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PS-Plus-Serie Powers: Der Auftakt der ersten Konsolen-TV-Serie hat viel Potenzial…

… kämpft zum Start aber auch mit den üblichen Problemen.

Eisner-Award-Preisträger Brian Michael Bendis versucht schon seit vielen Jahren, aus seinem wegweisenden Comic Powers eine Fernsehserie zu machen. Aber es sollte nicht so einfach sein. Mit dem amerikanischen FX Network war er kurz davor, das Projekt prestigeträchtig zu realisieren: Eine entschieden erwachsene Fernsehserie um einen Superhelden, der seine Kräfte verlor und nun als Polizist in den "Noir"-Ecken seiner Stadt Verbrechen mit Superkräftebezug auf den Grund geht. Doch FX überlegte es sich anders und die Show landete schließlich beim PlayStation Network, das wohl noch etwas suchte, um seinen PS-Plus-Abonnenten einen Bonus abseits monatlicher Gratisspiele zu kredenzen.

Wie ist es geworden? Kurzum: Ich bin nicht sicher, ob diese Ergänzung zum Portfolio des attraktiven PlayStation-Plus-Dienstes für große Zuwanderung sorgen wird. Gleichzeitig bleibe ich aber vorerst gerne dabei. Zu allererst muss man bemerken, dass die Produktionswerte trotz einer wirklich guten Besetzung (unter anderem District 9s Sharlto Copley, Michelle Forbes aus Star Trek, BSG, Eddie Izzard, ein britischer Stand-up-Comedian, der zuletzt in Hannibal einen erstaunlich unheimlichen Serienkiller mimte und sich hier wieder in dick aufgetragenem Wahnsinn ergehen darf), optisch mit aktuellen Hochglanzformaten nicht mithält. Das hier ist eher Heroes als The Arrow oder The Flash, sowohl was den Stil als auch die visuellen Effekte angeht, die bisher nicht überzeugen konnten. Von kinoreif stilsicheren Formaten wie Breaking Bad oder Mad Men ganz zu schweigen.

Der zentrale Cast - Powers nimmt sich einige Freiheiten dem Comic gegenüber, wie Kenner der Bücher schon anhand dieses Bildes erkennen.

"Die Grenzen zwischen Gut und Böse verlaufen angenehm fließend."

Es ist unmissverständlich eine TV-Produktion, oder das, was man bis Anfang der glorreichen TV-2000er noch darunter verstand. Flache Ausleuchtung, die dem Hard-Boiled-Faktor keinen Gefallen tut, ein austauschbarer Score (nicht einmal eine Titelmelodie gibt es) und eine Ausstattung, der man ihr schmales Budget ansieht. Die eine oder andere Außenszene mutet zudem fast an, als wäre sie mit einer Handkamera vom Media Markt geschossen worden. Dazu gibt es Sony-Product-Placement zum Dorthinaus. Es ist eine Welt, in der alle Technik aufgehört hat zu existieren, sofern sie nicht von Sony kam. Handys heißen immer Xperia, es wird immer PS4 gespielt, alle Video-Chat-Teilnehmer benutzen das offizielle PlayStation-Headset ("hey, das gibt's auch in weiß?!") und über den Bildschirm flimmert eine zugegebenermaßen lustige Powers-Version von inFamous: Second Son. Zu Beginn ist man wirklich skeptisch, ob man dabeibleiben will.

Es hilft nicht, dass die Pilotfolge eine der schwächeren ist, die bislang eine Serie an den Start brachte. Knietief steckt man im Expositionssumpf, bekommt Dinge erzählt, die man lieber gesehen hätte, und ist Mitte der zweiten Folge froh, dass man es hinter sich hat. Dann aber entsteht aus der Konstellation gut gespielter Figuren interessante Konflikte. Wir reden hier immerhin von einer Welt, in der Helden und Bösewichte wie Rockstars verehrt werden, ihre eigenen Energy-Drinks und Schuhe bekommen und in der eigens eine Polizeieinheit eingerichtet wurde, die sich mit deren Vergehen befasst.

Michelle Forbes als gestähltes, aber alterndes "Retro Girl" und Noah Taylor (Game of Thrones) als der zwielichtige Teleporteur "Johnny Royalle" stechen neben dem Szenerie mit Sahne vertilgenden Izzard (Menschenfresser "Wolfe") besonders hervor. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verlaufen angenehm fließend und mit dem mysteriösen Kräfteverlust von Copleys Christian Walker zappelt schon jetzt schon jetzt ein roter Faden im Gemenge aus alten und neuen Helden und Bösewichtern, nach dessen losen Ende man instinktiv schnappen möchte, um ihn bis zu der finalen Enthüllung aufzuwickeln.

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Es ist die Frage, ob die aktuell doch recht verwöhnten Seriengucker Bendis' charmante Kollision der Comicwelt mit der realen den schwachen Start, die alles andere als "speziellen" Effekte und die nicht eben zeitgemäße Präsentation nachsehen. Dass hierin eine gute, vielleicht sogar außergewöhnliche Geschichte steckt, weiß jeder, der nur einmal ein Buch des vielfachen Bestsellerautors und aktuellen Avengers-Schreibers in der Hand hatte. Insofern: Nein, wegen Powers schließt niemand ein PS-Plus-Abo ab, zumindest nicht, bis es seinen eigenen Stil gefunden hat. Wer aber schon an Bord ist, sollte zumindest einen Blick auf die ersten beiden der aktuell drei erhältlichen Folgen riskieren. Vielleicht gefällt euch, was ihr seht.

Oder, um es mit den Worten meines Vaters zu sagen, der den wochenendlichen Superhelden-Kurzmarathon mitlief: "Kann man sich gut angucken, wenn man sich einmal dran gewöhnt hat." Dem ist nichts hinzuzufügen.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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