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Oninaki: Test - Eine tragische Geschichte falscher Prioritäten

Düstere Gedanken, die ein besseres Spiel verdient hätten

Eine gute Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden und deutlich besseres Gameplay als ein schwaches Action-RPG verdient hätte.

Spiele, die während der Gamescom erscheinen, die Geißel des Spieleredakteurs ... Oninaki war einer der zahlreichen Kandidaten dieses Jahr - Test zu Aer und Remnant in kürzester Kürze - und während Alex mit Hunt schon einen kleinen Vorlauf von 400 Stunden hatte, musste ich nicht nur nebenbei 20 in Oninaki stecken, sondern in der Mitte des dessen auch das Entwicklungs-Team interviewen. Surreal, weil jede Frage, die man stellen möchte, im Hinterkopf mit "Spiel es weiter, dann bekommst Du die Antwort" ausgeht. Also, in Kürze ein wenig was über die Hintergründe und Intentionen zur dunklen Geschichte von Oninaki und ein kleines RPG-Studio auf der Suche nach seiner Bestimmung. Zuerst aber Oninaki.

Eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.

Wie eben angedeutet, es ist eine düstere Story, durch die ihr hier wandern sollt. Eine, die tief verwurzelt in der mystischen Tradition des J-RPG-Genres ist, das sich gerne mit Dingen wie Leben, Tod und Reinkarnation herumschlägt und bei denen ein Bosskampf nicht nur ein großer Drache, sondern oft genug eine physische Repräsentation eines höheren philosophischen Konzepts darstellt, das es zu besiegen gilt. Ihr tötet nicht nur, das Viech, das das Dorf gegrillt hat, ihr tötet etwas Höheres, einen Wächter der Realität und des Bewusstseins. Meistens jedenfalls, manchmal hat er auch nur ein Dorf gegrillt.

In der Welt von Oninaki gibt es keine Trauer und Reue, wenn es um den Tod geht, denn wer diese Gefühle hat, der verhindert, dass der oder die Tote reinkarniert wird. Dieses Schicksal wird aber eben nur denjenigen zuteil, die ohne offene Rechnungen ins Jenseits gehen. Natürlich gibt es immer wieder Fälle, wo das nicht so sauber abläuft und dafür sind Wächter wie euer Held zuständig. Um jeden Preis muss die Lage geklärt werden, denn nicht Reinkarnierte werden zu "Daemonen" und ziehen auch andere Monster nach sich. Die Story nimmt dabei sehr finstere Wendungen und das wie zuletzt in der Vorschau auch schon angedeutet, ohne Umschweife. Ohne weitere Spoiler hier noch mal das erste Beispiel aus dem Intro-Level: Zwei trauernde Eltern, die nicht loslassen können, ein deshalb in der Zwischenwelt gefangenes Kind. Alle müssen vereinigt werden und da das Kind nicht wieder lebendig gemacht werden kann, nun, dann müssen eben die Erwachsenen gehen. Was ihr mit eurem Schwert erledigt. Jetzt können alle drei fröhlich reinkarniert werden, Happy End ...

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So zieht sich das weiter, Tod und Selbstmord, Reue und Verzweiflung, aber auch Neuerschaffung, Wiederkehr und Hoffnung wurden als Themen in eine für den niedlichen Look eigentlich viel zu erwachsene Handlung gewoben, der es gelingt, für die allermeisten der etwas 20 Stunden auf höchstem J-RPG-Niveau zu spielen. Das ist ein Spiel, das sich in diesem Punkt alle ein Beispiel nehmen können: Wie man solch schwierige Themen respektvoll und spannend in eine durch und durch fantasievolle Handlung verpackt und zur Befriedigung aller auflöst. Ni No Kuni 2 und das letzte Tales dürfen sich gerne hier und da ein paar Notizen machen. Es muss ja nicht immer gleich ganz so düster werden wie hier.

Aber Handlung war nie so das Problem der RPG Factory. Sowohl I am Setsuna wie Lost Sphear waren in diesen Punkten zwar nicht so stark, aber auch keine Hänger. Bei ihnen war es der gute Wille, sich spielerisch auf alte Zeiten zu besinnen, nur wurde dabei vergessen, dass Abwechslung und Balance keine Nebensächlichkeiten sind, wenn man einen Spieler über ein bis zwei Dutzend Stunden motivieren möchte. Beide Spiele wurden nach einer Weile monoton und mehr als nur ein wenig Routine schlich sich ein. Das hat wohl auch das Studio erkannt und statt den Rundenkampf auf ein höheres Level zu heben, entschied man sich für einen Umbruch und geht in Richtung eines Diablo-Hack'n'Slash.

Dieser Genrewechsel an sich ist keine schlechte Sache. Von 16-Bit-Zeiten bis heute gibt es brillante Spiele in diesem Genre, die für deutlich längere Spielzeiten ihre Systeme frisch und spaßig halten. Das Problem bei Oninaki ist jedoch, dass es schon schwierig startet. Schnell setzt eine Routine ein, wenn ihr schon früh feststellt, dass das Spiel ein wenig Grind vor den Bossen sehen will, euch aber nicht viele sinnvolle Varianten zur Verfügung stellt, diesen spaßig zu halten. Habt ihr eine Variante gefunden, wie ihr bestimmte Gruppen an Feinden loswerdet, könnt ihr das endlos wiederholen und da diese Suche nach der Taktik nach ein, zwei Mobs erledigt ist, kann man hier nicht direkt von Spieltiefe sprechen. Taste bearbeiten reicht völlig.

Zumindest sieht es meistens stilvoll aus.

Werden die Gegner mal etwas härter, zeigen sich schnell technische Probleme. Die Animations-Frames sind ziemlich lang und unflexibel. Oft haut ihr in den zu langen Angriffen - selbst mit den schnellen Waffen - daneben, weil ein Gegner sich bewegte, aber vor allem dauert es mitunter eine Sekunde, bis ihr aus dem Angriff in die Ausweichbewegung wechselt. Oft genug hat man den Eindruck, dass der Tastendruck nicht registriert wurde. Und das Spielsystem ist definitiv kein Dark Souls, bei dem präzises Timing so sehr eine Rolle spielen sollte. Das gibt weder das offenkundige Button-Mash-Prinzip noch das Gegnerverhalten her. Kurz gesagt: Man kann den Kampf von Oninaki solide spielen und das wird schon irgendwie alles klappen. Aber wirklicher Spaß ist dann doch etwas anderes. Eine ziemlich ungünstige Feststellung, wenn sie 80 Prozent des Gameplays betrifft, jetzt wo ich so drüber nachdenke.

Die Bosse sind die Highlights, zumindest relativ, denn die eben genannten Macken bleiben erhalten. Was ihr aber habt, sind zahlreiche lesbare Angriffsvarianten, die man aushebeln kann, Phasen und alles was zu einem guten Kampf dazugehört. Es wird nur dann frustig, wenn ihr nicht gegrindet habt. Ich habe es immer wieder gemerkt, vom erstem Kampf an. Ich kam schnell mit Level zwei oder drei zum ersten Boss und dachte noch, dass die Kurve des Schwierigkeitsgrades ganz schön verdorben sei. Erst gar nichts und nun "Bäm!" Dann grindete ich eine Viertelstunde bis Level fünf und siehe da, ein Anlauf und keine Probleme. Das Gleiche wiederholte sich bei praktisch jedem Boss und nur wer von sich aus jede Ecke eines Stages durch und durch abgrast und so weit mehr Zeit zubringt als ein eher zielgerichtete Spieler wie ich, wird das Problem nicht so sehr merken. Das alles ist nicht unbekannt in dem Genre, aber gerade bei Action-Systemen wirkt es schnell etwas plump als Lösung und Oninaki ist leider ein Paradebeispiel dafür.

Ihr müsst regelmäßig größere Gegner erledigen, um den Weg zwischen den beiden Welten zu öffnen.

Es gibt dabei zwei spielerische Gimmicks, die Oninaki eigen machen. Das erste sind die beiden Parallelwelten, die physische Welt und die Zwischenwelt zum Tod. Ihr wechselt nahtlos hin und her, beide Welten haben recht ähnliche, immer brav respawnende Feinde, beide Welten haben eigene Schatzkisten und hier und da gibt es das übliche Puzzle. Wenn es in der einen Welt nicht weiter geht - Abgrund, Wand, was auch immer -, dann ist die Lösung der Wechsel in die andere. Das klingt erst mal alles nett, aber leider sind sich beide Welten lange Zeit so ähnlich, dass es sich eher nach Arbeit anfühlt, will man alle Schatzkisten in beiden Welten finden.

Diese Arbeit sollte man sich aber machen, denn diese Kisten enthalten bestimmte Steine, was uns zum zweiten Gimmick bringt. Ihr habt im Kampf immer einen Geist-Begleiter, von denen ihr insgesamt vier verschiedene einsammelt. Nicht nur, dass ihr die Waffe wechselt, vom schnellen Schwert zum starken Hammer zum Speer mit der Reichweite, eure Bewegungs- und Ausweichmuster ändern sich auch. Die meiste Zeit spielt das bei den Standard-Feinden nicht so die Rolle, aber bei Bossen lohnt es sich, sehr darüber nachzudenken, welche Waffe, welche Bewegung und vor allem welche der zahlreichen Spezialangriffe euch das Leben leichter machen. Um diese Freizuschalten, braucht ihr die Steine und davon so viele, wie nur irgend möglich.

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Zuerst habe ich mich gewundert, warum man derart viel freischalten kann. Jeder der vier Dämonen-Begleiter hat einen großen Fertigkeitenbaum, jede Fertigkeit kann angepasst werden und jede Waffe hat auch noch Optionen zur Modifikation. Ihr könnt neue Waffen schmieden, wieder anpassen, es wirkt alles wie kompletter Overkill, bedenkt man, dass das Ganze eigentlich nach 20 Stunden vorbei ist. In dieser Zeit schaltet ihr nicht annähernd alles frei. Wozu also das alles? Es gibt kein New-Game-Plus, sondern einen neuen Endlos-Dungeon nach den Credits, in dem ihr Grinden und Looten könnt, solange ihr Lust habt. Da aber Aspekte wie High-Level-Multiplayer-Raids hier fehlen, muss ich während einer Bahnfahrt schon sehr gelangweilt sein, um hier mehr Zeit zu versenken.

Die Welt selbst ist noch eine Erwähnung wert. Zum einen ist sie in wunderschönen Farben gestaltet, zum anderen ist sie erstaunlich übersichtlich und begrenzt. Ihr habt keine Weltkarte, sondern nur Schnellreisepunkte zu den Gebieten, was euch weniger Gefühl für die Welt selbst gibt. Statt das Problem zu lösen, dass die Karten in den beiden Vorgängern zu ereignislos waren, strich man das Feature einfach. Auch eine Lösung, nehme ich an. Erstaunlich ist die Musik. Von einem Studio, das in seinen ersten beiden Spielen in diesem Punkt glänzte, ist Oninaki ein bemerkenswerter Totalausfall. Was da ist, gehört zum Belanglosesten, was je vom Publisher Square-Enix kam. Absolute Massenware, mit irgendwelchen nicht genutzten Final-Fantasy-Spin-Off-Resten wäre man wahrscheinlich besser bedient gewesen. Und sehr oft gibt es gar keine Musik. Nur das ewig gleiche Schwertschwingen, die immer gleichen Treffer, das gleiche Stöhnen, wenn der Held einen Treffer kassiert. Und das senkt die Stimmung schon in den ersten Sunden drastisch.

Sicher, man kann diese Spezialangriffe und Dämonen bis zum Anschlag hochgrinden - keine Ahnung, wo der Anschlag ist, Level 58 ist es nicht -, aber wozu?

Statt sich einen endlosen Fertigkeitenbaum mit zahllosen Modifikationsoptionen auszudenken, dessen ganzes Potenzial in einem nebensächlichen Bonus-Dungeon vergeudet wird, hätte sich RPG Factory besser auf das Wesentliche besinnen sollen. Gute und durchgehende Musik zum Beispiel wäre ein Anfang, vor allem aber ein sich flüssig und anspruchsvoll spielendes Kampfsystem. Das ungelenke Button-Mashing mit wenig eleganten Timings ist zwar funktional genug, aber je länger man spielt, desto mehr wünscht man sich die Präzision und Spieltiefe so mancher Konkurrenten im Action-RPG-Bereich. Grind ist bei Bossen immer eine Lösung und manchmal auch die einzig sinnvolle, nur macht der aus den genannten Gründen wenig Freude, selbst wenn man ihm in zwei Parallelwelten nachgehen darf. RPG Factory hat ein paar ausgezeichnete Geschichten zu erzählen und in diesem Punkt glänzt Oninaki auch. Aber spielerisch wurden hier die Prioritäten falsch gesetzt: Statt eine ausgezeichnete Geschichte in ein ebensolches 20-Stunden-Spiel zu stecken, liefert man ein bestenfalls passables ab, das an all den falschen Stellen ausufert und vor sich hin mäandert.


Entwickler/Publisher: RPG Factory / Square Enix - Erscheint für: PC, PS4, Switch - Preis: ca. 50 Euro (Download) - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsche Texte, Englisch, Japanisch - Mikrotransaktionen: Nein - Getestete Version: Switch, PC


PC-Spiele testen wir auf Lenovo Legion PCs und Laptops, die uns von Lenovo zu diesem Zweck zur Verfügung gestellt wurden. Hier erfahrt ihr mehr über Gaming-Laptops 2019 im Allgemeinen und hier geht es zur Website von Lenovo Legion Gaming.

In unserer Test-Philosophie findest du mehr darüber, wie wir testen.

In diesem artikel

Oninaki

PS4, PC, Nintendo Switch

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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