder ob sie nicht schon der alten Nemesis aller LEGO-Figuren begegneten, dem Staubsauger. Gleichwohl ist es dann spannend zu sehen, mit welcher Natürlichkeit Spielzeug und Videospiel beim Kind ineinander übergehen. Während ein Infinity meist doch eher auf seiner Platte blieb und im Spiel sein Schicksal fand, wurde Batman auch schon mal mitten im Ablauf runtergenommen, erlebte im restlichen Klein-LEGO-Universum des Zimmers eigene Abenteuer und kehrte dann wieder in den von TT-Games geplanten Ablauf seiner digitalen Eskapaden zurück. Das Spannende dabei war, dass beide Handlungsstränge im Kopf des Kindes verknüpft schienen und es im kindlichen Narrativ keine echte Unterscheidung zwischen der „realen" und er digitalen Spielwelt gab. Davon habe ich weder bei Skylanders noch Infinity gehört, beziehungsweise es gesehen. LEGO übt halt eine gewisse Macht aus...

...hat man das vor sich.

Dass das Ganze nicht nur für Kinder gedacht ist und dass vor allem der Batch an Ergänzungen, der uns Redakteuren angeboten wurde, sich mehr an das Kind im alten Sack richtet, war auch schnell klar. Die Simpsons haben wenigstens noch TV-Präsenz, dürften aber in der Gruppe unter 10 keine große Rolle spielen. Selbige hat vielleicht auch von Papi gehört, dass es so etwas wie Zurück in die Zukunft gibt und vielleicht haben sie auch schon mal Mr. Fusion von seinem geliebten 1:18 Modell des DeLorean abgebrochen, aber das war es auch. Und Portal? Ne, damit ist auch der Spiele-Tester glücklicher als die meisten Kids. Die freuen sich dann eher über die Ninjago-Sets - eine Reihe, die man als Kind der 80er eher mit Erstaunen wahrnahm (LEGO hat jetzt Waffen?). Herr der Ringe und DC Comics dürften auch in der aktuellen Medienwelt recht vertraute Größen sein. Uni Kitty scheint der rosa Alibi-Pack für Mädchen, stammt aber aus dem LEGO Movie und auf generellem Level besorgten Eltern bleibt noch der gute alte Scooby-Doo-Hund und sein dauerbekiffter Buddy - nicht, dass besagte Eltern dessen Winke mit dem Zaunpfahl je mitbekommen hätten. Für echte Videospieler alter Schule gibt es auch was, nämlich die Midway Retro-Arcade-Welt mit 20 Klassikern wie Gauntlet, Spy Hunter und Defender. So viel erst mal zu den Serien, später zu ihrer komplexen Verkaufsstruktur, jetzt zu dem, was ihr mit dem 100 Euro schweren Starter-Pack in der Hand haltet.

Neben der Box mit dem Spiel und der nackten Portal-Platte - mal wieder über USB statt Bluetooth angeschlossen, sehr schade das - findet ihr eine Box mit LEGO-Steinen. In ihr die drei Figuren Batman, Gandalf und Wyldstyle (LEGO Movie), das Batmobil und die Teile für das Portal. Wo Steine sind, darf eine Anleitung nicht fehlen. Eine solche findet ihr für das Portal selbst auch noch in Papierform, aber schon nach wenigen Minuten im Spiel seht ihr sie auch das erste Mal digital vor euch. Es ist nichts besonders Interaktives. Die Anleitung auf dem Schirm ist die gleiche, die ihr sonst als Papier vor euch habt. Ihr blättert sie eine Seite nach der anderen durch und nach den üblichen kleinteiligen Schritten steht das Portal. Für Kinder ist es ein Gimmick zur Immersion und natürlich ein LEGO-Bastelspaß, für Erwachsene ist es ein optisches Gimmick, welches nicht die kleinste eigene Funktionalität hat. Ihr braucht natürlich eigentlich nur die Platte, aber schicker ist es natürlich mit dem Aufbau. Mehr oder weniger, persönlich denke ich, dass LEGO schon bessere Designs ablieferte, aber das ist Geschmackssache.

Hill Valley mit Batman und Gandalf zu Huey Lewis 'Power of Love' ist nur einer der unzähligen Nerd-Verwirr-Momente.

Ist alles aufgebaut und am Platz - drei Meter Kabel hat das Portal, weitere drei Meter USB-Verlängerungskabel kosten bei Amazon 6 Euro -, die erste Figur auf dem Portal platziert, dann... stellt ihr fest, dass es ein TT-Games LEGO-Spiel ist. Das ist klasse, denn die sind durchweg gut wie kaum eine andere Serie. Sie sind auch durchweg gleichartig wie kaum eine andere Serie. Und das ändert sich für den Moment mit Dimensions auch nicht. Oder doch ein wenig, denn ihr habt kein einzelnes Franchise, sondern neuerdings alle zusammen. Es geht um einen Bruch in der LEGO-Welt und alles purzelt zusammen oder so, es macht so viel Sinn für mich wie die Zusammenfassung von LEGO Chima auf der Wikipedia-Seite, aber das ist okay. Für mich ist es eine Ausrede, all die Figuren zusammen auf Abenteuer zu schicken.

Das ist dann auch, wo der beste Humor dieses Spiels herkommt. Schon in den ersten Minuten habt ihr Batman und Gandalf zusammen im freien Fall den Balrog bekämpfend, Batman entdeckt die Scarecrow, nur dass diese eben aus dem Zauberer von Oz stammt und so weiter. Es sind zig kleine Seitenhiebe und liebevolle Anspielungen, die einmal mehr beweisen, dass LEGO-Spiele für Kinder wie Erwachsene gleichermaßen unterhaltsam sind. Gut also, dass man wieder alles im Koop spielen kann, was auch Dimensions zu einem idealen Familienkandidaten aller Altersklassen macht.

Was ihr spielt, kann man leicht als „das Übliche" zusammenfassen. Ihr stoßt auf ein paar Alibi-Kämpfe, in denen ihr nicht wirklich verlieren könnt, weil ein Ableben nur ein paar Steine kostet. Von diesen Steinen wird wieder eingesammelt, was nur geht. Im Vordergrund stehen kleine Rätsel, bei denen eine Figur ihre Spezialfertigkeiten einsetzt: Wildstyle kann höher hüpfen, Batman hat seinen Bat-Enterhaken, Gandalf seine etwas vage ausgestaltete Magie und so weiter. Das ist vor allem in den ersten Leveln nie sonderlich komplex und wie immer mit klaren Hinweisen ausgestattet. Über den Verlauf seiner acht bis zehn Stunden jedoch zieht das Spiel merklich an und es ist erstaunlich, was die letzten Stages aus dem Konzept herausziehen. Sie werfen alles zusammen, kombinieren es intelligent und sorgen so für einige der besten Stages, die TT je in einem seiner vielen Spiele zu bieten hatte.

Steht ihr in der Hub-Welt vor einem Portal, müsst ihr zumindest eine Figur der Serie haben, um deren Hub zu besuchen.

So weit, so TT-LEGO. Die Besonderheit von Dimensions sind natürlich die Figuren auf dem Portal und sie zu tauschen funktioniert absolut nahtlos. Mit kaum einer Sekunde Verzögerung tauchen sie auf und verschwinden auch wieder, wenn ihr sie von der Platte nehmt. Diese ist in drei Sektionen aufgeteilt, je drei Felder links und rechts und eins oben in der Mitte. Es können auch wirklich bis zu sieben Figuren gleichzeitig darauf stehen und dann auch im Spiel herumwuseln. Das macht zwar selten Sinn - zumindest in den bisherigen Stages - ist aber extrem lustig anzusehen. Meist ist es egal, welche Figur wo steht, um im Spiel aufzutauchen und mitzumischen, in bestimmten Situationen jedoch müssen bestimmte Figuren richtig positioniert werden.

Sogenannte Meister-Bauer müssen dann im oberen Feld stehen und dann anschließend über das Portal gezogen werden, damit komplexe Bauten fertiggestellt werden können. In Bosskämpfen und bei manchen Fallen gibt es Felder, die nicht sicher sind, sodass ihr die Figuren schnell von einer Seite des Portals auf die sichere bringen müsst. All das wird durch die blinkenden Farben des Portals visuell unterstützt, sodass eigentlich nie geraten werden muss, was gerade zu tun ist. All diese Funktionalitäten lassen das Portal zu mehr werden, als nur zu dem was der Name hergibt. Es ist bei Dimensions ein interaktiver Teil der Spielwelt, eine Verbindung zwischen virtuellem und realem Spielzeug, die über die reine Platzierung der Figuren von Skylanders und Infinity weit hinausgeht. Für den kindlichen Spieler entsteht dadurch eine ganz andere Verbindung zu den Figuren, die ihrerseits für das Kind dann in der Hand wieder mehr sind als nur ein Avatar, eine Repräsentation einer Videospielfigur. Diese Figur, die es in der Hand hält, ist ein und dieselbe, die auf dem Screen herumhüpft. Und so findet der Sprung, diese dann zu weiteren Abenteuern im LEGO-Verse des Spielzimmers zu führen, praktisch automatisch statt.

Eine weitere Besonderheit sind die Fahrzeuge und Gadgets. Diese gab es in TT-Spielen schon seit jeher und sie haben auch hier ihre eigenen kleinen Figuren auf RF-Platten - auf denen wie auch bei den Figuren die Daten gespeichert sind. Fahrzeuge können nicht direkt gesteuert werden, sondern eine Figur muss im Spiel hineinhüpfen, das heißt, sie und das Fahrzeug müssen auf der Platte stehen. Gadgets sind im Prinzip nichts großartig anderes und die Grenzen verlaufen eh fließend. Das Hoverboard aus meinem Back to the Future Level-Pack ist auch nichts anderes als ein Fahrzeug, es kommt nur auf die Stelle an, an der es benutzt werden muss, um weiterzukommen. Das Besondere ist das Hochleveln der Fahrzeuge, die dann schneller und stärker werden und somit neue Hindernisse überwinden können. Alle paar Aufrüst-Level erscheint eine Lego-Anleitung und aus den Teilen, aus denen das Fahrzeug besteht, wird dann eine neue Variation dessen, die eigene Fertigkeiten hat. Das Batmobil war dann bei der kleinen Zahl an Steinen nur noch bedingt als solches zu erkennen, seine neuen Funktionen, wie etwa den großen Strahler an der Front, gab das kleine Modell aber gut wieder. Erneut, wie das Portal ist es ein Gimmick. Der RF-Chip weiß nicht, welche Teile verbaut sind. Es kommt nur auf das Plättchen an. Aber das dem Kind zu sagen, würde einen guten Teil des Spaßes ruinieren und am Ende kommen sie eh selbst drauf.

Bei Boss-Kämpfen wird gern das Portal genutzt, auf dem Figuren auf bestimmte Flächen flüchten müssen.

Die große Frage ist natürlich, wie oft man bei einem Sammelspiel wie diesem an Grenzen stößt, die nur von anderen Figuren und Fahrzeugen, die man nachkaufen muss, durchbrochen werden können. Die ernüchternde Antwort ist: oft. Zumindest solange ihr wirklich nur den Start-Pack habt, gibt es immer wieder Hindernisse. Die (relativ) gute Nachricht ist, dass zur Überwindung dieser Hindernisse nie eine einzelne, bestimmte Figur nötig ist, sondern eine Fertigkeit, was sich mit den Elementen in Skylanders vergleichen lässt. An solchen Stellen wird angezeigt, welche Figuren das Benötigte können und so wurde schnell klar, dass sich im Prinzip mit einem oder zwei Level- oder Team-Packs alles spielen lässt, was in Dimensions steckt. Ihr müsst also nicht alle Figuren haben, um alles zu spielen, es ist nicht mal wichtig, welche Packs ihr kauft. Das bleibt eurem Geschmack überlassen, keiner muss sich den Scooby Doo Pack zulegen. Trotzdem: Etwa 50 Euro extra für zwei Packs solltet ihr vom Start weg mit einplanen.

Technisch liegt die Innovation sicher aufseiten des Plastiks. Im Spiel zeigt sich LEGO, was die Grafik angeht, konservativ und die Level erscheinen mir sogar etwas schmaler ausgelegt als in den letzten Spielen. Ich bin mir auch nicht ganz sicher, ob die abgehackten Animationen Wyldstyles ein Bug oder ein Feature sind, da sich alle anderen Figuren normal bewegen. Das Design ist natürlich und wie immer die gekonnte Verbindung aus LEGO und den aus den jeweiligen Franchises bekannten Elementen, die farbenprächtig umgesetzt wurden. Es ist kein technisch beeindruckendes oder aufwendiges Spiel, aber eines, das man sich gern ansieht.

Man muss LEGO Dimensions auf verschiedene Arten sehen. Für „uns", also die harten Videospieler von 18 aufwärts, die in einem Videospiel anspruchsvolle Storys oder innovative Gameplay-Elemente suchen, ist es nett. Sehr, sehr nett sogar. „Wir" haben Spaß mit den bunten Welten, mögen vielleicht LEGO, wer dann noch die Figuren gerne sammelt und auch sonst mal heimlich zu den Steinchen schielt, auf denen eigentlich seine Altersangabe fehlt, ist das ein absolut bezauberndes Vergnügen. Aber letztlich und rein als Videospiel betrachtet, ist es kein großartig anderes als es TT-Games und LEGO schon mehr als nur ein paar Mal durchexerziert haben.

Auf der anderen Seite habt ihr die Altersangabe des Spiels, die da 7-14 sagt, und in dieser Zielgruppe, vor allem am unteren Rand, passiert hier etwas ganz Anderes. Hier habt ihr eine Verbindung von Spiel und Spielzeug, von Virtualität und Realität, unterfüttert von der Fantasie eines spielenden Kindes, die einmalig ist. Eine Immersion zwischen diesen bisher getrennten Polen, der vielleicht „wir" mittels Virtual Reality, hydraulischen Lenkrad-Konstruktionen und anderem Tech-Overkill nachjagen. Kinder haben es da besser. Sie integrieren die kleine Batman-, Gandalf- und all die anderen kleinen Figuren und Fahrzeuge nahtlos in ihr bereits bestehendes Spielzeuguniversum. Das Spiel greift in die Realität über und die Fantasie wird zurück in das Spiel mitgebracht. Ich würde nicht sagen, dass das theoretisch nur mit LEGO möglich ist. Praktisch gibt es in den meisten Kinderzimmern aber kaum ein anderes so flexibles Kreativ-Spielzeug wie das der Dänen, womit sich das Konzept so herausragend umsetzen lassen könnte.

In LEGO Dimensions trifft bewährtes, intelligentes Videospieldesign auf das vielleicht beste Kinderspielzeug, das es je gab. Die Verbindung aus bekannten Spielzeugen, bekannten Franchises und universeller Verbreitung geht einen derzeit einmaligen Weg zwischen den Grenzen der vertrauten Spielzeugwelt des Kindes und der Videospielwelt. Im Gegensatz zu Skylanders und Infinity bewegt sie sich auf beiden Seiten mit einer natürlichen Selbstverständlichkeit. Batmans und Gandalfs Abenteuer beginnen auf dem Bildschirm, aber sie enden dort nicht. Nur für „uns". Ist manchmal schon blöd zu alt für etwas zu sein.

Darauf mache ich mir erst mal ein Bier auf.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Lego Dimensions

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, Nintendo Wii U

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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