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Pandora's Tower (Wii U eShop)- Test

Ein Action-Fest für Fleischfreunde.

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Grafisch altbacken, ist Pandora's Tower auch heute noch ein spielerisches Erlebnis, das am besten mit Wii Remote und Nunchuk funktioniert.

Endlich komme ich dazu, Pandora's Tower - lest dazu auch unseren unseren ursprünglichen Pandora's Tower Test von 2012 - nachzuholen. Auf der Wii habe ich das Action-Adventure von Entwickler Ganbarion, über das ich so viel Gutes gehört hatte, nämlich stets verpasst und danach einfach nicht mehr den Willen und die Muse aufgebracht, mir das Spiel doch noch auf Disc zu kaufen. Jetzt ist diese Hemmschwelle gefallen, denn Pandora's Tower ist im Nintendo eShop erscheinen und steht für günstiges Geld zum Download bereit. Frisch ans Werk also! Der erste Eindruck ist schon mal sehr positiv, denn das Spiel lässt mich wissen, dass es das Wii-U-Gamepad unterstützt - sehr praktisch, keine alte Wii-Hardware anschließen zu müssen, denke ich mir. Zunächst jedenfalls.

Später sollte ich feststellen: Die gute alte Wii Remote kann in Verbindung mit einem Nunchuk-Controller auch heute noch ganz praktisch sein. Zurückzuführen ist dieser Eindruck auf die Art und Weise, wie die grundlegende Steuerung in Pandora's Tower funktioniert. Protagonist Aeron ist mit einem Schwert und einer Art Kettenpeitsche bewaffnet - während das Schwert ganz simpel per Knopfdruck bedient wird, müsst ihr der Peitsche jeweils ein bestimmtes Ziel auf dem Bildschirm zuweisen. Und genau das funktioniert mit der Wii-Fernbedienung eben viel schneller und präziser als mit einem Analogstick.

Kämpfe gehen in Pandora's Tower dynamisch und schnell von vonstatten.

Ich war wirklich froh, dass die alten Batterien in der Wii-Remote noch nicht ausgelaufen waren, denn gerade die Kettenpeitsche ist eines der vielfältigsten Elemente im Gameplay von Pandora's Tower: Sie dient dazu, Gegner zu fesseln, sie an andere Gegner zu ketten, sie durch die Gegend zu schleudern. Das verleiht der Waffe eine wichtige taktische Bedeutung: Wenn gerade mehrere Gegner auf Aeron zustürmen, kann er erst einmal einen oder zwei bewegungsunfähig machen und sich in Ruhe um den Rest kümmern. Der Protagonist kann sich mit ihrer Hilfe aber auch an Vorsprüngen hochziehen und entfernte Schalter und Gegenstände erreichen. Und er kann besiegten Gegnern Fleischbrocken aus dem Körper reißen. Richtig: eklige, schleimige, pulsierende Fleischbrocken.

Besagte Fleischbrocken braucht er nämlich, um seine Freundin, die liebreizende Helena, damit zu füttern. Die wartet außerhalb der Dungeons und ist aufgrund eines Fluchs drauf und dran, sich in ein abstoßendes Tentakelmonster zu verwandeln. Vorübergehend aufhalten lässt sich dieser Fluch nur mit besagtem Monsterfleisch und es zu essen, fällt Helena unter anderem schwer, weil sie bis dato vegetarisch gelebt hat. Würgt sie es jedoch nicht rechtzeitig herunter, verwandelt sie sich endgültig und ist nicht mehr zu retten. So rennt ihr also immer wieder los und holt unter Zeitdruck neues Fleisch für die Arme.

Mit der Kettenpeitsche kann Aeron seinen Feinden das Fleisch aus dem Körper reißen.

Fleisch gibt es lediglich in 13 Türmen, die sich über einen tiefen Riss im Erdboden erheben, gehalten von riesigen Ketten. Die Türme und die Ketten sind gleichzeitig das Einzige, das den Riss daran hindert, noch weiter aufzureißen und die Welt zu verschlingen, erzählt das Spiel. Ein wunderbar bedrückender Ort also - genau passend für eine so abstoßende Fleischfütterungstätigkeit wie die des Protagonisten. Ziel ist es letztlich, in jedem der Türme einen Bossgegner zu erlegen und auch ihm das Fleisch aus dem Körper zu reißen. Hat Helena auch das vertilgt, soll sich der Fluch ganz in Wohlgefallen auflösen.

Das stete Gerenne in die Türme und das Zurückeilen zu Helena ist es, was dem Spiel einen Teil seiner Dynamik verleiht. Ihr steht permanent unter Zeitdruck. Eine Anzeige verrät, wie weit der Fluch eurer Freundin fortgeschritten ist, wie viel Zeit also noch bleibt, das wertvolle Fleisch zu ihr zu bringen. Einmal zurück bei Helena bleibt es jedoch nicht beim bloßen Verfüttern des abstoßenden Heilmittels: Das sogenannte Observatorium, in dem sie sich aufhält, dient gleichzeitig dazu, bei einer bizarren Kreatur namens Mawda Items wie Heilmittel einzukaufen, Waffen aufzurüsten, neue Gegenstände und spezielle Kleidungsstücke herzustellen sowie die gefundenen Schätze in einer Truhe zu verstauen - nützlich, denn das Inventar hat nur eine begrenzte Größe.

Außerdem braucht Helena viel Zuspruch. Die Tatsache, dass sie dabei ist, sich in ein fürchterliches Ungetüm zu verwandeln, zehrt auch psychisch an ihr, weshalb es von Vorteil ist, sie immer wieder mit kleinen Geschenken bei Laune zu halten. Die Beziehung zur weiblichen Hauptrolle hat darüber hinaus einen entscheidenden Einfluss darauf, welches der sechs möglichen Enden ihr am Schluss zu sehen bekommt.

Pulsierendes Monsterfleisch - kein Genuss für jedermann.

Beim puren Gameplay gibt es an Pandora's Tower kaum etwas auszusetzen. Ihr rennt los, besorgt Fleisch, legt vielleicht einen Boss, levelt auf, kehrt zurück zu Helena, rüstet euch neu aus und beginnt frisch gestärkt von vorn. Das sorgt für Abwechslung. Die Peitsche steuert sich mit Wii Remote hervorragend, die Kämpfe sind schnell und wirken dynamisch. Schlucken musste ich allerdings aufgrund der Präsentation. Die Wii war grafisch nur ein leicht verbesserter GameCube und Nintendo hat sich, wie schon bei anderen Wii-Titeln, nicht die Mühe gemacht, das Spiel noch einmal für die Wii U anzupassen. Das Upscaling der Konsole geht zwar in Ordnung, trotzdem sieht Pandora's Tower für Augen, die inzwischen an PlayStation 4 und Xbox One gewöhnt sind, reichlich altbacken aus.

Die Texturen sind verwaschen, die Kanten flimmern und während der ohnehin nicht allzu gut gelungenen Animationen ist bisweilen nicht viel mehr zu erkennen als braun-grüner Pixelbrei mit Kettenpeitsche. Hier, wie schon bei der Metroid Prime Trilogy, wäre es toll gewesen, hätte sich Nintendo die Mühe gemacht, das Spiel noch einmal für ihr gerade modernstes System anzupassen. So unterscheidet sich das Spielerlebnis aber einmal mehr nicht von dem, das ich hätte, würde ich einfach die alte Wii-Disc in meine Wii U einlegen.

Und trotzdem: Pandora's Tower ist es auch heute noch allemal wert, gespielt zu werden. Der Zeitdruck, unter dem ihr die Dungeons erkunden müsst, wirkt anfangs zwar reichlich stressig, wird aber durch die sogenannten Elysionscherben entschärft, die sich relativ früh im Spiel finden und mit denen ihr euch im Notfall direkt zu Helena zurück teleportieren könnt. Aeron steuert sich so fließend und leichtgängig wie ein heißes Messer durch weiche Butter, der Einsatz der Kettenpeitsche macht Spaß und selbst das Herausreißen des Fleisches wirkt auf zynische Art befriedigend. Die bedrückende Stimmung, erzeugt durch groteske Monster und eine verletzliche Helena, die unter Brechreiz ihr Fleisch herunterwürgt, hat mich in ihren Bann gezogen. Die Grafik - naja, man gewöhnt sich dran.

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