Skip to main content
Wenn du auf einen Link klickst und etwas kaufst, können wir eine kleine Provision erhalten. Zu unseren Richtlinien.

Micro Machines World Series - Test

Es existiert. Glaube ich wenigstens. Nicht, dass es mich kümmern würde.

Ein simples Konzept wurde durch Kart-Waffen-Overkill entstellt und charmefrei in die Welt gesetzt. Da hilft der gute Elimination-Modus kaum.

Nach den ausgezeichneten Spielen Dirt Rally und Dirt 4 dachte ich wirklich, dass Codemasters nichts mehr anfassen kann, das Räder hat, ohne dass es zu Gold in ihren talentierten Händen reift. Nun, ich hatte damit ganz klar unrecht, lag komplett daneben und Micro Machines ist der geradezu erschlagende Beweis dafür.

Als Kind, selbst in die frühen Teen-Jahre hinein, liebte ich Micro Machines. Nicht die Spiele, die gab es da noch gar nicht, sondern diese winzigen Autos, Flugzeuge und Trucks. Irgendwas klickte bei diesem Design der knuffigen Winzlinge und ich hatte eine gute Anzahl von ihnen. Ein paar fliegen hier irgendwo immer noch herum, und das war auch der Grund, warum ich immer die Videospiele lieben wollte. Nun, das war nicht so schwierig, die alten 16-Bit-Games waren wirklich okay, vor allem mit ein paar Freunden, aber nie der ganz große Wurf. Trotzdem, netter, kleiner, unkomplizierter Multiplayer-Fun. Einfach nur Rennen fahren, keine Waffen, keine Extras, keine Komplikationen. Wundervoll, super. Das war vor über 20 Jahren.

Spiele haben sich seitdem ein ganz klein wenig weiterentwickelt. 30 Euro sind sicher nicht Vollpreis, aber nah genug dran, um etwas mehr zu erwarten als nur eine HD-Version des alten Spiels. Ja und nein. Erwarten würde ich das. Nachdem ich sehe, was nun kam, würde ich es mir aber trotzdem wünschen. Immer noch besser als diese Dauerwerbesendung für ein anderes Spielzeug, Nerf-Waffen, um genau zu sein. Nerf-Waffen sind super, ein Kindertraum. Was hätte ich als Kind für eine Nerf gegeben. Aber in Micro Machines nehmen sie praktisch die Hauptrolle ein, da es mehr Waffenpunkte gibt als in den meisten Kart-Racing-Spielen. Streckenkenntnis? Meh, sollte grundlegend vorhanden sein. Gutes Ausnutzen der Kurven durch geschickten Lenken? Kann sicher nicht schaden. Zu wissen, wann man den Nerf-Raketenwerfer, das MG oder die Mine benutzt, die man pro Runde ein halbes Dutzend Mal bekommt? Essenziell.

Auf den ersten Blick ist alles okay. Dann kommen die Knarren auf den Tisch.

Es ist erstaunlich, wie sehr diese Extras den eh schon immer schwierigen Spielfluss noch mehr ausbremsen. Schubsen und Drängeln, vor allem an engen Passagen, links und rechts ein Abgrund war eine Frage von Skill. Jetzt kommen noch Explosionen, Schüsse und mehr dazu und ständig wird einer ausgebremst, zurückgesetzt, das Dutzend Teilnehmer wechselt in einem ewigen Chaos immer wieder die Positionen und es kommt für keine zehn Sekunden ein echter Rennfluss auf. Es nervt - jetzt schreibe ich schon nerft... - nach ein paar Runden und wenn ich das will, spiele ich lieber einen echten Kart-Racer als dieses chaotische Zufallsgewürfel um Positionen.

Das Rennen ist nicht der einzige Modus. Ihr habt auch noch einen Battle-Modus, der ebenfalls von Mario Kart abgeguckt wurde. Es gibt eine Reihe recht weitläufiger, unübersichtlicher Arenen, in denen ihr und ein paar andere Fahrzeuge sich gegenseitig mit noch mehr Waffen beharkt, diesmal individuell für jedes der zwölf Fahrzeuge. Leider ist dies ein seltsames Chaos, da für weiträumige Manöver der Bildausschnitt viel zu klein ist und ständig alle aneinander vorbeirasen, ohne sich für länger als ein paar Sekundenbruchteile im Blick zu haben. Da das alle Spieler nach ein paar Sekunden kapieren, sammeln sie sich in der wechselnden Mitte, ballern sich bis zum bitteren Ende und dem eher zufälligen Gewinner durch und gehen dann wieder ihrer Wege, um etwas Besseres zu spielen. Was man auch daran sieht, dass es überraschend viele KI-Spieler diesen Modus auffüllen. Obwohl, nichts so überraschend.

Die Fahrzeuge sehen zumindest ganz niedlich aus und verleitet einen auf Ebay zu gucken, ob man nicht doch mal wieder ein paar Micro Machines ergattern kann.

Das wäre dann vielleicht der Elimination-Modus. Endlich, ausgerechnet dort, wo ich nichts erwarten habe, finde ich endlich so etwas wie Spielspaß. Ihr fahrt in einem Sechserpulk los und wer zurückbleibt, abstürzt oder abgeschossen wird, fliegt raus. Das geht weiter, bis nur einer übrig bleibt, und dauert manchmal kaum zehn Sekunden. Dann werden wieder alle auf die Piste gesetzt und eine neue Runde startet. Der Trick ist, dass ihr für eine gute oder schlechte Performance auf einem Zielbalken entweder vor- oder zurückgeschoben werdet. Stellt es euch wie eine Art Brettspiel vor, nur statt zu würfeln, spielt ihr eine Runde Micro Machines. Das machte wirklich Spaß, zumindest bis zu dem Punkt, an dem die Online-Performance der Technik meine eigene Leistung im Spiel noch einmal deutlich unterbot.

Ihr müsst wissen, dass Micro Machines erst einmal ein reines Multiplayer-Spiel ist und, wenn ihr allein seid, ein reines Online-Spiel. Es gibt einen Couch-Modus und er funktioniert, sieht man einmal von den Waffen - die hier ebenfalls nerven - und den neuen Spielmodi - Elimination ist auch hier ein Gewinner - ziemlich das, was man erwartet. Allein dagegen braucht ihr Online-Spieler und das Matchmaking hat anscheinend noch die eine oder andere Macke. Egal ob PS4 oder Xbox, immer wieder hing sich das Spiel in einer Schleife auf, wenn es eigentlich schon ein Match gefunden hatte. Leider gibt es in diesem Moment kein normales Zurück mehr und so blieb nach mehreren Minuten des vergeblichen Wartens nur der Reset des Spiels.

Viel Glück in den eh schon chaotischen Battle-Kurse und Arenen auch noch die - zumindest hübschen - Rampen und Loopings zu meistern, während ihr mit einer nicht so sonderlich präzisen Steuerung andere Autos jagt.

Was die Grafik angeht, bin ich bereit zu sagen, dass sie nicht ganz Sch... ist. Professionell gesprochen, ihr wisst schon. Aber ehrlich, in einer Welt, in der Indie-Studios Dinge wie Rocket League produzieren, wirkt dieses Spiel in seinen Production-Values fast ein wenig wie eine Mischung aus den Product-Placement-Werbe-Chaos, das es ist, und einem späten PS2-Titel. Es ist bunt, das gebe ich ihm, das mag ich auch, aber sonst wirkt es größtenteils detailarm, uninspiriert und schlicht Blah. Es ist halt da, es hat nichts zu sagen, selbst der eigentlich sicher geglaubte Charme, mit winzigen Spielzeugautos durch echte Haushaltsumgebungen zu kullern ist... prinzipiell vorhanden, aber... es ist schwer in Worte zu fassen. Es wirkt, als hätte ein Fan der alten Spiele den Entwicklern versucht zu erklären, was er so liebte, aber nicht die richtigen Worte gefunden. Es ist im Prinzip alles da, nur fehlt die Seele. Selbst die Musik klingt eher, als wäre es etwas, das man ohne Lizenzgebühren auf Youtube benutzen darf. Nicht wirklich schlecht, aber so generisch, wie es nur irgendwie werden kann.

Micro Machines World Series verpasst den Retro-Appeal. Gleichzeitig, in einer Welt, in der Rocket League existiert, wirkt es fast schon befremdlich schlicht, sogar schlecht im Vergleich zu solcher Konkurrenz. Und während es keine Katastrophe ist und ich sicher schon weit schlechtere Spiele vor mir hatte... Nein, kein Mensch braucht Micro Machines. Wenn ich es als Beilage zu einer der teuren Nerf-Waffen fände, würde das vieles erklären. Ich würde mich sogar freuen, denn als Gratis-Werbegame kann es auf jeden Fall punkten. So jedoch... Mir fällt nichts Gutes ein, auch nichts wirklich Vernichtendes, es existiert halt. Ich hatte im Elimination-Modus ein wenig Spaß, mit zwei Freuden auf der Couch halfen die Biere, um eine Stunde ausgelassen über die Runden zu bringen, aber danach... Ich werde morgen vergessen haben, dass es existiert.

Entwickler/Publisher: Codemasters - Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Preis: rund 30 Euro - Erscheint am: erhältlich - Getestete Version: PS4, Xbox One - Sprache: deutsch, englisch - Mikrotransaktionen: Nein

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Micro Machines World Series

PS4, Xbox One, PC

Verwandte Themen
Über den Autor
Martin Woger Avatar

Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
Kommentare