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Need for Speed: SHIFT

Durch die Scheibe gesehen

Sollte es stimmen, dass in jedem Bully auch ein Feigling steckt, dann müsste bei Spieleserien Need for Speed als Beweis für diese Theorie herhalten. EAs Rennflagschiff dreht seit ungefähr dem Anbeginn seine Bahnen, zierte das Cover von tausend oder so Rennspielen und dürfte mehr Einheiten verkauft haben, als alle Burnouts und Forzas zusammen. Und trotzdem zeigt sich der Riese bei jedem neuen Auftritt verunsichert, fast eine Spur feige, sich endlich festzulegen, als würde er immer noch nicht wissen, wo er hingehört. Ewig auf der Suche nach seiner Heimat im Renn-Genre.

Nach vielen Ausflügen in den Untergrund und ein paar Abstechern in die Obskurität wie bei Pro Street besinnt man sich mit SHIFT nicht nur auf den Ursprung der Serie – als es noch um schnelle Autos in hübschen Landschaften mit einem Hauch von Realismus ging –, sondern setzt sich wie ein Einsiedlerkrebs in das Häuschen, das von Bizarre Creations dieses Jahr unbewacht zurückgelassen wurde. Diese versuchen sich nämlich mit Blur an weiß Gott was und die Nische des halbrealistischen High-End Stadt-Racers, sonst so sicher von Project Gotham Racing besetzt, bleibt leer. Need for Speed: SHIFT zeigt sich nicht träge und scheint dort sehr elegant einzuparken. Selbst wenn nicht alle Kurse durch Stadtlandschaften führen.

Der Name könnte somit kaum besser gewählt sein. Nicht nur klingt er ja schön rennspielmäßig – Shift gears=Schalten – sondern heißt frei übersetzt ja auch Wechsel. Slightly Mad verlässt Schlag auf Fall das Decal-Unterbodenschwarzlicht-lastige Milieu, um eine Rennengine auf die Beine zu stellen, die sich ebenso perfekt für Project Gotham nutzen lassen würde. Es fühlt sich realistisch genug an, setzt aber immer noch mehr auf die reine Freude an dem, was sich wie Fahren anfühlt, als das, was Fahren wirklich heißt.

Need for Speed: SHIFT - gamescom Trailer in HD

Dabei konzentriert sich Slightly Mad Studios, die als Blimey! Games auf dem PC mit der GTR-Reihe bereits zu nicht unbeachtlichem Rennruhm kamen, auf eine möglichst spielbare und gleichzeitig authentische Cockpitperspektive. Jeder der knapp 70 Wagen wurde nicht nur von außen in aller Schönheit und bis zum Firmenemblem durchdesignt, auch das Innere erfuhr die gleiche detailverspielte Liebe. Als erstes sitzt ihr in einem BMW M3, einem Wagen, in dem ich wenigstens schon mal mitfuhr.

Und ja, der Eindruck beim Schwenk über die Armaturen passt bis so weit ins Detail, dass man glatt zum Radioregler greifen möchte. Damit nicht genug, die Soundtechniker runden das Ganze ab, indem eben nicht nur die Außengeräusche genommen und gedämpft wurden. Stattdessen wurde analysiert, wie sich die Wagen wirklich in ihrem Inneren anhören und dies sollte auch in SHIFT umgesetzt sein. Wer also weiß, wie so ein McLaren F1 von innen klingt, darf gerne vergleichen. Für den Normalsterblichen hörte es sich aber schon mal ganz ordentlich an.

Die wirklich wichtige Frage ist aber natürlich, wie es sich aus dieser Sicht fährt, und nach den bestenfalls halbherzigen Versuchen dieser Ansicht in den letzten beiden Teilen von Need for Speed hält SHIFT eine echte Überraschung parat: Der direkte Blick über das Lenkrad fährt sich fantastisch. Man könnte so weit gehen zu sagen, dass es bisher der beste Versuch darstellt, dieses Gefühl auf den Screen zu bringen, besser selbst bei den schon sehr veritablem Gotham 4 oder GT 5 Prologue. Gegenüber dem letzteren oder dem ebenfalls sehr auf Realismus getrimmten Forza 2 fällt beim Handling jedoch die Verwandtschaft zu dem weicheren und eingängigeren Lenken der Gotham-Reihe auf.

Das geht bei Weitem nicht in die Arcaderichtung eines Underground, aber wer unbedingt auf das tausendprozentige Erlebnis der Realität des Fahrens pocht, liegt bei SHIFT möglicherweise falsch. „Möglichweise“? Auf dem realistischsten Grad soll SHIFT sich noch perfekter als die GTRs spielen und das wäre schon ziemlich virtuos. Leider lies sich das noch nicht testen, also bleibt für den Moment der Gotham-Vergleich stehen.

In diesem artikel

Need for Speed: Shift

iOS, PS3, Xbox 360, PSP, PC

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Martin Woger

Chefredakteur

Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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