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Mafia 2: Joe's Adventures

Lückenbüßer

„Hey, Barbaro, wo ist dein schwuler Freund Vito?", ruft ein Mafiosi, bevor er mit seiner Thompson-Maschinenpistole auf euch feuert. Tja, der übernimmt diesmal nur eine Gastrolle. Nach der Nebenmissions-Sammlung Jimmy's Vendetta besinnt sich Mafia 2 auf seine Stärken und führt mit Joe's Adventures die Geschichte des Hauptspiels fort. So die Theorie. In der Praxis scheitert auch der jüngste Download-Inhalt an diesem Anspruch. Dabei fängt alles vielversprechend an.

Ende Februar 1945, Schnee bedeckt die Straßen. Joe Barbaro lümmelt sich im Doppelripp-Unterhemd mit einem leichten Mädchen auf seinem Bett. Ihr erinnert euch an Joe, oder? Der dezent übergewichtige Kumpan von Protagonist Vito Scaletta wirkte bereits im Hauptspiel wie der Anker für dessen nicht immer schlüssige Motive. Bei Joe weiß der Spieler woran er ist, mit Joes Absichten kann er sich identifizieren. Jetzt bekommt Joe sein eigenes Abenteuer. Ihr spielt Joe!

Mit einem Anruf beginnt die erste Mission. Ihr sollt den Tankwart vermöbeln, der Vito verpfiffen hat. Falls jemand nach der Wartezeit auf Joe's Adventures den Faden verloren hat: Das FBI hat Vito ungefähr nach dem ersten Drittel von Mafia 2 verhaftet. Joe's Adventures spielt parallel zu der Zeit, in der Vito auf seinen Prozess wartet und später im Knast die Latrinen schrubbt. Der Beginn der neuen Episode könnte tatsächlich auch aus dem Hauptspiel stammen, so hochwertig rückt er sich ins rechte Licht. Zwischensequenzen mit Gesprächen führen euch ins Geschehen ein und ihr kutschiert durch ein hübsches, zuvor nicht erreichbares Gebiet im Nordosten der Spielstadt Empire City.

Das Beste gibt es ausnahmsweise bereits zu Beginn. Ihr verfolgt einen Verräter über einen zugefrorenen See.

Der Prolog gipfelt in einer Auto-Verfolgungsjagd über einen zugefrorenen Stausee. Total verrückt. Und cool! „Ich glaub, ich hab eingeschissen", kommentiert Joe stilsicher besonders halsbrecherische Schlittereinlagen über die Eisschollen. Auf dem Rückweg trällert er gut gelaunt ein Liedchen aus dem Radio mit: „I'm no billionaire, but I'm not the kind to care, cause I got a pocket full of greens..." Nach einem Anruf von Kollege Henry taucht Joe unter und kehrt erst fünf Jahre später mit Schnauzbart, Pornodarsteller-Sonnenbrille und buntem Längsstreifenhemd zurück. Jetzt offenbart Joe's Adventures sein wahres Gesicht.

Sinnlos aneinandergereihte Nebenmissionen , knapp 20 Stück, in der Regel mit Zeitlimit – daraus besteht der Kern von Joe's Adventures. Ihr dürft die Missionen beliebig oft wiederholen, streicht Punkte für schnelles Rasen oder viele Abschüsse hintereinander ein und verewigt euch in einer Online-Bestenliste. Ganz wie bei Jimmy's Vendetta. Statt gesprochener Dialoge servieren euch die Entwickler 2K Czech auch hier am Missionsstart bloß ein Textfenster mit Standbild. Nicht gerade das, was Mafia 2 zu einem kinoreifen Erlebnis erhebt. Wer die Augen offen hält, findet Bilder von 19 weiteren Playboy-Nackedeis. Einen Erfolg oder eine Trophäe spendiert das Spiel dafür aber nicht. Die bekommt ihr, wenn ihr die Schlüsselmissionen meistert oder gewagte Sprünge absolviert.

Joe rettet den bewusstlosen Marty aus einer U-Bahn-Station. Eine Trage-Animation haben sich die Entwickler gespart. Auch bezeichnet das Spiel Marty als Leiche. Sehr lieblos.

Obwohl die mitunter kniffligen Missionen abwechslungsreich sind und neue Einblicke in Empire City liefern, wirken sie wie Adoptivkinder. Chauffiert ihr eine Zielperson im Taxi, erfahrt ihr aus deren Mund nicht einmal das Reiseziel. Das verrät nur ein roter Punkt auf der Karte. Leute, die ihr warnen sollt, fertigt ihr ebenso wortlos per Knopfdruck ab. Wie öde. Lange Fahrwege nach einem Bildschirmtod zum Ende einer Mission geben leicht zu frustrierenden Spielern den Rest. Nur bei zwei weiteren Aufgaben zwischendurch und dem Finale gönnen euch die Entwickler überhaupt noch ein paar kurze Dialoge.

Besonders deutlich zeigt sich das Dilemma an der Mission „Bombe unterm Sitz", etwa in der Mitte des Add-Ons. Ihr sollt ein Cabrio durch die Innenstadt manövrieren. Sinkt die Temponadel unter 55 Stundenkilometer, fliegt euch das Gefährt als Feuerball um die Ohren. Spätestens der Kinofilm Speed mit Sandra Bullock hat bewiesen, dass sich damit durchaus Publikum unterhalten lässt. Eine gute Idee also – sollte man meinen! Doch zum einen spuckt der spielinterne Zufallsgenerator immer abweichende Verkehrshindernisse aus, zum anderen liegt der Parkplatz für euren Schlitten versteckt. Diverse Neustarts sind daher programmiert. Schafft ihr trotzdem die Tortur, verschwindet der Wagen einfach. Natürlich wortlos – was sonst?

Wenn Joe nach einem Auffahrunfall ein herzliches „Vollidiot!" vor sich hin brummelt, erobert er sich ruck, zuck einen Platz in meinem Herzen. Joe ist ein echter Sympathieträger. Joe's Adventures liefert zusätzliche Schießereien, eine Handvoll neuer Einsatzorte und einige Stunden klischeehaftes Mafia-Treiben. So weit, so gut, denn davon bekomme ich an sich nie genug. Nur nach vorne bringt das Add-On Mafia 2 kein Stück. Es besteht hauptsächlich aus Nebenmissionen ohne Seele. Dabei hätten ein paar nett vertonte Zwischensequenzen schon gereicht, um dabei das Feuer der grandiosen Mafia-Atmosphäre anzufachen. James Cameron hat bei seinem Director's Cut von Aliens die zusätzlich reingeschnittenen Szenen schließlich auch nicht mit Textbildschirmen integriert. Wer diese lieblose Geldschneiderei nicht unterstützen will, hat hiermit meinen Segen. Wer immer noch jede Nacht von Mafia 2 träumt, greift in Al Capones Namen zu. Denn hey: Es sind neue Mafia-Missionen!

Mafia 2: Joe's Adventures ist als kostenpflichtiger Download für Xbox 360 (ca. 9,50 Euro), PlayStation 3 und PC (je 7,99 Euro) erhältlich.

6 / 10

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In diesem artikel

Mafia II: Joe's Adventures

PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor

Joachim Hesse

Contributor

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